Innerhalb kürzester Zeit sammelte das virtuelle Pin Board Pinterest zehn Millionen Nutzer und legte damit einen schnelleren Start als Twitter oder Facebook hin. Allerdings war die Zahl der aktiven Nutzer in den vergangenen Wochen und Monaten wieder rückläufig. Mit frischem Kapital und neuen Partnerschaften wandelt sich die Social-Sharing-Community nun immer mehr zur E-Commerce-Plattform.

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Finanzierungsrunde bringt 100 Millionen für Pinterest

Unter der Führung des japanischen E-Commerce-Giganten Rakuten (www.rakuten.com) hat die virtuelle Pinboard-Plattform Pinterest (www.pinterest.com) gerade eine Finanzierungsrunde in Höhe von 100 Millionen US-Dollar abgeschlossen. Damit wird der Wert des kalifornischen Unternehmens auf stattliche 1,5 Milliarden US-Dollar geschätzt. Genutzt werden sollen die neuen Mittel zur internationalen Expansion – und auch dazu, das Geschäftsmodell der Social-Sharing-Plattform zu erweitern.

Insbesondere in Japan, wo Pinterest gute Wachstumszahlen zu vermelden hatte und wo Rakuten sich gut auskennt, sollen die nächsten Wachstumsschritte erfolgen. In dem Markt besitzen laut Unternehmensangaben rund 75 Prozent der Internetnutzer eine Rakuten-ID – rund 80 Millionen Menschen insgesamt. Der Clou: Wie auch bei der Apple- oder Amazon ID ist das Login des japanischen Anbieters mit Zahlungsinformationen verknüpft. Auf deren Basis soll ein einfacher Kauf der gepinnten Produkte möglich gemacht werden.

Ist Pinterest auf dem Weg zur E-Commerce-Plattform?

Damit würde sich Pinterest für den E-Commerce-Riesen, der in Europa insbesondere durch die Übernahme des britischen Online-Retailers Play.com (www.play.com) auf sich aufmerksam gemacht hat und in Deutschland nach der Übernahme von Tradoria, das Anfang des Jahres in Rakuten Deutschland umbenannt wurde, präsent ist, könnte sich das Pin Board zu einem signifikanten Absatzkanal entwickeln. Denn im wesentlichen handelt es sich bei den virtuellen Notizen um Kaufempfehlungen. Diese gilt es nun zu systematisieren.

Als weiterer recht namhafter Anbieter – besser: Vermittler – hat sich bereits die Bastler-Plattform Etsy bereits an das virtuelle Pin Board geheftet, seit Anfang des Jahres arbeitet man mit Pinterest zusammen. Ein eigener Pin-Knopf erlaubt es den Nutzern beider Plattformen, selbstgemachte Artikel schneller und einfacher auf die virtuelle Pinwand zu bringen. Erst kürzlich hat sich auch der US-amerikanische Design-Laden Fab an einer ähnlichen Zusammenarbeit interessiert gezeigt.

Starker Rückgang der aktiven Pin-Board-Nutzer

Allerdings hat Pinterest auch mit erheblicher Kritik zu kämpfen. Insbesondere der laxe Umgang mit Urherberrechten bei Bildern machen dem elektronischen Pinboard dabei Probleme: Selten nur werden diese von den Nutzern beachtet und Pinterest hat bislang wenig bis nichts dagegen getan. Die Fotos stammen nämlich nur selten von der eigenen SD-Karte, sondern werden von Blogs, Homepages oder Onlineshops übernommen – in der Regel ohne Quellenangabe. Zwar ist das Problem mit der Urheberschaft im Internet nicht neu. Viel stärker als etwa bei dem textbasierten Twitter fällt es aber bei Bilder-orientierten Pinterest ins Gewicht.

Zuletzt sind die Nutzerzahlen von Pinterest stark zurück gegangen. Nach einer Analyse von Appdata ist die Zahl der monatlich aktiven Nutzer des Pin-Boards seit Anfang März von 11,3 Millionen auf 8,3 Millionen per Ende April zurück gegangen. Gleichzeitig soll auch die Verweildauer stagnieren. Zwar verzeichnet der Traffic-Zähler nur die über Facebook angebundenen Nutzer. Allerdings dürften diese wohl das Gros der Pinterest-Klientel ausmachen.

Strategieschwenk oder Kalkül?

Der Rückgang von Nutzerzahl und Verweildauer lässt vermuten, dass die anfängliche Euphorie um den neuesten Trend, der vor allem von weiblichen Nutzern getrieben war, allmählich abschwächt. Ähnliches darf wohl auch als Grund vermutet werden, warum die deutsche Startup-Schmiede Rocket Internet (www.rocket-internet.de) der umtriebigen Samwer-Brüder ihren Pinterest-Klon Pinspire womöglich sogar ganz abschalten will. Mit LikedBy wagt sich derweil ein weiteres Startup an das Modell des virtuellen Pin Boards. Die Grundidee der Plattformen ist gleich: Statt langer Texte soll ein einfaches Bild die sprichwörtlichen tausend Worte sprechen – und so gleichzeitig die Hemmschwelle zur Nutzung heruntergesetzt werden.

Dass Pinterest selbst nun den Schwenk vom Community-Portal zur Sales-Plattform sucht, könnte dem virtuellen Pin Board also eine neue Existenzberechtigung geben. Allerdings liegt auch die Vermutung nahe, dass dies von Beginn an Ziel der Macher war. Anders dürfte sich eine solche Plattform auch kaum monetarisieren lassen – zumindest bietet der neue Weg erheblich bessere Möglichkeiten als eine reine Affiliate-Strategie. Ob die Zusammenarbeit mit E-Commerce-Anbietern wie Rakuten oder Etsy und die neuen finanziellen Mittel reichen werden, um den Nutzerschwund aufzuhalten und wieder mehr Interesse für die Plattform zu generieren?

Bildmaterial: Pinterest