okr-workshop-selbermachen

Ein Beitrag von Marco Alberti, seit über zehn Jahren selbständiger Unternehmensberater mit Murakamy.

Der Nutzen des OKR-Modells

Schnell wachsende Unternehmen haben besondere Herausforderungen, wenn es darum geht, ein gemeinsames Verständnis für ein einheitliches Führungssystem im Unternehmen herzustellen. Gerade technologieorientierte Startups arbeiten zu Beginn fast ausschließlich am Produkt, verändern und verbessern den Code ihrer Applikation und kümmern sich dabei wenig bis gar nicht um Strukturen und klassisch anmutende Themen wie Management.

Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem die Erkenntnis reift, dass gewisse Strukturen nicht nur behindern, sondern in der Tat Nutzen stiften können, um richtige Prioritäten zu definieren und die PS auch wirklich auf die Straße zu bekommen.

Das OKR-Modell (Objectives and Key Results) eignet sich dabei hervorragend, Ziele und Prioritäten für einen begrenzten Zeitraum festzulegen. Durch die Einführung bei Google hat das Modell im gesamten Silicon Valley extrem an Bekanntheit gewonnen und wird heute vom Who-is-Who der Technologieunternehmen eingesetzt.

Der mit Abstand stärkste Effekt des Modells basiert auf einer künstlichen Verknappung: Das gesamte Unternehmen – und daraus abgeleitet jede Abteilung und jede einzelne Person – legt sich auf genau fünf Ziele mit maximal vier Meilensteinen fest. Durch diese Form der Beschränkung findet automatisch eine harte Periodizität der Ziele statt. Da Kollegen aus anderen Bereichen oftmals Ziele haben, die die eigene Agenda maßgeblich verändern können, wird in einem OKR-Workshop ausführlich über den Nutzen der einzelnen Projekte für das gesamte Unternehmen oder die gesamte Abteilung verhandelt.

Im Idealfall sind sich danach alle Beteiligten einig, dass das erarbeitete Zielsystem den meisten Nutzen in Summe generieren kann.

Abgeleitet aus den zahlreichen Implementierungsprojekten des OKR-Modells bei Startups und etablierten Unternehmen hat sich ein Ansatz ergeben, der eine klare Agenda zur trennscharfen Definition von Zielen liefert. Der DIY-OKR-Workshop bringt Klarheit über die Prioritäten im gesamten Unternehmen für die nächsten drei Monate mit direktem Bezug auf die Marschrichtung der nächsten drei bis fünf Jahre!

Die richtige Agenda für den DIY-Workshop

Mit der folgenden Agenda lässt sich das OKR-Modell auf Firmenebene mit dem gesamten Führungsteam erarbeiten:

• 09.00 – 10.00 Ziel der Einführung, Zusammenfassung OKR-Modell, Klärung von Fragen
• 10.00 – 11.00 Vision: Wo geht es hin in den nächsten drei bis fünf Jahren (in einem Satz)
• 11.00 – 13.00 Sammlung aller Ziele und Meilensteine aller Abteilungen
• 14.00 – 15.00 Priorisierung der fünf wichtigsten Ziele
• 15.00 – 17.00 Formulierung griffiger Ziele und Meilensteine
• 17.00 – 18.00 Ableitung von Teamzielen und Integration ins Tagesgeschäft

Zur Vorbereitung des Workshops sollten alle Mitglieder eine Zusammenfassung des Modells gelesen und entsprechende Schulungsvideos gesehen haben, sodass sich die erste Stunde wirklich ausschließlich auf eine Zusammenfassung und unklare Fragen in Bezug auf das Modell beschränkt.

Eine griffige Vision bildet das Fundament

Die Vision beschreibt das langfristige Ziel des Unternehmens. Wichtig dabei ist, dass sie nicht mit Sätzen beginnt wie „Wir wollen der größte xx auf dem Markt yy werden“. Das sind keine Visionen, sondern Sätze, die lediglich die Ableitungen von Erfolgen beschreiben. Eine griffige Vision ist also eine zwingende Voraussetzung für ein stimmiges Zielsystem, da sonst die kurzfristigen Ziele mit Hilfe des OKR-Modells nicht an die langfristige Planung angeschlossen werden können und schnell die Begeisterung für das große Ganze verloren gehen kann.

Da es den meisten Teams und Abteilungen in der ersten Runde etwas schwer fällt, eigene OKRs zu formulieren, die sich dann im Workshop zu Firmenzielen verdichten lassen, hat es sich als äußerst hilfreich erwiesen, zunächst einmal alle Punkte gemeinsam zu sammeln.

Dabei ist es noch nicht so wichtig, zwischen Zielen und Meilensteinen zu unterscheiden, da sich eine sinnvolle Unterscheidung meist erst dann ergibt, wenn sich entsprechende Cluster herausgebildet haben und daraus griffige Formulierungen herausgefiltert worden sind. Daher kann in der ersten Phase alles durcheinander gesammelt werden.

Die Verdichtung zu Clustern hilft, die richtige Themen zu identifizieren

Nach einer etwas längeren Pause – in der nach Möglichkeit nicht alle in ihren E-Mails versinken und sich gedanklich dem Tagesgeschehen widmen – werden die Themen sortiert und zu übergeordneten Clustern zusammengefasst. In der Regel bilden sich hier zwischen fünf und zehn wichtige Blöcke heraus. Diese müssen nun aus nutzerorientierter Sicht für das gesamte Unternehmen priorisiert werden. Hierbei ist besonders wichtig, dass Abteilungen, die oftmals eher Aufgaben eines internen Dienstleisters übernehmen, ihre eigene Agenda mit den Anforderungen der anderen Abteilungen und mit den vorhandenen Ressourcen abgleichen.

Sobald die fünf Ziele festgelegt worden sind, geht es an eine griffige Formulierung der Ziele. Dabei handelt es sich nicht um Überschriften, die das Thema definieren, an dem gearbeitet werden soll. Es wird vielmehr ein konkreter Zustand in der Zukunft beschrieben, der erreicht werden soll. Die Zielformulierung erfolgt dabei etwas zu hoch angesetzt, so dass die Zielerreichung zu 80 Prozent wahrscheinlich erscheint.

Die Meilensteine definieren den Weg zum Ziel

Die Key Results oder Meilensteine beschreiben die jeweils vier wesentlichen Punkte, die zur Erreichung des Ziels führen und legen somit in der Regel die wichtigsten Projekte des Unternehmens fest. Dabei ist es wichtig, die Meilensteine so konkret wie möglich zu formulieren und eine Messbarkeit einzubinden. Es geht vor allem darum, die Treiber des Erfolges zu identifizieren und mit einem Erwartungswert zu belegen. Wenn man weiß, welche Größen den Erfolg treiben, dann kann man diese auch positiv beeinflussen und erkennt die teils komplexen Verkettungen.

Es entwickelt sich ein Zielsystem, das in sich griffig ist und direkte Vergleiche zu einem KPI-Monitoring ermöglicht. Wichtig dabei ist, dass das Ziel immer den Nutzen und den beabsichtigten Output beschreibt. Das Festhalten der reinen Bemühung dient dahingegen nicht als ausreichender Ansporn. In den Key Results hingegen ist es durchaus in Ordnung, auch Punkte zu definieren, deren Output nicht klar umrissen ist. Beispielsweise dienen drei Verkaufsabschlüsse als Ziel, dessen Meilenstein der Anruf von 100 Neukunden sein kann.

Durch die Ableitung von Zielen aus den Meilensteinen der übergeordneten Strukturen bietet das OKR-Modell eine hervorragende Möglichkeit der Verdichtung von Projekten und Ziel-Informationen. Die Ziele und KPIs unterscheiden sich von Ebene zu Ebene und Abteilung zu Abteilung, lassen sich im Gesamten aber auf fünf Punkte zusammenfassen.

Diese Zoom-Funktion ist besonders in größeren Strukturen durchaus hilfreich, um einen guten Überblick zu behalten.

Am wichtigsten ist die Implementierung ins Tagesgeschäft

Im letzten Abschnitt des DIY-Workshops sollte man sich daher mit den Ableitungen der Ziele der nachgelagerten Einheiten und der Implementierung ins Tagesgeschäft beschäftigen. Dabei liegt vor allem der Fokus auf der konsequenten Nutzung des Modells in regelmäßigen Meetings wie dem One-on-One oder dem All-Hands-Meeting, für das das Modell rollierend eine stets aktuelle Agenda liefert und so dauerhaft in den Köpfen aller Mitarbeiter verankert wird.

Es hat sich als nützlich erwiesen, einen Moderator für das Meeting zu bestimmen. Im Idealfall hat diese keine operative Verantwortung, so dass er durch die zu verhandelnden Ziele und Aufgaben nicht verpflichtet wird. Das hilft vor allem bei einer wertfreien Analyse der Zielerreichung der vorangegangenen OKR-Periode.

Nach diesem mit Sicherheit sehr intensiven Tag sollten alle Teilnehmer eine deutlich klarere Sicht auf die vor ihnen liegenden Aufgaben haben und ein einheitliches Verständnis für die gemeinsame Vision und die Prioritäten haben!

Bild: © panthermedia.net / Andrea Ricordi