Min-Sung Kim von XL Health (zweiter von links), Sophie Chung von Junomedical (mitte) und Karolina Korth vom Pharmakonzern Roche (rechts).

Ein kleines Beispiel zeigt schon, wie schwer es Health-Startups in Deutschland haben. Schon seit Jahren wird über die Gesundheitskarte diskutiert, noch immer sind erst sehr wenige Daten darauf gespeichert. Die Vision von einer digitalen Patientenakte ist in weite Ferne gerückt.

Einige Startups wagen sich auf den schwierigen Markt, etwa Junomedical. Das Unternehmen vernetzt Medizintouristen. Über Empfehlungen hinaus sollen die Menschen den richtigen medizinischen Experten für ihre Behandlung finden.

Auf der Heureka-Konferenz diskutierte die Gründerin Sophie Chung mit dem Investor Min-Sung Kim von XL Health und Karolina Korth vom Pharmakonzern Roche.

Diese fünf Trends für den Gesundheitsmarkt tauchten in der Diskussion auf:

1. Lifestyle statt Prävention

Das Berliner Startup Mimi hat bereits vorgemacht, wie es funktioniert. Sie haben eine App mit Hörtest entwickelt. Doch anstatt dies als Prävention für ein besseres Gehör zu präsentieren, bieten sie einen Musikplayer mit einem individualisierten Hörprofil an. Die Musik hört sich also besser an und schont gleichzeitig das Gehör.

Diese Entwicklung werde sich fortsetzen, sagt Investor Min-Sung Kim. „Niemand verzichtet auf Alkohol, nur weil eine App das sagt.“ Die künftigen digitalen Gesundheitsprodukte gingen weg von der Prävention, hin zu Lifestyle.

2. Telemedizin als Zukunft

Schlaf, Laufleistung, Sex – mittlerweile würden unzählige Menschen ihren Körper tracken, erklärt Karolina Korth von Roche. Alles Daten, die auch für einen Arzt durchaus interessant sein könnten, um die Gesundheit der Patienten besser beurteilen zu können. Doch ein Austausch zwischen den Parteien gebe es noch nicht.

Auch der Investor Min-Sung Kim sieht in diesen Plattformen die große Chance. „Im Moment sind die Ärzte noch 50 und 60 Jahre alt“, sagt er. Sie würden sich an neue digitale Tools nicht mehr heranwagen, anders als die nächste Generation.

Seine Vision: auf einer Plattform Ärzte mit Patienten zusammenzubringen, die sich dort austauschen können. Über diese Plattform sollen die Ergebnisse für den Patienten in einer Krankenakte mit einer technischen Lösung zusammengefasst werden. Angesichts der vielen datenschutzrechtlichen Einschränkungen sicherlich noch Zukunftsmusik.

3. Vernetzung als Chance

Freunde und Bekannte seien vor allem verantwortlich dafür, zu welchem Arzt man geht, erklärt Sophie Chung, Gründerin von Junomedical. „Die Leute schauen meist nicht über ihre Postleitzahl hinaus.“ Dieses Problem wolle ihre Plattform in Zukunft lösen. Momentan verbinde man mit Medizintourismus hauptsächlich „Amerikanerinnen, die sich in Thailand die Brüste machen lassen“, sagt Chung. Die Herausforderung sei aber viel größer.

4. Probleme beim Skalieren

Im Gegensatz zu anderen Startups lassen sich Gesundheitsprodukte schwieriger digital verbreiten. „Es ist kein Schuh, den ich im Netz verkaufe, sondern es geht um die Gesundheit von Patienten“, sagt Junomedical-Gründerin Chung. Die Startups müssten sich vorsichtig weiter vorantasten.

5. Radikale Veränderung erwünscht

Der Gesundheitsmarkt müsse sich radikal verändern: „Die Gesundheitsbranche braucht einen Schlag ins Gesicht. Die Musikbranche hatte Napster, die Lehman-Pleite brachte die Bankenbranche in Schwierigkeiten“, sagt Investor Kim. Die Reform Obama-Care habe den amerikanischen Markt grundlegend veränderte. Und die deutsche Politik sei nun am Zug etwas Ähnliches anzustoßen.

Bild: Caspar Tobias Schlenk/Gründerszene