Cannabis-Felder für immer: Deutschland-Geschäftsführer Hendrik Knopp beim Besuch der Produktion in Leamington, Kanada

Cannabis ist ein umstrittenes Naturprodukt. Ja fast eine Weltanschauung. Jeder hat eine Meinung zu Haschisch, Hanf, Marihuana oder Gras. Aber nicht jeder kann sagen, was eigentlich die genauen Unterschiede sind. Dass es verschiedene ausgesprochen hilfreiche, medizinische Wirkungen der Pflanze gibt, hat sich in der Öffentlichkeit herumgesprochen. Auch viele Ärzten wissen das, setzen medizinisches Cannabis aber nicht ein. Trotzdem hat sich das kanadische Startup Nuuvera vorgenommen, auch den deutschen Markt damit zu versorgen.

Dabei will Nuuvera eng mit dem Gesetzgeber und regulierenden Behörden zusammenarbeiten. Eine gute Idee, wenn man ein derartig umstrittenes Produkt in verschiedenen Ländern mit unterschiedlicher Gesetzeslage vertreiben möchte. Vertrauen schaffen. Das ist wichtig. Auch den Ärzten soll mit einer Aufklärungskampagne erklärt werden, dass eine Behandlung mit Cannabis in vielen Fällen sinnvoll sein kann. Auch wenn der bürokratische Aufwand größer ist als bei anderen verschreibungspflichtigen Medikamenten. Abgegeben wird medizinisches Cannabis von lizensierten Apotheken.

Alles eine Frage der Dosierung

Geschäftsführer des deutschen Ablegers von Nuuvera ist Hendrik Knopp. Er geht mit viel Optimismus an die Aufgabe, Deutschland mit medizinischem Cannabis zu erobern und das Ansehen dieses Produktes zu wandeln. „Wir verfolgen keine Legalize-it-Ideologie. Aber wir wollen schon deutlich machen, welche guten Eigenschaften Cannabis hat. Es ist am Ende immer eine Frage der Dosierung“, erzählt er Gründerszene. Vor seinem Engagement bei Nuuvera verantwortete er die Vermarktung der Pokerangebote auf der Plattform Bwin.

In Kanada hat man sich entschieden, Cannabis im Laufe des Jahres zu legalisieren. Wie in einigen US-Bundesstaaten. Knopp: „Einerseits gibt es eine Schattenwirtschaft und eine hohe Kriminalität beim Geschäft mit Cannabis. Die Kosten sind immens, um das zu verfolgen. Im Schwarzmarkt gibt es keinen Verbraucherschutz. Jugendschutz ist ein Thema. Der Dealer hat immer noch andere Sachen dabei. Es wird viel anderes Zeug reingemischt. Das waren in Kanada die Hauptgründe für die Legalisierung. In Deutschland fokussieren wir uns aber rein auf das medizinische Cannabis.“

Auch in Deutschland soll produziert werden

Um die Dosierung der Wirkstoffe in den Pflanzen zu stabilisieren, wird eine Mutterpflanze geklont. Dadurch hat sie die exakt gleichen Gene und liefert verlässliche Wirkstoff-Werte. Der THC-Wert der Pflanzen ist dadurch konstant. Bei Käufen auf dem Schwarzmarkt weiß der Kunde nie, was er wirklich erwirbt. Die Marke Nuuvera soll die gleichbleibende und kontrollierte Qualität garantieren.

Die Herstellung ist sehr aufwändig

 

Alle Pflanzen sind Klon einer Mutterpflanze

Der Anbau der Pflanzen erfolgt zur Zeit noch in Kanada und der Aufwand, der betrieben wird, ist gewaltig. Schon kleinste Abweichungen der Beleuchtung oder Wasserzufuhr kann ungewünschte Auswirkungen auf die sensible Pflanze haben. Der Transport per Luftfracht nach Europa stellt ebenfalls eine große Herausforderung dar. Auf mittlere Sicht will Nuuvera deshalb mit deutschen Landwirten zusammenarbeiten, die nach genauen Vorgaben Cannabis anbauen sollen. Mit der gesetzlich vorgesehenen Einrichtung einer sogenannten Cannabisagentur soll innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre auch in Deutschland eine Produktion aufgebaut werden.

Eine körperliche Abhängigkeit ist nicht bekannt

Die Studienlage in Sachen Cannabis ist insgesamt eher dünn, weil es sich um eine Pflanze und nicht um ein Pharmaprodukt handelt. Deshalb will Nuuvera auch in Forschung investieren. Vom Börsengang in Kanada verspricht sich das Unternehmen Einnahmen in Höhe von 200 Millionen Dollar. Damit ließe sich die eine oder andere Studie finanzieren.

Generell kann man Cannabis bei vielen Indikationen einsetzen, in denen bislang Opiate verschrieben werden. Zum Beispiel zur Bekämpfung von Schmerzen. Opiate machen aber sehr schnell physisch abhängig. Bei Cannabis soll lediglich eine psychische Abhängigkeit eintreten. Eine körperliche Abhängigkeit bei Cannabis ist bislang nicht bekannt

Die Haupteinsatzgebiete von medizinischem Cannabis sind in Deutschland begleitende Behandlungen von Spastiken, Übelkeit und Erbrechen sowie chronische Schmerzen. Eine mögliche Wirksamkeit wird zudem für Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust bei HIV-AIDS, Schizophrenie, Parkinson, Tourette-Syndrom, Epilepsie, Kopfschmerzen sowie chronisch entzündliche Darmerkrankungen diskutiert. Hier bleibt noch jede Menge Luft für Forschung.

„Es ist nicht klug, einfach überall Cannabis zu legalisieren“

In Deutschland hat sich am 1. März die Gesetzeslage für den Einsatz von Cannabis geändert. Seitdem dürfen Ärzte cannabishaltige Arzneimittel für Patienten mit einer „schwerwiegenden Erkrankung“ verordnen. Was „schwerwiegend“ bedeutet, wurde nicht genauer definiert. Bei der ersten Verordnung muss zunächst von der zuständigen Krankenkasse des Versicherten eine Genehmigung eingeholt werden. Das Gesetz legt zudem fest, dass die Krankenkasse eine Genehmigung „nur in begründeten Ausnahmefällen“ ablehnen darf.

Knopp über die Pläne von Nuuvera: „Im Grunde sind wir Startup-mäßig unterwegs. In jedem Land gibt es andere Möglichkeiten und Zugänge zum Markt. In Italien baut das Militär Cannabis für die Regierung an. In Portugal und Spanien tut sich etwas. In Israel haben wir eine Niederlassung, weil dort seit 18 Jahren intensiv geforscht wird.“ Er schränkt aber auch ein: „Es bleibt eine gefährliche Substanz, die man kontrolliert abgeben muss. Deshalb ist es nicht klug, einfach überall Cannabis zu legalisieren.“

Es fehlt natürlich noch die Frage, die auf der Hand liegt. Ist der Geschäftsführer Deutschland eigentlich mit seinem Produkt vertraut? Hat er es selbst genutzt? Knopp: „Ich muss gestehen, dass ich in meiner Jugend schonmal an einem Joint gezogen habe. Bei mir hat das allerdings keine große Wirkung gehabt.“

Fotos:  Hendrik Knopp