Ein Teil des Konetik-Teams: Peter Varga, Gergo Nyikos, Balazs Szabo, Kinga Polonszky und Gusztav Gyori.

Wenn er über Berlin spricht, gerät Balázs Szabó ins Schwärmen. „Ich habe mich in die Stadt verliebt”, sagt der Gründer von Konetik, einer IT-basierten Software, mit der sich E-Auto-Flotten für kleine und mittlere Unternehmen managen lassen.

Doch das war nicht der einzige Grund, weshalb er vor eineinhalb Jahren den Sitz seiner Firma von London nach Berlin verlegte. Im Interview verrät er, welche Rolle der Brexit bei seiner Entscheidung spielte, wie er den CTO von Mobileye Inc. als Investor gewonnen hat und was er jungen Gründern rät.

Nach dem Brexit habt Ihr London gegen Berlin getauscht und Euren Firmensitz hierhin verlegt. Warum?

Der Brexit bringt viel Unsicherheit und Unwägbarkeiten. Was erwartet uns nach dem Abschluss der Verhandlungen? Werden wir weiterhin durch die EU unterstützt? Wie werden Leistungen an unsere EU-Tochtergesellschaften verrechnet? Das sind nur einige der Fragen, die wir uns gestellt haben. Zudem glaube ich, dass sich nach dem Brexit auch die Investoren immer mehr aus der britischen Hauptstadt zurückziehen werden.

Was schätzt Du an der deutschen Hauptstadt?

Berlin ist sehr attraktiv für junge Unternehmen. Erstens gibt es hier viele gut ausgebildete Leute. Zweitens sind die Lohnkosten im Vergleich zu München und London geringer. Drittens hat Berlin eine lebendige Startup-Szene mit einem breiten Netzwerk von Mentoren und Unternehmerkollegen. Und viertens ist die Stadt vor allem für die Mobilitätsbranche interessant.

Was macht die Stadt für Mobilisten so interessant?

Berlin probiert viel Neues aus: Carsharing, Ridesharing, Bikesharing. Das bietet für uns viele Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Wir haben jüngst eine Kooperation mit dem Berliner Startup Plugsurfing vereinbart, durch die Firmen mit einer E-Auto-Flotte den Zugang zu öffentlichen Ladestationen erhalten sollen. Außerdem werden wir von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Berlin Partner unterstützt, kürzlich habe ich mich beispielsweise mit der früheren Berliner Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer getroffen.

Seit dem Brexit wirbt Berlin Partner gezielt um britische Startups – mit Imagefilmen und direkt vor Ort. Auch Konetik wurde bei der Suche nach einem Büro, Mitarbeitern, Förderprogrammen und der Pressearbeit von der Wirtschaftsföderungsgesellschaft unterstützt – sowie vom German Tech Entrepreneurship Center (GTEC) und European Pioneers.

Neben all der Euphorie – gibt es auch Dinge, die Dich in Berlin nerven?

Die Behörden! Wer in Deutschland ein Unternehmen anmelden möchte, braucht einen langen Atem. Das ist kompliziert und kostet Zeit –  und Nerven. Zwar sind die einzelnen Gründe und Regelungen nachvollziehbar. Aber sie nehmen einem jungen Startup wie uns die nötige Schnelligkeit. Mitunter habe ich mehr Zeit mit dem Studium von Verwaltungsvorschriften als mit dem tatsächlichen Aufbau unserer Firma verbracht. Das war frustrierend.

Außerdem sind die Deutschen vergleichsweise risikoscheu, wie sich bei den Investoren zeigt:  Startups finden hierzulande kaum Kapitalgeber für die Seed-Phase. Der Grund: Sie sind mit Markt- und Technologierisiken konfrontiert.

Wie kann Berlin noch Startup-freundlicher werden?

Berlin sollte den Austausch zwischen Startups, Mittelstand und Corporates fördern. Zwar nähern sich die Branchen zunehmend einander an, aber hier könnte noch mehr passieren. Von einem intensiveren Austausch zu den Themen Risikobereitschaft, Kultur und Investitionen würden alle profitieren.  

Konetik hat bisher rund eine Millionen Euro an Kapital von Business Angels eingesammelt. Wie habt Ihr Kontakt zu den Investoren gewonnen?

Einerseits konnte ich auf mein Netzwerk zurückgreifen, was ich mir im Zuge meiner letzten beiden Gründungen aufgebaut hatte. Damals habe ich außerdem viele Veranstaltungen für die Gründerszene in London und Osteuropa organisiert, beispielsweise eine Startup-Sauna. Am meisten profitiert haben wir aber durch einen zufälligen Kontakt über unser Teammitglied Gusztav Gyori.

Inwiefern?

Er lud den Verwandten eines Freundes zum Lunch ein – und bei dem Gast Andras Ferencz handelte es sich um den CTO von Mobileye Inc, einem Unternehmen, das Software für autonome Autos herstellt un. Nach dem Essen diskutierten wir mit Ferencz in unserem Office weiter, die Diskussion lief länger als erwartet: Immer wieder ging er zwischendurch runter auf die Straße, um ein paar neue Münzen in die Parkuhr zu werfen. Letztlich entschied er sich dazu, bei uns einzusteigen.

Was würdest Du anderen Gründern raten? Worauf kommt es bei der Investorensuche an?

Wichtig ist, Vertrauen herzustellen – gegenüber Mitarbeitern, Investoren, Advisors, Partnern und Zuliefern … Oftmals kommen die Impulse, die einen weiterbringen, ganz überraschend und durch Personen oder Umstände, mit denen man vorher nicht gerechnet hätte. Deshalb lohnt es sich, demütig und glaubwürdig zu bleiben und hart zu arbeiten. Wichtig ist außerdem eine starke – aber umsetzbare – Vision und der Aufbau von Vertrauen.

Konetik in Zahlen:

  • Mitarbeiter: 12
  • in Berlin: 3
  • Investments: 1 Million Euro von Business Angels, darunter Gyula Feher (CTO of Ustream, verkauft an IBM) und Andras Ferencz (CTO of Mobileye Inc., berkauft an Intel)
  • Partner: Orange Business Services, Plugsurfing
  • Kunden: 200, beispielsweise mobile Pflegedienste, Entsorgungsunternehmen
Bild: Getty Images / Dan Kitwood; Konetik