Christoph Baumeister ist Gründer und Geschäftsführer von Nello

Mit intelligenten Schlössern, sogenannten Smart Locks, lassen sich Türen zwar einfach per Handy öffnen. Aber ihr Einbau ist oft kompliziert und bei Haustüren in Mehrfamilienhäusern stellen sich die Vermieter quer. Die Lösung von Nello umgeht das. Sie integriert Wlan in die Gegensprechanlage. So lässt sich die Tür per App öffnen. An einem ähnlichem System arbeitet auch das Berliner Unternehmen Kiwi.

Gegründete wurde Nello von Christoph Baumeister und Daniel Jahn im Mai 2014 unter dem Dach der Münchner Locumi Labs GmbH. Seit einem dreiviertel Jahr ist ihr Produkt auf dem Markt. Zuvor wurden sie von mehreren Business Angels, dem New Yorker Hardware-Accelerator Urban-X, der KfW, einem Family Office und KPN Ventures finanziell unterstützt.

Herr Baumeister, Sie haben eine App entwickelt, die Türen öffnet. Für wen ist das interessant?

Das kann interessant für alle Smart-Home-Begeisterten sein. Man kann aber auch die Putzkraft oder Handwerker so ferngesteuert ins Haus lassen.

Über Kickstarter haben Sie dafür 100.000 Euro eingesammelt. Das Auslieferdatum konnten Sie allerdings nicht einhalten. Was war das Problem?

Wir hatten unterschätzt, wie lange wir brauchen, um ein schlagfertiges Team aufzubauen für die Bereiche Hardware, App und Backend. Und dann gibt es natürlich auch technische Schwierigkeiten, die man meistern muss.

Welche denn zum Beispiel?

Eine der größten Herausforderungen ist, dass wir nur wenig Energie zur Verfügung haben. Unser Produkt hat weder einen Akku, noch wird es an den normalen Strom angeschlossen. Sondern es zieht die Energie aus der Gegensprechanlage. Und vielen von denen haben sehr wenig Energie. Für ein Produkt mit WLan-Verbindung ist das sehr schwierig.

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Smart Locks, die ein Schlosssystem ersetzen, existieren ja bereits. Warum sollten Kunden Ihre Aufrüst-Lösung wählen?

In einem Mehrfamilienhaus eignen sich Smart Locks für die Wohnungstür, aber nicht für die Hauseingangstür. Weil Mieter dort nicht einfach ein Smart Lock installieren dürfen, ohne die Hausverwaltung oder Eigentümergemeinschaft gefragt zu haben. Diese Lösungen sind nicht dafür konzipiert, im Nachhinein eingebaut zu werden. Und selbst bei Neubauten ist es selten, dass digitale Zugangslösungen eingebaut werden.

Ist das ein Zeichen, dass die Deutschen für solche digitalen Lösungen noch nicht bereit sind?

Ja, wir kommen aus einer Nische. Aber der Smart-Home-Markt hat sich in Deutschland in den letzten Monaten sehr positiv entwickelt. Da kann man Amazon dankbar sein.

Sie spielen auf den smarten Lautsprecher Amazon Echo an?

Genau. Obwohl es ein Produkt ist, das Nutzer abhören kann, hat es Amazon geschafft, eine Smart-Home-Zentrale in Deutschland zu etablieren. Die Nische wird also immer größer.

Ihr Produkt ist ein technologischer Zwischenschritt in eine Smart-Home-Zukunft. Wo wollen Sie langfrisitig hin?

Wir wollen wir uns vom Smart-Home-Segment lösen und mit Paketdienstleistern und größeren E-Commerce-Shops zusammenarbeiten, um die Zustellung auf der letzten Meile positiver zu gestalten. Wir sehen uns mehr als Plattform, um verschiedene Technologien anzusteuern.

Sie glauben also, dass die Zustellung bis zur Haustür auch in Zukunft funktioniert? Die Paketflut steigt und die Paketzusteller sind schon jetzt überlastet. Einige Experten glauben daher an zentrale Lösungen wie Packstationen.

Das ist der öffentlich geäußerte Wunsch der Paketdienstleister. Aber viele Kunden wertschätzen die Heimzustellung als Premium-Feature. Wer viel online einkauft will nicht jeden Abend zu einer Packstation oder einem Hermes-Shop fahren.

Mit Ihrer App lässt sich die Haustür über das Internet öffnen. Ist das ein Einfallstor für Hacker?

Jeder Mensch mit einem Dietrich kann ein physisches Schloss viel schneller und einfacher öffnen, als unser System anzugreifen. Wir setzen auf die neuesten Verschlüsselungstechnologien und werden die Sicherheit in diesem Jahr von externen Parteien prüfen lassen.

Und was passiert, wenn das Handy zum digitalen Öffnen der Tür den Geist aufgibt? Steht der Bewohner dann vor der verschlossenen Haustür?

Dann kann er die Tür immer noch mit einem Schlüssel öffnen. Unsere Empfehlung an die Kunden ist, den Schlüssel als Backup nach wie vor mitzunehmen.

Sie haben am New Yorker Accelerator Urban-X teilgenommen. Mussten Sie erst in die USA gehen, um auch hierzulande als Hardware-Startup ernst genommen zu werden?

Es hat auf jeden Fall geholfen. In Europa sind Investoren noch nicht so bereit für Hardware, wie das in den USA der Fall ist. Google, Amazon und Facebook haben verstanden, dass im reinen Web nicht mehr viel geht. Man braucht neue Geräte, um neue Services anzubieten. Diese Denke schwappt nur langsam nach Europa. Der amerikanische Markt ist aber nicht der richtige für uns, weil dort außer in New York und ein, zwei anderen Städten viel zu wenige Menschen in Mehrfamilienhäusern leben. In Deutschland leben 65 Prozent der Menschen in Mehrfamilienhäusern.

Bild: Nello