Die eigene Geschäftsidee vor potenziellen Geldgebern und anderen Interessierten zu pitchen, ist eine der Fertigkeiten, die jeder Gründer beherrschen sollte. Und da ein Fahrstuhl ein reichlich ungeeigneter Ort dafür ist, haben junge Startups im Format „Frischlingsfragen“ von nun an die Möglichkeit, sich und ihr Geschäftsmodell kurz und präzise vorzustellen: Gründerszene stellt zehn Fragen, und dieses Mal antwortet OurStreetTip (www.ourstreettip.com).

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Wer seid Ihr und was macht Ihr?

OurStreetTip ist ein Social-Media-Unternehmen, das lokale Gemeinschaftsseiten erstellt. Wir nutzen die Funktionalitäten von sozialen Netzwerken, gegenwärtig vor allem Facebook, um insbesondere kleinen Gewerben die Möglichkeit zu geben, in einen stärkeren Dialog zu treten mit ihren wichtigsten Kunden: jenen Menschen, die innerhalb von fünf Gehminuten wohnen, im Schnitt sind das 70 Prozent der Kunden eines typischen Einzelhändlers. Dabei stellen wir fest, dass viele kleine Unternehmen die Chancen, die Facebook und Co bieten, nicht nutzen, also beraten wir und helfen bei der Erstellung von eigenen Facebook-Präsenzen.

Hinter jedem Erfolg steckt eine Vision. Wie seid Ihr auf Eure Idee gestoßen?

Nun, wir mögen Facebook. Uns gefällt daran, dass der virtuelle Kontakt auf Facebook zur ‚echten‘ Interaktion führt. Zum Beispiel mit der Chatfunktion: Man sieht, dass ein Freund online ist, man ‚plingt‘ ihn spontan an, verabredet sich zum Treffen. Die Spontanität ist dabei der interessante Faktor, denn ohne Facebook wäre man wahrscheinlich nicht auf die Idee gekommen, gerade dieser Person eine Mail zu schreiben oder anzurufen, und das Treffen hätte nicht stattgefunden. Wir sind überzeugt, dass soziale Netzwerke das Nachbarschaftsgefühl unter Menschen stärken. Die Idee, Multi-Admin-Seiten zu kreieren, stärkt den Gemeinschaftsfaktor und fördert eben den kleinen Laden in der Nachbarschaft, und gibt ihm eine Möglichkeit zu kommunizieren, ohne viel Geld für Werbung auszugeben. So hat das kleine Gewerbe einen Wettbewerbsvorteil gegenüber großen Ketten.

Noch wichtiger als die Idee ist häufig das Team. Wer sind die Gründer, was habt Ihr
 vorher gemacht und wie habt Ihr zueinander gefunden?

Ich (Olaf Bryan Wielk) habe einen humanistischen Hintergrund, habe Geisteswissenschaften studiert. Ich habe allerdings auch eine werbefachliche Ausbildung und habe jahrelang für große Buchverlage Werbung und Marketing betrieben, was in den letzten Jahren auch viel Social-Media-Marketing bedeutet hat. Ich leite OurStreetTip, habe aber für Programmierung und Logogestaltung sowie mit strategischen Dingen große Hilfe von befreundeten Agenturen bekommen und glücklicherweise ein paar gute Leute, die mir in technischen und textlichen Fragen zur Seite stehen.


Viele Gründungsideen sind nicht gänzlich neu. Was ist Euer USP und was macht 
Ihr anders als alle anderen?

„Alle auf einer Seite“ ist unser Motto. Das bedeutet, unsere Gemeinschaftsseiten auf Facebook sind ‚echte‘ Gemeinschaftsschaftsseiten, weil jeder auf ihnen posten kann. Wir bauen also mit System – mit dem Postleitzahlensystem, um genau zu sein – lokale Communities auf, und bieten jedem den Co-Admin-Zugang zu seiner Nachbarschaftscommunity.

Konkret heißt das, wir erstellen für jede Postleitzahl eine Facebookseite und geben jedem lokalen Verein, Veranstalter, Händler oder Gewerbe Co-Adminrechte gegen eine einmalige Handlinggebühr von nur 10 Euro netto. Als sinnvolle Ergänzung zur eigenen Facebook-Seite erreichen unsere Kunden so über die eigenen Fans hinaus die Anwohner in ihrer Gegend. Außerdem ist es über www.ourstreettip.com möglich, auf Facebook zu posten, ohne überhaupt bei Facebook registriert zu sein – was für die Facebook-Gegner eine einmalige Gelegenheit darstellt, dennoch von Facebook zu profitieren.



Zum Business: Wie funktioniert Euer Geschäftsmodell? Und wie groß ist das 
Marktpotenzial?

Unser Model basiert auf Menge. Wir nehmen pro Adminrecht nur 10 Euro und das einmalig. Also benötigen wir Wachstum. Bei der vorhandenen Menge an Postleitzahlen beziehungsweise Orten (denn für Dörfer funktioniert OurStreetTip mindestens so gut wie für Stadtteile) und den vielen Gewerben, die in den vielen Postleitzahlen ansässig sind, ist das Potenzial nicht gering. Wenn die Postleitzahl als Einzugsgebiet zu groß wird, um noch effektiv zu funktionieren (im Sinne von zu viel Posts auf einer Seite), ist der nächste Schritt, dasselbe System für einzelne Straßen anzuwenden. Zudem wird OurStreetTip immer interessanter für Werbetreibende, je größer es wird.



Ideen umzusetzen kostet Geld. Wie finanziert Ihr Euch?

Aus eigenen Mitteln. Wir legen gegenwärtig aus und reinvestieren, was wir verdienen. In dem Zusammenhang noch ein persönliches Wort an die Politik: Ich profitiere vom Gründerzuschuss, den es ja in der Form jetzt nicht mehr gibt. Das ist schade. Kollegen berichten, dass sie Ihre Geschäfte nicht aufbauen können, weil sie zu spät waren und den Zuschuss nicht mehr bekommen. Wir hatten noch Glück. Ohne Gründerzuschuss gäbe es OurStreetTip nicht.

Gibt es etwas, das Euch noch fehlt? Ein Mitarbeiter, ein Investor oder ein Büro?

Ein Marketingetat. Was wir konkret brauchen, ist Publicity. Wir müssen den Menschen mitteilen, dass sie jetzt ihre Postleitzahl bei Facebook eingeben können und so erfahren, was ihre Nachbarschaft alles zu bieten hat. Und wir müssen den Gewerben sagen, dass sie nun die potenziellen Kunden in der eigenen unmittelbaren Umgebung gezielt ansprechen können.

Etwas unkonkreter brauchen wir mehr Vertrauen in Facebook und soziale Netzwerke. Vor allem die kleinen Gewerbe sind oft sehr skeptisch oder schüchtern, was Facebook betrifft, und lassen sich die umsatzsteigernden Möglichkeiten, die es bietet, entgehen. Für unserereins – wir Medienmenschen, wir Gründer etcetera – die in einem Umfeld leben, wo die meisten Freunde und Kollegen Facebook, Twitter und Co nutzen, ist es fast nicht vorstellbar, wie wenig Social-Media auf der Straße unter ’normalen‘ Menschen angekommen ist, geschweige denn, durchgesetzt.

Gibt es ein großes Vorbild für Euch?

Ehrlich gesagt nicht. Vorbildlich finden wir es, wenn ein Unternehmen nicht den Profit an erste Stelle stellt, sondern die Menschen.

Stellt Euch vor, Ihr könntet ein Lunch gewinnen. Wen würdet Ihr aus der deutschen
 Startup-Branche gerne mit an den Tisch holen?

Vielleicht die Leute von Gidsy (gidsy.com). Wir sind eh fast Nachbarn mit unserem Berliner Standort.

Wo steht Ihr heute in einem Jahr?

Mit weit über 100 OurStreetTip-Seiten auf Facebook bundesweit, die von Fans und Co-Admins aktiv genutzt und von uns ‚curated‘ werden: Tendenz steigend. Dazu haben wir das zweite Standbein etabliert, nämlich Social-Media-Beratung für kleine Gewerbe.