Flaschen

Es sind manchmal die kleinen Meldungen, die unsere Leser interessieren. So war es auch im Fall von Amazon, das sich jetzt ins Geschäft mit Fußballübertragungen einmischt. Amazon macht vor, wie man aus einem soliden Kerngeschäft in ganz verschiedene andere Märkte hineinwachsen kann. Vor einigen Monaten haben wir eine längere Analyse publiziert und waren selber verwundert, in wie vielen Branchen Amazon inzwischen aktiv unterwegs ist. Wir können davon ausgehen, dass das Ende dieser Entwicklung noch lange nicht erreicht ist. Welches sind also die nächsten Branchen, die sich Jeff Bezos vornimmt, um neue Prime-Mitglieder zu gewinnen? Denn die sind bereit, dafür einen knackigen Jahresbeitrag zu zahlen.

Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, hätte ich gerne meinen Strom und meine Versicherungen von Amazon. Dann gäbe es vielleicht irgendwann die Chance, dass mehr Transparenz in diese Märkte und in meine Unterlagen kommt. Als Verbraucher hat man so gut wie keine Chance, zu verstehen, welche Angebote besonders gut oder schlecht sind. Es ist schwer, den Überblick zu behalten, die Korrespondenz mit den Firmen ist für normale Menschen unverständlich. Aber vielleicht regeln das die Anbieter ja auch noch selber. Bevor am Ende der große Riese kommt, es besser macht und sie schluckt.

Ein Auto teilen? Finden Deutsche nicht so toll

Dann war da noch diese Zahl, die uns ein wenig stutzig gemacht hat. Jeder zweite Bundesbürger mag kein Carsharing. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder wir nehmen alle zur Kenntnis, dass es mit den Umwälzungen im Mobilitätsbereich noch etwas dauern wird. Oder wir stimmen in den vielstimmigen Chor ein, der sagt: Ach, diese Studien. Da kommt sowieso nur das heraus, was der Auftraggeber bezahlt hat. Wer war noch gleich der Auftraggeber dieser Studie? Sekunde. Ich schaue mal kurz nach. Aha. Aral. Das sind doch diese Leute, die Benzin und Diesel verkaufen, oder? Und das Carsharing-Auto der Zukunft fährt – elektrisch. Ok. Ich tendiere in diesem Fall doch zur zweiten Möglichkeit.

Ach ja, unsere Kanzlerin hat vier Youtubern ein Interview gegeben. Auf YouTube. Ist klar. Hinterher war das Gejammer groß. Diese Youtube-Nasen hätten ja gar nicht nachgehakt, lediglich ihre Fragen vom Blatt abgelesen, heißt es in den Kritiken der klassischen Medien. Ist es wirklich so erstaunlich, dass junge Leute, die sich auf YouTube austoben, anders an so eine Aufgabe herangehen als ein ausgebildeter Journalist oder eine Journalistin? Das sollte doch gerade der Sinn der Sache sein, oder? Wir bei Gründerszene fanden es gut, dass zumindest mal versucht wird, neue Formate zu finden, die Politik auch der jüngeren Zielgruppe vermitteln können. Ok. Vielleicht war das ein Fehlschlag. Aber jetzt heißt es, daraus zu lernen und es besser zu machen.

„Bei Samenstau schütteln“

Weitermachen muss offenbar auch True Fruits. Mit grob geschnitzten Holzhammer-Provokationen. Vor circa einem Jahr erregte der Smoothies-hersteller aus Bonn Aufsehen mit seiner Werbung. „Bei Samenstau schütteln“ stand da zum Beispiel auf den Werbeplakaten für Chiasamen-Saft. Superwitzig, oder? Jetzt versucht es die Firma mit Sprüchen wie „Eure Heimat braucht uns jetzt“ oder „Noch mehr Flaschen aus dem Ausland“ unter dem Hashtag #jetztösterreichts. Nach dem kalkulierten Aufschrei beteuerte die Firma postwendend, dass das alles ganz anders und auf keinen Fall ausländerfeindlich gemeint war. Aha. Wie denn sonst? Ziel sei es gewesen, mehr Aufmerksamkeit für das Thema Fremdenfeindlichkeit zu erreichen. Ach so! Operation gelungen, Patient leider verstorben.

Schließlich haben wir uns noch die neue App Sarahah angeschaut. 14 Millionen User in wenigen Wochen? Da muss doch eine richtig gute Idee dahinter stecken. Auf Sarahah kann man anonym Personen bewerten. Ja, richtig gelesen. Mehr ist es nicht. So unter dem Motto: „Ja, der Typ ist ganz ok, aber leider nicht die hellste Kerze.“ Auch Lob ist natürlich möglich. Aber jetzt gehen natürlich sofort alle Alarmanlagen los. Die App wird als eine Brutstätte für Hass und Mobbing gesehen. Mal schauen, was die 14 Millionen Nutzer, die die App innerhalb von sechs Monaten angezogen hat, so alles auf Sarahah unternehmen. Wir bleiben am Ball.

Aber jetzt ist erstmal Wochenende. Wir ziehen uns in unsere Lieblingsgaststätten zurück und lassen uns auch nicht vom Beginn der Bundesliga stören. Aber vorher gibt es noch Musik. Diese Woche vom vor ein paar Tagen gestorbenen Country- und Popsänger Glen Campbell, dessen letzte drei Alben uneingeschränkt zu empfehlen sind. Aber hier kommt ein unsterblicher Klassiker:

Foto: Namensnennung Bestimmte Rechte vorbehalten von AjayGoel2011