Die Parstream-Gründer Michael Hummel, CTO, und Jörg Bienert, COO (von links)

Ein Riese im Tech-Bereich und einer der „aggressivsten Käufer des Silicon Valleys“: Im November 2015 übernahm der US-amerikanische Konzern Cisco das Kölner Unternehmen Parstream. Mit einem gigantischen Umsatz von 49 Milliarden Dollar im Geschäftsjahr 2015 hat Cisco offenbar genug Geld, um sich die Innovationskraft vieler junger Unternehmen einzuverleiben – was der Konzern auch dringend benötigt, heißt es etwa auf Wired. Allein 2015 kaufte Cisco neben Parstream noch zehn weitere Unternehmen auf.

Was sich Cisco die Übernahme aus Nordrhein-Westfalen kosten ließ, will Parstream-Gründer Jörg Bienert bei unserem Treffen noch immer nicht kommentieren. Sicher ist jedoch: Cisco konzentriert sich stark auf das Internet der Dinge – das war auch die Begründung für den Kauf von Parstream, das eine Plattform zur Echtzeitanalyse großer Datenmengen anbietet. Für sein Konzept hatte das Kölner Unternehmen in der Vergangenheit bereits rund 13 Millionen Dollar von bekannten Valley-Investoren wie Khosla Ventures und Baker Capital einsammeln können.

Für Bienert und seinen Mitgründer Michael Hummel bedeutete der Exit: das Unternehmen, wie es war, aufzugeben. Parstream wurde in den vergangenen Monaten vollständig in Ciscos Unternehmensstruktur integriert. Das „Baby“, wie Jörg Bienert die Technologie bei unserem Treffen nennt, wird nun über den Konzern verkauft.

Im Gespräch erklärt Bienert, wieso ein Gründer immer an den Exit denken sollte und warum Investoren kein nachhaltiges Geschäft aufbauen wollen.

Wie sind der Kontakt zu Cisco und die Übernahme entstanden?

2012 haben wir am „German Silicon Valley Accelerator“-Programm teilgenommen und unser Series A Funding bekommen. Nach der Teilnahme sind wir in die USA gegangen und haben dort ein Team im Bereich Sales und Marketing in Cupertino aufgebaut. In dem Kontext haben wir das erste Mal Kontakt zu Cisco bekommen.

Wie ging es dann weiter?

Wir dürften am Cisco-eigenen Startup-Programm „Entrepreneurs in Residence“ teilnehmen. Wir bekamen sehr gutes Mentoring und haben gemeinsame Projekte mit Cisco gestartet. So konnten wir den Chef-Ingenieuren zeigen, was mit unserer Technologie möglich ist. Nach einem halben Jahr fanden sie dann, dass wir unsere Zusammenarbeit im Bereich IoT deutlich intensivieren könnten, indem wir Teil von des Unternehmens würden. Also begann Cisco mit uns über eine Akquisition zu sprechen.

Es war für Euch also schnell klar, dass Ihr an Cisco verkaufen wollt?

Man macht sich natürlich immer Gedanken, wie so ein Exit-Kanal aussieht und was es für Möglichkeiten gibt. Mit Cisco hat es zum einen technologisch gut gepasst, wir hatten den gleichen Fokus auf das Internet der Dinge. Zum anderen hatten wir das Gefühl, dass es auch von der Firmenkultur her gut passt. Am Ende des Tages hat es nicht viel Überlegung bedurft. Wir waren mit Parstream auf einem Weg, der irgendwann zwangsläufig zu einem solchen Exit führen musste.

Das war sieben Jahre nach der Gründung. Habt Ihr zu dem Zeitpunkt sowieso darüber nachgedacht, Parstream zu verkaufen?

Ein Gründer sollte schon über den Exit nachdenken, wenn er gerade gründet. Man sollte sich überlegen: Will ich ein nachhaltiges Unternehmen aufbauen? Das ist aber nicht das, was ein Investor hören will. Denn der will ja irgendwann einen Exit sehen. Entweder in Form einer M&A-Transaktion oder in Form eines Börsenganges. Bei M&A muss man darüber nachdenken, wer dafür in Frage kommt. Das ist eine Überlegung, über die direkt bei der Gründung eines Startup oder spätestens bei der ersten Finanzierung nachgedacht werden sollte.

Wie lief das bei Euch?

In unserem Fall haben wir über beide Optionen nachgedacht, aber ein Börsengang haben wir nicht angestrebt. Deswegen war eine Übernahme durch einen Konzern für uns eine logische Konsequenz.

Du vertrittst also die Meinung, man sollte den Exit immer im Hinterkopf haben?

Wir haben auch in Investorenpitches mitbekommen, dass diese nach Exit-Kanälen fragen. Denn das ist natürlich das, was sie sehen wollen. Du wirst im Silicon Valley keinen Investor davon überzeugen können, siebenstellige Beträge in dein Unternehmen zu investieren, wenn du sagst: „Wir wollen ein Geschäft aufbauen, das 20 oder 30 Jahre profitabel ist.“ Das ist nicht ihr Businessmodell. Daher glaube ich, es ist naiv, sich nicht damit auseinanderzusetzen. Das heißt aber nicht, dass man nur wegen des Geldes gründen sollte! Wenn das so ist und du nicht hundertprozentig hinter deinem Unternehmen stehst, solltest du es gleich lassen.

Was hat sich seit dem Exit für Euch verändert?

Von den Tätigkeiten her hat sich für uns nichts Grundlegendes geändert. Wir bringen weiter unsere Technologie in Kundenprojekte ein, sind aber in das Cisco-Team integriert. Wenn unsere Technologie früher in sogenannten kritischen Infrastrukturen eingesetzt werden sollte, mussten wir uns schon mal von potentiellen Kunden anhören: „Ihr als Startup, wie lang seid ihr überhaupt noch da?“ Jetzt haben wir die Erfahrung und Geschichte von Cisco hinter uns und bekommen solche Fragen nicht mehr zu hören.

Danke für das Gespräch, Jörg.

Dieses Video erklärt, wie die Technologie von Parstream im Bereich Internet der Dinge Daten analysiert:

Artikelbild: Cisco; Bild bei Facebook: Screenshot Youtube/Cisco.