Länger war es still um den kleinen Inkubator FoundersLink, nun melden sich die Berliner mit einem neuen Projekt zurück: Mit Netzsieger.de startet ein Testportal, das auf Basis von Produktbewertungen eine Anlaufstelle für kaufinteressierte Nutzer bilden soll und sich womöglich über entsprechende Affiliate-Marketing-Ansätze monetarisiert. Welche Chancen hat Netzsieger.de in einem überlaufenen Segment, und braucht Deutschland wirklich ein weiteres Testportal?

Netzsieger.de, FoundersLink

Ist Content auch für Netzsieger.de King?

Noch ist nur sehr wenig von den Plänen erkennbar, mit denen Netzsieger.de (www.netzsieger.de) punkten will, doch das Testportal tritt mit SEO-wirksamem Namen an und bietet in den sechs Bereichen Business, Elektro, Software, Freizeit, Gesundheit und Lifestyle verschiedene Produkttests, die bisher durch die Verlinkung zu Amazon vermutlich über ein Affiliate-Marketing-Konzept monetarisiert werden. Neben tabellarischen Produktvergleichen, denen entsprechende Produkt-Landingpages mit ausführlichen Test angeschlossen sind, erklären SEO-Texte den Inhalt der jeweiligen Seiten.

Wie es derzeit aussieht, wird Netzsieger.de wohl eine Content-Plattform werden, die versucht, über SEO-Maßnahmen Traffic für gefragte Produkte zu generieren, der dann durch Provisionierungen entsprechend monetarisiert wird. Als Geschäftsführer von Netzsieger.de agiert Yannis Niebelschütz, der in der Vergangenheit gemeinsam mit seinem Bruder Matti Niebelschütz den Parfüm-Customization-Anbieter MyParfuem (www.myparfuem.com) gegründet hatte und nun als Venture-Partner bei FoundersLink wirkt.

FoundersLink (www.founderslink.com) ist der Inkubator von MyToys-Gründer Oliver Beste und Steganos-Gründer Fabian Hansmann und schiebt von Berlin aus verschiedene Gründungen mit Ideeninput und Startkapitalvergabe an. Namenstechnisch lässt der GmbH-Name von Netzsieger.de darauf schließen, dass das Portal wohl zunächst „Inspectorbest“ heißen sollte, dann aber womöglich aus SEO-Gründen umbenannt wurde.

Hat Netzsieger.de überhaupt eine Chance?

Mal jenseits der Tatsache, dass Testportale heutzutage einen Innovationsgrad von nahezu null genießen, liegt es wohl auf der Hand, das sich Netzsieger.de in ein Segment begibt, das bereits sehr umkämpft und entsprechend breit ausdefiniert ist. Während Stiftung Warentest (www.test.de) in den deutschen Köpfen wohl als primäre Anlaufstelle für Produkttests abgespeichert ist, buhlen auch spezialisierte Testportale um die Aufmerksamkeit der Nutzer – im Technik-Bereich etwa Chip (www.chip.de) oder Notebooksbilliger.de (www.notebooksbilliger.de).

Neben diesen spezialisierten Anbietern, die einzelne Segmente wie etwa Smartphones, Tablets oder Finanzdienstleistungen abdecken, finden sich online auch globale Testportale wie etwa Testsieger.de (www.testsieger.de) oder Test-Portal.net (www.test-portal.net), während attraktive Domains wie Testportal.de oder Testportal.com bereits geblockt sind und zum Verkauf stehen.

Auch der Sprung zu Produktvergleichen wie Idealo (www.idealo.de), Check24 (www.check24.de), Billiger.de (www.billiger.de), Günstiger.de (www.guenstiger.de), Preisvergleich.de (www.preisvergleich.de) oder Geizhals.de (www.geizhals.de) ist dann sicher nur ein kleiner, liegen Preisvergleiche doch thematisch dicht an Produkttests und arbeiten ebenfalls sehr stark mit Content-Seiten, um über Google Traffic zu generieren.

Nicht genug damit, dass für nahezu alle Produktkategorien von Netzsieger.de also bereits Wettbewerber am Start sind, die starke Marken haben, sehr viel SEO-Know-how aufweisen können, ältere und zahlreichere Domains besitzen und schon Tausende Links einsammeln konnten, werden so auch die SEM-Preise in die Höhe getrieben. Ein Online-Marketing-Ansatz mit vertretbaren Customer-Acquisition-Costs wird so quasi unmöglich und lässt sich eigentlich nur über SEO bewerkstelligen.

Nach Googles Panda-Update sind die SEO-Bedingungen für Produktvergleiche allerdings merklich verschlechtert worden und in Sachen SEO weist Netzsieger-Macher FoundersLink bisher auch keine Experten aus, die es mit der starken Konkurrenz aufnehmen könnten. Entsprechende Agenturen würden wiederum wohl einiges von der doch recht kleinen Marge verschlingen, die bei Affiliate-Marketing-Ansätzen wie diesem übrig bleibt.

FoundersLink gründet wieder

Auch wenn Neugründungen immer den Welpenschutz eines Neustarts genießen, ist angesichts der Herausforderungen des Segments dennoch erlaubt zu fragen, ob es für FoundersLink zum jetzigen Zeitpunkt noch sinnvoll ist, ein Testportal zu starten. Der Markt scheint in diesem Segment gesättigt und das Geschäftsmodell ist unter den gegebenen Voraussetzungen schwierig. Wenngleich Oliver Beste und Fabian Hansmann in der  Szene als aktive und hilfsbereite Netzwerker bekannt sind, vermochte es FoundersLink bisher nicht, ein wirkliches Ausrufezeichen in Sachen Gründungen zu setzen – da überrascht es, dass sich die Berliner nun ein so herausforderndes Thema gesucht haben.

Deal United (www.dealunited.de) und Talentory (www.talentory.com) zählen zu den letzten Gründungen des Inkubators, vom letzten Projekt Localisto – einem Online-Branchenbuch – ist derzeit nichts mehr zu hören und in der Szene gilt die Gründung als gestorben. Ob ausgerechnet ein Testportal die Berliner auf die erfolgreiche Gründerstraße führt, darf als fraglich gelten, aber für die Szene als Ganzes fördert Wettbewerb sicher das Geschäft. Vielleicht haben die Berliner ja ein Ass im Ärmel, so ist es entweder sehr verrückt oder sehr mutig, sich 2012 noch an ein Testportal zu wagen.