rainer hillebrand otto
rainer hillebrand otto Otto-Vorstand Rainer Hillebrand

Stärker denn je setzt der Otto-Konzern auf digitale Geschäftsmodelle und will dafür kräftig investieren. Wie der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Rainer Hillebrand heute bekannt gab, plant der Konzern für das kommende Geschäftsjahr weitere Wagniskapital-Investitionen in Höhe von über 50 Millionen Euro. Im Fokus stünden dabei vor allem neue Geschäftsmodelle im Bereich E-Commerce, so Hillebrand. „Wir glauben, dass das Thema Internet und das digitale Business auch weiterhin ein absolutes Boom-Thema ist.“ Um sich in diesem dynamischen Umfeld als Konzern behaupten zu können, seien Flexibilität und eine Kultur des trial and error notwendig. Die Otto Group gab heute vorläufige Zahlen zum laufenden Geschäftsjahr bekannt, das am 28. Februar endet.

Auch wenn Hillebrand im E-Commerce weiterhin massig Wachstumspotenzial sieht – die Zeiten, in denen der Online-Handel mit zweistelligen Wachstumsraten glänzte, sind erst einmal vorbei. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet Otto weltweit einen Online-Umsatz von 6,3 Milliarden Euro. Das entspricht einem Wachstum von rund 2,5 Prozent. Im vorherigen Geschäftsjahr lag das Wachstum mit 6,7 Prozent noch deutlich höher.

In Deutschland lief das Geschäft immerhin etwas besser: Dort erwartet der Konzern ein Wachstum von drei Prozent auf 4,1 Milliarden Euro. „Da muss natürlich noch mehr gehen“, sagte Hillebrand mit Blick auf die Zahlen. Insgesamt sei 2014/15 für den Konzern ein schwieriges Geschäftsjahr gewesen. „Einen massiven Einfluss auf unser Textilgeschäft hatte vor allem das Wetter.“ Durch den milden Winter hätten sich die Menschen deutlich weniger neue Kleidung gekauft als erhofft. Dazu kämen der Umbau des Frankreich-Geschäfts sowie die Probleme in Russland. Die Otto Group will sich in Frankreich in Zukunft noch stärker auf den Online-Handel konzentrieren. In Russland ist der Konzern unter anderem mit den Marken Otto, Bonprix und Witt vertreten. „Die Kapriolen des Rubels sind extrem. Das bekommen wir schmerzhaft zu spüren.“ Dennoch wolle sich der Konzern vorerst nicht aus dem Russland-Geschäft zurückziehen.

Trotz dieser Probleme will Otto die Investitionen in neue Geschäftsmodelle ausweiten. Insgesamt hat der Konzern bereits einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag an Wagniskapital investiert. Bei der Vorstellung der Geschäftszahlen gab sich der Konzern betont innovativ: Um die Bedeutung weiterer VC-Investitionen hervorzuheben, präsentierte der Konzern seine Ergebnisse nicht wie gewohnt in der Konzernzentrale, sondern in den Räumen des Hamburger Früphasen-Investors E-Ventures, zwischen Sitzsäcken, orange-farbenen Plastiksesseln und Eckkamin. Die Otto Group ist als größter Einzelinvestor an E-Ventures beteiligt. Mit Florian Heinemann war bei der Veranstaltung außerdem der Berliner Inkubator Project A vertreten. Dort steuert die Otto Group mit rund 50 Millionen Euro mehr als die Hälfte des investierten Kapitals bei.

Mit den bisherigen Ergebnissen des im Mai 2014 enthüllten Projekt Collins zeigte sich Hillebrand zufrieden. „Mit einem guten zweistelligen Umsatz haben wir unsere Erwartungen deutlich übertroffen“, sagte er. Die Wiederkaufraten – also der Anteil der Nutzer, die nach dem ersten Einkauf auch ein zweites Mal einkaufen – seien beim Flaggschiff-Shop About You extrem vielversprechend. „Die Gründer haben einen genialen, blitzgescheiten Job gemacht.“ Deren Herangehensweise sowie die IT-Infrastruktur des Projekts sei bereits in vielen Bereichen ein Vorbild für die Otto Group. Genaue Zahlen zum Projekt soll es voraussichtlich Ende März geben.

Bild: Gründerszene