Die Peppr-Gründer P. Poppenreiter und Florian Hackenberger

„Wir bekamen massiven Druck von außen“

„Nein, ich finde es nicht moralisch bedenklich“, sagte Pia Poppenreiter, als sie im vergangenen April im Gründerszene-Interview erstmals ihre App Peppr vorstellte. Noch etwas unsicher erzählte die damals 26-jährige Österreicherin von ihrer App, die diskret und auf Knopfdruck Prostituierte vermittelt. Die Idee brachte ihr viel Aufmerksamkeit – die Geschichte einer jungen Frau, die ein Startup ausgerechnet im Sex-Tech-Bereich gründet, Prostituierte fairer behandeln will und dafür nächtelang in Bordellen oder auf dem Strich recherchierte, interessierte viele. Nur einen Tag nach dem Interview stand die Bild-Zeitung mit einem Kamera-Team vor ihrem Büro, erzählt sie. Sogar der Economist berichtete über das Berliner Startup.

Poppenreiter und ihr Mitgründer Florian Hackenberger fühlten sich geehrt, weil ihre Idee so viele faszinierte. Poppenreiter präsentierte das Unternehmen auf Events, sie bekam Einladungen zu vielen Tech-Konferenzen, sogar die CDU lud sie für eine Expertenanhörung in den Bundestag ein, es ging um die Reform des Prostitutionsgesetz.

Rückblickend war das Gründerteam mit dem Medienrummel aber auch überfordert: „Wir bekamen massiven Druck von außen, weil die Aufmerksamkeit der Presse so groß war“, erzählt Poppenreiter im Gespräch mit Gründerszene. „Wir wollten natürlich wachsen, aber die Suche nach passenden Investoren, die unsere Vision unterstützen, war schwieriger als gedacht.“

Fünf Monate nach dem Start, im September, wollten die beiden Gründer ihre App weiterentwickeln, aber die Vorstellungen darüber gingen auseinander: „Es gab zwischen uns massive Differenzen darüber, in welche Richtung die App gehen soll“, sagt Poppenreiter. Auch die geplante Finanzierungsrunde wurde daraufhin abgeblasen.

Mitgründer Florian Hackenberger sitzt im Gespräch neben ihr, die beiden wirken alles andere als zerstritten. Und dennoch wollen sie ihr Startup nicht fortführen. Warum? „Wir konnten uns nicht einigen, zu welchen Konditionen der andere rausgehen soll.“

Deswegen wollen Poppenreiter und Hackenberger nun einen Käufer für ihre App finden. „Wir wollen, dass jemand das Konzept übernimmt, der unseren ethischen Ansatz unterstützt“, sagt Hackenberger. „Wir glauben beide, dass das Produkt einen Platz am Markt hat“. Die ersten Gespräche seien bereits gelaufen, Namen möchte beide allerdings nicht nennen.

Die Gründer sind optimistisch, dass sich bald ein geeigneter Käufer finden wird. „Wir haben so viele positive Reaktionen und Presseberichte bekommen – das hat vor uns niemand in dieser kurzen Zeit geschafft“, sagt Poppenreiter.

Aber hat Peppr nicht vor allem dank Poppenreiter so viel Aufmerksamkeit bekommen? Schließlich war sie bislang so etwas wie die Botschafterin der Idee. „Klar, habe ich als Gründerin eine Rolle gespielt. Ich heiße Pia Poppenreiter, habe schwerpunktmäßig Wirtschaftsethik studiert, um dann ein Sex-Tech-Unternehmen zu gründen. Die Leute interessieren sich für meine Meinung zum Thema Sexarbeit, selbst meine Freundinnen wollten phasenweise mit mir nur noch über Peppr sprechen. Aber ich denke, dass Peppr auch ohne mich erfolgreich sein kann.“

Seit eigenen Wochen arbeiten die beiden Gründer schon an neuen Projekten: Hackenberger sucht aktuell nach Lizenznehmern im Ausland und bastelt an Postfreunde, einer App, die Paket-Empfänger mit ihren Nachbarn zusammenführt.

Und auch Poppenreiter zieht gerade ein neues Startup hoch: „Es geht wieder um Sex. Mehr kann ich noch nicht verraten.“

Bild: Hannah Loeffler / Gründerszene