Bis 2020 wird der mobile Datenverkehr weltweit um das Achtfache anwachsen. Mehr als ein Exabyte – das entspricht einer Milliarde Gigabyte – werden dann in digitaler Form pro Tag durch die Luft schwirren.

Selbst das leistungsfähige LTE kann das nicht schaffen. Dazu braucht es schon 5G – die nächste Generation der Mobilfunktechnik. Und die ist eines der zentralen Themen auf dem Mobile World Congress (MWC), der diese Woche in Barcelona stattfindet. Fast alle Mobilfunkunternehmen zeigen dort, was 5G leisten kann, von den Providern über Chiphersteller wie Intel und Qualcomm bis hin zu Netzwerkausrüstern wie Huawei, Ericsson und Nokia.

5G soll 100 Mal mehr Nutzer pro Mobilfunkzelle mit besonders schnellem Internet versorgen, als es derzeit eingesetzte Netze können. Um größere Flächen abzudecken und stabilen Datenverkehr zu ermöglichen, werden die Mobilfunker massenhaft kleine Sender in Häuserfassaden und Plakatwänden unterbringen, die Daten an die Smartphones in der Nähe schicken können.

In den Mobilgeräten wiederum sind mehrere Antennen eingebaut, um diese Daten empfangen zu können – von zahlreichen Basisstationen gleichzeitig. Das stabilisiert die Verbindung um das 1000-Fache. Und auch die klassische Sprachverbindung wird zuverlässiger. Meldungen wie „Der Empfänger ist vorübergehend nicht erreichbar“ gehören damit der Vergangenheit an.

In einer Sekunde ist der Film auf dem Handy

Das gilt auch während einer rasanten Fahrt in Auto oder Zug, schließlich kann 5G zuverlässig Daten auf Smartphones und Tablets schicken, wenn die sich mit hoher Geschwindigkeit fortbewegen. Und die Technik denkt mit: Sollte es doch mal im Frequenzbereich eng werden, bekommt die App besonders schnell Daten, die gerade viele benötigt. Eine andere, weniger datenintensive Anwendung muss dann warten.

Vor allem aber ist 5G schnell. 100 Megabit pro Sekunde sind das Minimum, der Telekommunikationskonzern Verizon geht von einem Gigabit aus. Unter optimalen Bedingungen sind es zehn oder gar 70 Gigabit pro Sekunde, wie Telekom und Huawei jetzt in einem Rekordversuch gezeigt haben.

Und dieses Tempo hat seine Vorteile. Damit lassen sich auch komplexe Apps in Bruchteilen von Sekunden auf das Smartphone laden. Ein Film ist damit innerhalb einer Sekunde auf dem Mobilgerät verfügbar. Mit LTE dauert so ein Download oft eine Minute. Selbst hoch auflösende HD-Videos wären schon nach wenigen Sekunden geladen und nicht erst nach zehn Minuten.

Dank der hohen Geschwindigkeit beim Herunterladen können Nutzer künftig auch 3-D-Filme unterwegs auf ihr Smartphone oder Tablet holen. Auch das ist möglich: Sich unterwegs eine Sportübertragung anzusehen – live und aus vielen Hundert verschiedenen Kameraperspektiven.

Nokia will auf dem MWC eine solche Anwendung zeigen und die Smartphone-Nutzer in ein Stadion oder auf eine Rennstrecke aus einem Winkel ihrer Wahl blicken lassen – ohne dass die Bilder ruckeln. Nokia zeigt außerdem, wie sich Nutzer einen Ball zuwerfen und ihn fangen, ohne dass sie sich real sehen können. Stattdessen tragen sie Virtual-Reality-Brillen, und die dort eingespielten Bilder werden per 5G übertragen. Bei nur leichter Verzögerung des Datentransfers würden die meisten durchgehend ins Leere greifen.

5G macht selbstfahrende Autos erst möglich

Ohnehin könnten Spiele dank der neuen Technik zu einem besonders anregenden Erlebnis werden, und zwar nicht am PC- oder TV-Bildschirm, sondern mit Blick auf das Smartphone-Display. Denn 5G ist nicht nur besonders gut darin, Daten schnell zu übertragen, die Technik reagiert auch ganz besonders flott.

Die Latenzzeit – die Zeit zum Beispiel vom Anwählen einer Website bis zu ihrem Erscheinen auf dem Display – soll sich deutlich verkürzen. Während UMTS dafür mehr als 30 und LTE zwischen zehn und 20 Millisekunden braucht, reagiert 5G in weniger als einer Millisekunde. Damit lassen sich dann auch Online-Actionspiele daddeln, ohne dass es zu nervigen Verzögerungen kommt.

Die kurze Latenzzeit von 5G ist auch für den Einsatz selbstfahrender Autos interessant, wie Netzwerkausrüster auf dem MWC zeigen. Die Technik in den autonomen Wagen muss ganz besonders schnell reagieren, schließlich kommt es auf Bruchteile von Sekunden an, um Unfälle zu vermeiden.

Daher setzen Ausrüster die Basisstationen, in denen die Daten verarbeitet werden, auch direkt an die Autobahnen. Würden die digitalen Informationen erst zu einem Server in den USA und wieder zurückgeschickt, würde es zu lange dauern. Cloud Computing ist für solche Art Anwendung keine praktikable Lösung.

Auch die Fähigkeit von 5G, Prioritäten zu setzen, kommt hierbei zum Zug: Bremsen und Warnhinweislampen im Auto versorgt der Mobilfunk der Zukunft auf jeden Fall mit Daten, während andere Anwendungen wie eine per Funk gefütterte Musikanlage nachrangig versorgt werden. Etwa 2020 wäre damit eine der – zumindest technischen – Voraussetzungen geschaffen, um selbstfahrende Autos auf die Straße zu bringen. Denn bis dahin soll das Netz stehen und der Standard dafür entwickelt sein.

Der Chirurg operiert Patienten aus der Ferne

Danach erst wird es die ersten Geräte geben, mit denen Nutzer die Technik einsetzen können. Noch sind die meisten funktionsfähigen Test-Endgeräte so groß wie ein Kühlschrank, erste Modelle passen immerhin schon fast in einen Schuhkarton.

Auch einen weiteren Techniktrend bedient 5G: das Internet der Dinge. Von Milliarden, Billionen, gar Trillionen Geräten ist schon die Rede, die in mehreren Jahren vernetzt sein werden – der Fernseher zu Hause mit dem Smartphone, die Straßenlampen mit vorbeifahrenden Autos oder die Sensoren auf dem Acker mit dem Server des Wetterdienstes. Und die Daten zwischen ihnen können dann per 5G-Funk ausgetauscht werden.

Auf dem MWC werden Roboter zu sehen sein, die exakt das Gleiche machen, zu exakt dem gleichen Zeitpunkt – gesteuert über die neue Mobilfunktechnik. Künftig ist noch ein weitaus verwegeneres Szenario denkbar, mit dem unter anderem Ericsson plant.

Ein Chirurg in Hamburg setzt eine Virtual-Reality-Brille auf, zieht sich Roboterhandschuhe über und beginnt, virtuell zu operieren. Jede seiner Bewegungen überträgt das 5G-Netz nahezu in Echtzeit auf ferngesteuerte Instrumente, die einem Patienten in Oberstdorf ganz real die Schilddrüse beschneiden. Ein stabiles Netz mit winziger Reaktionszeit, wie es Techniker mit 5G versprechen, ist dafür lebensnotwendig.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Welt Online

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