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Delivery-Hero-Chef Niklas Östberg beim IPO in Frankfurt

Mit 4,4 Milliarden Euro wurde Delivery Hero beim Börsengang vergangenen Freitag bewertet – ein Erfolg für die Gesellschafter und den Chef der Liefer-Plattform, Niklas Östberg. Insgesamt hat das Berliner Tech-Unternehmen knapp eine Milliarde Euro bei dem IPO eingenommen, viele Alt-Investoren sind durch den Börsengang reich geworden.

Delivery Hero, auf dessen Plattform Nutzer bei Essens-Lieferdiensten online bestellen können, hat sich über die Jahre mit hunderten Millionen die Marktführerschaft in verschiedenen Regionen erkauft. Im Interview mit Gründerszene spricht CEO Niklas Östberg über die frühen Tage seines Unternehmens und über Fehler, die er gemacht hat.

Niklas, hast du damit gerechnet, dass Delivery Hero jemals so groß werden würde, als du 2011 als CEO dazu gestoßen bist?

Wir hatten immer eine große Vision, aber die tatsächliche Entwicklung hat alle Hoffnungen übertroffen. In unserem ersten Investor-Pitch hatten wir gesagt, dass wir zehn Märkte gewinnen und ein Ein-Milliarden-Euro-Geschäft aufbauen können. Jetzt sind es mehr als 40 Märkte und ein Business, das mehr als vier Milliarden wert ist.

Was für Fehler sind dir auf dem Weg passiert?

Wir sind in einigen Märkten gestartet, die sich nicht so entwickelt haben, wie wir uns es vorgestellt hatten. In diesen Märkten haben wir das Geschäft verkauft oder eingestellt.

Wie etwa in China?

Genau, da haben wir eine ordentliche Summe Geld verloren. Entscheidend ist aber, dass man mit den guten Entscheidungen mehr Geld verdient als man mit den schlechten verliert. So lohnt sich heute beispielsweise unser Investment in Korea extrem, wo wir 10, 20, 30 mal so viel herausbekommen.

Wie haben denn Investoren in den frühen Tagen von Delivery Hero auf das Geschäftsmodell und die Bewertung reagiert?

Früher haben Investoren gedacht, dass sie kein Geld mit einem Unternehmen machen können, das einen so niedrigen Umsatz pro Bestellung erzielt. Und sie glaubten, dass nur Menschen in Technologie-affinen Ländern wie Schweden, Großbritannien oder Dänemark Essen online bestellen würden. Wie wir über die Zeit bewiesen haben, laufen auch Märkte wie Ungarn. Heute bezweifeln einige Leute, dass Foodora funktionieren kann – aber auch hier werden wir sie überzeugen. Es wird eben ein paar Jahre dauern.

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Hast du einen genauen Zeitplan, wann Foodora profitabel sein soll?

Wenn wir nur unsere direkten Kosten betrachten, sind wir jetzt schon an dem Punkt, an dem wir pro Bestellung profitabel sind. [Anm. der Redaktion: Bestimmte Kosten wie die für Marketing sind nicht eingerechnet.] Das ist ein guter Schritt. Unsere Marge aus dem eher höheren Foodora-Warenkorb ist aber noch nicht so groß, es braucht also eine Menge Bestellungen, um den Break-Even zu erreichen. Da wir aber stark wachsen und skalieren, werden wir mit etwas Zeit an den Punkt kommen.

War es denn früher schwierig, Investoren zu überzeugen?

Ja, es ist für jeden Unternehmer schwierig, vor allem in Europa. Die Leute glauben an das, was bereits funktioniert – nicht aber an neue Modelle. Auch als wir mit Delivery Hero starteten, hielten viele Investoren das Modell für zu umsatzschwach.

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Delivery-Hero-CEO Niklas Östberg beim IPO in Frankfurt

Haben viele Investoren abgelehnt?

Oh ja – wir haben in den frühen Tagen wahrscheinlich mehr Investoren angesprochen als jeder andere! Viele haben abgelehnt. Und es gab immer schwierige Situationen, die wir klären mussten. Als wir zum Beispiel 2012 den skandinavischen Anbieter OnlinePizza kaufen wollten, gab man uns 21 Tage Zeit für die Übernahme. Also mussten wir ein Fundraising dafür in bloß 21 Tagen auf die Beine stellen. Das hat so gerade eben geklappt.

Delivery Hero ist vor allem durch die Zukäufe stark gewachsen. Wann hast du dich für diese Strategie entschieden?

Wir haben bereits früh realisiert, dass wir skalieren müssen, um in der heutigen Tech-Welt mit Giganten wie Amazon und Google überleben zu können. Über die Zeit haben wir das dann deutlich stärker getan als geplant, da wir großartige Ergebnisse durch die Übernahmen erzielt haben.

Marktführerschaft ist für das Geschäft von Delivery Hero entscheidend. Nun gibt es Zukäufe wie Pizza.de und Yemeksepeti, die extrem teuer waren. Auf Pizza.de musstet ihr auch bereits abschreiben. Waren die Zukäufe doch nicht so gut oder sind das Kosten, die man für die Marktführerschaft in Kauf nehmen muss?

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Wenn man so vielversprechende und weit entwickelte Unternehmen kaufen will, bekommt man sie nicht billig. Einige Player im Markt hatten Interesse an einer Übernahme dieser Firmen, da zahlt man also den entsprechenden Marktpreis. Wir sehen, dass die Türkei eine fantastische Akquisition gewesen ist. Heute wachsen die Bestellzahlen noch schneller als damals und der Umsatz pro Bestellung ist gestiegen. Der Gründer macht einen großartigen Job. Es hat sich ausgezahlt, das Geld zu investieren. Bei Pizza.de waren wir hingegen viel zu langsam damit, die technologische Plattform von Pizza.de in unsere zu integrieren. Das hat bei uns zwei Jahre Entwicklungskosten verursacht. Es wird daher noch etwas Zeit brauchen, bis wir richtig von dem Zukauf profitieren können.

In Deutschland ist Marktführerschaft bis heute ein Thema. Lieferheld und der Konkurrent Lieferando hatten gerade in den Anfangstagen einige Auseinandersetzungen. Wie bist du damit umgegangen?

Ich finde Streitigkeiten, die nichts damit zu tun haben, den besten Service zu bauen, lächerlich – das ist reine Zeit – und Geldverschwendung. Als wir Lieferheld übernommen hatten, habe ich deswegen einen sehr pragmatischen Ansatz in der Sache verfolgt.

Was heißt das?

Ich war nicht dogmatisch, ich habe viele unserer Ansprüche gegenüber unserem Wettbewerber sofort aufgegeben. Das wichtigste für mich war: Let’s get over it.

Wie hast du dich selbst von deinen ersten Übernahme-Verhandlungen bis hin zu denen heute entwickelt?

Ich glaube nicht, dass ich mich sehr verändert habe. Ich versuche immer, ich selbst zu sein. Das Wichtigste ist, die neuen Mitarbeiter kennenzulernen und Vertrauen aufzubauen. Das Finanzielle kann man dann relativ leicht regeln, man muss nur genau herausfinden, wer welchen Teil vom Kuchen haben will und was genau die andere Seite und einen selbst glücklich machen wird.

Wie habt ihr all die internationalen Unternehmen, die ihr gekauft habt, integriert?

Ich denke, wir haben eine gute Mischung aus Zentralisierung und Freiheit gefunden. Wir versuchen, die übernommenen Unternehmen möglichst autonom handeln zu lassen und nur bestimmte Aspekte wie das Reporting und die Buchhaltung zu zentralisieren. Deswegen sind auch noch die meisten der Gründer dieser Unternehmen an Bord.

Mit den Zukäufen ist auch euer Team radikal gewachsen. Wie hast du gelernt, so viele Leute zu führen?

Das Schwierigste war wohl, einzusehen, dass ich nicht alles allein machen kann. Wenn du als Unternehmer schon lange dabei bist, dann hast du meist das Gefühl, dass du mehr weißt und du willst immer deinen Senf dazu geben. Aber so klappt es nicht. Du musst akzeptieren, dass dein Unternehmen nur schnell wachsen kann, wenn du gute Leute einstellst, du musst dir Zeit für diese Einstellungen nehmen und deinen Mitarbeitern vertrauen.

Danke für das Gespräch, Niklas.

Bild: André Langer für Delivery Hero