SAN FRANCISCO, CA - SEPTEMBER 07: An Apple iPhone 7 is seen during a launch event on September 7, 2016 in San Francisco, California. Apple Inc. unveiled the latest iterations of its smart phone, the iPhone 7 and 7 Plus, the Apple Watch Series 2, as well as AirPods, the tech giant's first wireless headphones. (Photo by Stephen Lam/Getty Images)

Dass mit Twitter ist so eine Sache: 140 Zeichen können viel anrichten. Diesmal traf es Apple. Ausgerechnet dem sonst so verschwiegenen Konzern unterlief ein Patzer, bevor Apple-Chef Tim Cook auf der Bühne in San Francisco das neue iPhone 7 vorstellen konnte. In einem Tweet verriet Apples Twitter-Team alle wesentlichen Neuerungen: „Neue Kameras. Wasserabweisend. Stereo-Lautsprecher. Längere Batterielaufzeit.“ Zwar verschwand der Eintrag schnell wieder, doch da war er schon entdeckt.

Auch an anderen Stellen tauchten lange vor der Präsentation Informationen auf. So waren bereits auf der Seite des Online-Händlers Amazon in den USA die neuen iPhones abgebildet, um Schutzhüllen anzupreisen, Detailaufnahmen inklusive. Damit dürfte das iPhone 7 zu dem am schlechtesten gehüteten Geheimnis des Apfel-Konzerns gehören.

Trotz allem gab sich der Apple-Chef in San Francisco sichtlich Mühe, die Welt vom „besten iPhone aller Zeiten“ zu überzeugen: Das iPhone 7 gibt es in zwei Größen mit 4,7 und 5,5 Zoll, zum ersten Mal sogar in Schwarz, entweder matt oder glänzend. Der größte interne Speicher reicht nun an 256 Gigabyte heran. Natürlich ist der verbaute Prozessor deutlich schneller als der Vorgängerchip.

Ähnlichkeit mit dem alten iPhone ist gefährlich

Apple schützt seine Geräte nun stärker gegen Wasser, wenn auch nicht so sehr wie der Konkurrent Samsung. „Wasserabweisend“, nennt Apple den Schutz, was nicht wasserdicht bedeutet, aber eine deutliche Verbesserung zum Vorgängermodell ist. Das dürfte auch der Grund für einen neuen Home-Button sein, der nun keine beweglichen Teile mehr enthält, als Feedback aber eine Vibration ausgibt.

Apple entscheidet sich üblicherweise alle zwei Jahre für ein gründlich überarbeitetes Design. Die Branche nennt das Tick-Tock-Zyklus. Diesmal fällt er aus. Die neuen iPhones sehen den alten gefährlich ähnlich. Berichten zufolge kommt die große Überarbeitung erst im kommenden Jahr mit dem nächsten iPhone. Für Apple kann das böse enden, sollten Interessenten ihren Kauf so lange aufschieben.

Reichen die Neuerungen, um eine Brücke zur nächsten Generation zu schlagen? Sie müssen. Apple hat kein anderes Produkt, das den Druck vom iPhone nehmen könnte. Zwar hat das Unternehmen nun auch eine zweite Generation seiner Apple Watch gezeigt, wasserdicht und mit eingebauter GPS-Satellitenortung. Doch ein Blockbuster ist die Uhr nicht. Beobachter zeigen sich eher enttäuscht.

Neue Kameratechnik ist keine Innovation

Der Konzern hat sich über die Jahre immer stärker von seinem Smartphone abhängig gemacht. Zwei Drittel seines Umsatzes kommen aus diesen Verkäufen. Umso schmerzlicher sind die Verkaufsrückgänge im ersten Halbjahr. Das iPhone 7, so Cooks Hoffnung, muss das nun ändern. Zumal auch die Absatzzahlen für die iPads schon länger schrumpfen.

Apple hat vor allem die Kameratechnik bei der Präsentation in San Francisco in den Vordergrund gehoben. Das iPhone 7 bekommt eine vollständig überarbeitete und lichststärkere Zwölf-Megapixel-Kamera auf der Rückseite und eine Sieben-Megapixel-Kamera über dem Display für die Selfie-Fotografen. Für die Besitzer des aktuellen iPhones ist das keine Revolution und dürfte wenig Anreiz bieten, auf das neue Modell umzusteigen.

Beim größeren iPhone 7 Plus könnte das funktionieren. Das Gerät bekommt eine zweite Rückkamera, die einem Teleobjektiv entspricht. So können auch entfernte Objekte in einer Qualität aufgenommen werden, die bislang nicht möglich war. Nicht dass Apple hier eine revolutionäre Innovation vorzuweisen hätte. Auch der koreanische Hersteller LG hat in seine Smartphone-Spitzenmodelle G5 und V20 eine Doppelkamera mit zwei Brennweiten eingebaut.

Apple kann nur auf das Pech von Samsung setzen

Apple muss sich nun mit den Kameras in Tests behaupten. Der Konzern hat sich zuletzt in der Kameratechnik von Samsung überholen lassen. Die Kameras des Galaxy S7 und S7 Edge gelten als überlegen. Apple kann von Glück reden, dass Samsung derzeit mit dem großen Note 7 so viel Ärger hat. Weil einige Akkus beim Laden explodierten, mussten die Südkoreaner 2,5 Millionen Geräte zurückrufen. Dabei hatte Samsung seinen zeitlichen Vorsprung vor den iPhone-7-Modellen nutzen wollen. Die ersten Kritiken waren vielversprechend.

Ein Ärgernis dürfte für viele das Weglassen des Kopfhöreranschlusses bei den neuen iPhone-Modellen bedeuten. Als Grund dafür wird immer wieder die kleiner werdende Bauhöhe der Smartphones angeführt. Nicht zuletzt deswegen hatte auch Lenovo beim aktuellen Smartphone Moto Z den Kopfhöreranschluss weggelassen. Doch die neuen iPhones sind im Vergleich zu den Vorgänger-Modellen gar nicht dünner geworden – der Kopfhörereingang fehlt trotzdem. Künftig sollen sie entweder über den Lightning-Anschluss oder drahtlos mit den iPhones verbunden werden. Apple legt seinen neuen Geräten zumindest einen Adapter bei.

Wann kommt Neues, Tim Cook?

Apples Neuerungen wurden in der Vergangenheit immer wieder unterschätzt und setzten sich in der Folge dann doch durch. So verzichtete das Macbook Air schon vor Jahren auf ein optisches Laufwerk für CDs und DVDs. Heute fehlt das Laufwerk bei den meisten Notebooks. Gut möglich, dass Apple auch mit dem Verzicht auf den Kopfhörereingang eine solche Entwicklung anstößt.

Auch wenn die neuen iPhones keine revolutionären Innovationen mit sich bringen, so werden sie weiter zu den erfolgreichsten Smartphones des Marktes gehören. Apple sollte sich jedoch nicht darauf verlassen, dass sie das Wachstum zurückbringen, dass der Konzern in den vergangenen Jahren erlebt hat. Dafür muss sich Tim Cook etwas neues einfallen lassen.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt Online.

Bild: Stephen Lam