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Startups legen sich gerne mit mächtigen Gegnern und etablierten Industrien an. So verzeichnet etwa der ADAC fast 20 Millionen Mitglieder – und das junge Unternehmen Myschleppapp aus Köln will ihm Kunden wegschnappen. Mit der App des Startups sollen Nutzer einen Abschleppdienst in ihrer Nähe beauftragen können, wenn sie eine Panne haben. Der Vorteil für sie: Im Gegensatz zu den Automobilclubs gibt es keine Jahres- oder Monatsgebühr. Nur wenn man wirklich abgeschleppt wird, zahlt man.

Die beiden Gründer Santosh Satschdeva und Frank Heck lernten sich kennen, als Abschleppdienst-Inhaber Heck dem liegen gebliebenen Satschdeva half. „Im September 2015 hatte ich eine Panne und habe Franks Abschleppdienst über Google gefunden“, so Satschdeva. „Er kam, um mein Auto abzuschleppen und wir haben uns das Konzept auf dem Weg zu Werkstatt überlegt.“

Ein Jahr später bringen die beiden die App auf den Markt. Kommt es zu einer Panne, teilt der Nutzer seine Position und sein Problem in der App mit. Dann werden die mit dem Startup kooperierenden, in der Nähe liegenden Abschleppdienste informiert. Der erste, der zuschlägt, bekommt den Auftrag. Da das Startup versucht, eine Pannenhilfe im Umkreis von zehn Kilometern zu finden, soll der Nutzer nicht lange auf den Dienst warten müssen. Bislang arbeitet die Kölner Firma mit knapp 480 Partnern zusammen. 

Eine App für die Generation Automieter?

Nutzt der Kunde einen bis zu zehn Kilometer entfernten Pannendienst über die App, zahlt er 120 Euro fürs Abschleppen an den Pannendienst. Nachts, am Wochenende oder an Feiertagen kann der Preis auf bis zu 210 Euro ansteigen. Je weiter der Weg, den der Pannendienst zurücklegen muss, desto höher der Preis. Zum Vergleich: Eine ADAC-Mitgliedschaft kostet mindestens 50 Euro pro Jahr.

Das Pannenhilfe-Startup JimDrive bietet hingegen bereits eine Mitgliedschaft ab rund 30 Euro im Jahr. Ähnliche Angebote von Kfz-Versicherungen sind teilweise noch günstiger. Myschleppapp lohnt sich also nur, wenn man jahrelang Beiträge an die Automobilclubs zahlen würde, ohne sie jemals in Anspruch zu nehmen. 

Die beiden Gründer glauben, dass ihr Konzept dennoch besonders bei jüngeren Menschen ankommt. „Die jetzigen Fahranfänger so wie die nächste Generation Autofahrer werden sich nicht mehr an einen Automobilclub binden und ein völlig anderes Auto-Nutzungsverhalten haben“, glaubt Heck. So leihe man sich eher ein Auto von den Eltern oder Freunden, anstatt eines zu besitzen. Oder man nutze Carsharing: „Wir wollen den Kunden zeigen, dass es keinen Sinn macht, jahrelang für den Club zu zahlen, wenn man die Leistung nur selten in Anspruch nimmt.“

Zudem behaupten die beiden, dass die Zusammenarbeit mit Automobilclubs für die Abschleppdienste nicht sonderlich rentabel sei. „Ich bin in der zweiten Generation Abschleppunternehmer und unser Betrieb ist für alle namhaften Automobilclubs tätig gewesen“, sagt Heck. „Deshalb kenne ich die Probleme der Branche, vor allem die schlechte Vergütung für die Pannen- und Abschleppleistungen.“

Tatsächlich stand der ADAC beispielsweise vor drei Jahren in der Kritik, als etwa die Süddeutschen Zeitung berichtete, der Klub bezahle seine Partnerunternehmen schlecht. So bekämen sie teilweise nur 30 Euro pro Auftrag. Und auch die Wirtschaftswoche berichtete vor Kurzem, der Klub plane, weniger als die Hälfte des Preises an die Pannenhelfer weiterzugeben.

Die Dienste, die mit Myschleppapp kooperieren, zahlen eine monatliche Gebühr in einer Höhe von rund neun Euro sowie zwei Euro Provision an das Startup, das im Gegenzug Aufträge vermittelt. Seit dem Start vor einem Jahr hat die junge Firma nach eigenen Angaben 4.500 Aufträge abgewickelt.

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Bild: Myschleppapp