Seit drei Jahren ist Rocket Internet an der Börse, der Aktienkurs hat sich inzwischen halbiert. Für CEO Oliver Samwer allerdings kein Grund, an dem eingeschlagenen Weg zu zweifeln. In einem Interview mit dem Handelsblatt zieht er Bilanz für das Jahr 2017 und verteidigt den eingeschlagenen Kurs. Für ihn ist klar: Wachstum sei in der Branche wichtiger als Gewinn zu erzielen.

„Man könnte immer am Marketing sparen, um schnell in die Gewinnzone zu kommen, würde dann aber eben weniger Wachstum generieren“, führt der 45-Jährige seine Sicht auf die Unternehmensstrategie aus. „Wir denken langfristig und wissen, wann wir uns beeilen müssen.“ Rocket Internet hatte in Aussicht gestellt, dass Ende des laufenden Jahres drei der Beteiligungen des im SDAX notierten Konzerns profitabel sein sollten, doch das hat nicht geklappt. „Wir hätten dieses Ziel erreicht, sind aber davon überzeugt, dass unsere Unternehmen im ersten Schritt vor allem drastisch wachsen müssen“, sagt Samwer.

Zu den Erfolgen von Rocket Internet im Jahr 2017 zählt er die Börsengänge der Startups Hello Fresh und Delivery Hero. „Zusammen sind sie nun über acht Milliarden Dollar wert“, rechnet er dem Handelsblatt vor. „Sie gehören zu den erfolgreichsten Börsengängen der vergangenen Jahre in ganz Europa.“ Auch den Verkauf der asiatischen E-Commerce-Plattform Lazada an Alibaba bezeichnet er als Erfolg. Spekulationen, Rocket Internet könnte die Börse wieder verlassen, erteilt er eine klare Absagen. „Wir sind an der Börse und bleiben da auch“, stellt er klar und fügt an: „Abgerechnet wird ganz am Ende.“

Für die kommenden Jahre sieht Samwer vor allem Fashion und Home & Living als Schlüsselmärkte für sein Unternehmen. Rocket sondiere derzeit viele gute Kandidaten etwa in Südostasien. Auch Afrika wolle Rocket „weiterentwickeln“. Derzeit verfüge das Unternehmen über liquide Mittel von 3,8 Milliarden Euro. „Im Internet kann man nie genug Geld haben, um spannende Online-Geschäftsmodelle zu bauen oder in sie zu investieren. Diese Summen sind auch notwendig, um international mithalten zu können“, sagt Samwer. Trend-Themen wie Künstliche Intelligenz, Robotik oder autonomes Fahren sind für ihn allerdings keine Option. „Wir haben einen ganz klaren Fokus auf Projekte, die in den nächsten zwei bis maximal fünf Jahren zu realisieren sind“, erklärt er. „Der Erfolg muss absehbar sein.“

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Vor gut drei Jahren war Rocket zu einem Ausgabepreis von 42,50 Euro je Aktie an die Börse gegangen. Nach einem Kurssturz zu Anfang berappelte sich das Papier in den folgenden Monaten bis zu seinem Hoch bei gut 60 Euro, doch seit rund anderthalb Jahren dümpelt der Kurs um die 20 Euro.

Mit dem Aufbau zahlreicher Unternehmen hat sich Samwer auch als Talent-Scout bewährt. Woran also erkennt er einen guten Gründer? „Wir achten auf analytische Fähigkeiten sowie eine große Arbeits- und, ja: auch Opferbereitschaft“, erklärt er. Man dürfe sich nicht zu fein sein, die ersten Kunden selbst abzuklappern und Fachleute zu gewinnen, von deren Handwerk man selbst nichts versteht. „Irgendwas spricht eigentlich immer dagegen, Unternehmer zu werden – der Lebenspartner, Bekanntenkreis, Geld, andere Karrierechancen, Bequemlichkeit“, schließt Samwer. „Man muss dann trotzdem springen.“

Bild: DANIEL ROLAND / Getty Images