Dana von der Heide und Arne Jeroschewski
Dana von der Heide und Arne Jeroschewski

Berlin ist Deutschlands Gründermetropole: Hier sitzen mehr Startups als im Rest der Bundesrepublik, in keiner Region fließt mehr Wagniskapital. Das Startup-Ökosystem der deutschen Hauptstadt gilt als das siebtbeste der Welt. Trotzdem entschieden sich die Berliner Dana von der Heide und Arne Jeroschewski vor zwei Jahren, weit östlich ihrer Heimatstadt zu gründen: in Singapur.

Mehr als 50.000 internationale Startups umfasst die Gründerszene dort laut der Deutsch-Singapurischen Handelskammer. Eines davon ist Jeroschewskis und von der Heides Firma Parcel Perform. Ihr Produkt: Eine Software, mit der Pakete dienstleisterübergreifend verfolgt werden können. Sie soll die einzelnen Tracking-Seiten der Paketdienste, etwa DHL, UPS oder Hermes, ersetzen. Derzeit können mit Parcel Perform Sendungen von rund 600 verschiedenen Logistikern weltweit getrackt werden. Möchten E-Commerce-Unternehmen die Anwendung in ihren Webshop integrieren, kostet sie das 49 bis 149 US-Dollar pro Monat – je nachdem, wie viele Pakete pro Monat verschickt werden.

Standortvorteil Nummer 1: Der ewige Sommer

Dieses Konzept verfolgen auch Startups in Deutschland – ParcelLab und Parcello etwa. An der existierenden Konkurrenz liege es aber nicht, dass sie in Singapur gegründet hätten, sagen Jeroschewski und von der Heide. Die erste, einstimmige Antwort auf die Frage nach dem Grund der Standortwahl: Die Lebensqualität sei höher als in Deutschland. „Das schlechte Wetter vermissen wir auf jeden Fall nicht“, sagt von der Heide. In einem Nestpick-Ranking wurde Singapur kürzlich zur attraktivsten Stadt für Startup-Mitarbeiter weltweit gekürt. Bewertet wurden etwa die Lebensqualität, die Sozialleistungen und die Gehälter.

Kennengelernt haben sich die Gründer 2014 in Singapur. Beide haben dem Logistikdienstleister DHL dabei geholfen, in den asiatischen Markt einzutreten. Dabei hätten sie den Need für ihr Produkt erkannt. „Viele Webshops, mit denen wir gesprochen haben, kritisierten, dass sie ihre Kunden für das Paket-Tracking von ihrer Webseite wegschicken müssen“, so von der Heide. Das gilt natürlich nicht nur für Webshops in Singapur. Im asiatischen Raum mache ein Produkt wie Parcel Perform aber besonders viel Sinn, sagt Jeroschewski. „Hier werden Pakete sehr oft über Grenzen hinweg verschickt, sodass automatisch viele verschiedene Logistiker beteiligt sind“.

Kurzer Prozess bei der Startup-Gründung

Ein weiterer, produktunabhängiger Standortvorteil Singapurs ist laut von der Heide der schnelle Gründungsprozess. „In Singapur ist es innerhalb von zwei Tagen möglich, zu gründen“. Papier sei dafür nicht notwendig. „Hier geht alles mit E-Signing. Wir haben nicht einmal einen Drucker im Büro“, sagt sie. Selbst die eigenen Mitarbeiter hätten keine ausgedruckten Verträge. Elf der Angestellten sitzen in Singapur, die Entwickler arbeiten in der vietnamesischen Stadt Ho-Chi-Minh.

Der Markteintritt sei von der Heide und Jeroschewski leicht gefallen. Zum einen hätten sie von den Kontakten profitieren können, die sie durch ihre Zeit bei DHL geknüpft haben. Zum anderen sei der Vertrieb in Asien verhältnismäßig einfach. „Die Webshops sind viel entscheidungsfreudiger als zum Beispiel in Europa“, sagt Jeroschewski. Eine hohe dreistellige Zahl an Unternehmen nutze Parcel Perform derzeit, in Singapur etwa Love Bonito und Expansys. Zu Kunden aus Deutschland schweigen die Gründer.

Mit frischem Kapital nach Australien

Im Januar schloss Parcel Perform eine Seed-Finanzierungsrunde ab. Die US-Amerikanischen VCs Wavemaker Partners und 500 Startups investierten insgesamt 1,1 Millionen Dollar in das Startup. Jetzt wollen von der Heide und Jeroschewski mit ihrem Produkt international expandieren. „Australien ist für uns ein sehr spannender Markt“, verrät Jeroschewski. Dort werde ein großer Teil der Waren über die Landesgrenze hinweg versandt. 

Kulturelle Hürden gebe es beim Gründen in Singapur nicht – auffällig sei lediglich, dass Asiaten nicht gerne „Nein“ sagen, sagt Jeroschewski. Für den Vertrieb ist das sicher nicht von Nachteil. Das einzige, was die Gründer in Singapur vermissen: die Berliner Startup-Szene. Was die Vernetzung unter Gründern angeht, sei die Bundeshauptstadt Singapur voraus. 

Bilder: Parcel Perform