smart ready to drop.

Servicetechniker für Maschinen auf Baustellen, für medizinische Geräte in Krankenhäusern oder anderswo in der Industrie kennen den Lieferservice schon seit vielen Jahren. Über Nacht bekommen sie von Logistikfirmen wie Night Star Express wichtige Ersatzteile geliefert, und zwar direkt in den Kofferraum ihrer Servicefahrzeuge hinein. Abgeliefert wird bis spätestens morgens um sieben Uhr, vor ihrem Arbeitsbeginn haben sie das kritische Teil für die Reparatur schon im Firmenwagen liegen.

Ganz so eilig sind private Sendungen vom Online-Händler meist nicht, dennoch wird ein ähnlicher Service nun auch für Privatkunden möglich. Zu diesem Zweck hat sich die Deutsche Post mit dem Autohersteller Smart verbündet. Ab Herbst dieses Jahres können Fahrer des Kleinwagens ihr Gefährt als Lieferadresse für Paketzustellungen nutzen. Dann wird in Stuttgart ein erster Test anlaufen, später folgen Köln, Bonn und Berlin.

Wer als Smart-Fahrer an diesem „Beta-Test“ teilnimmt, dem verspricht der Autobauer die Übernahme der Nachrüstung des Fahrzeugs mit einer sogenannten Connectivity Box beim Händler. Später soll es Sondermodelle geben, die diese Ausrüstung bereits besitzen.

Smart-Fahrer und DHL-Paketboten nutzen spezielle Apps

Und so funktioniert es: Der Fahrer des Smart wie auch der DHL-Paketbote nutzen dafür eingerichtete Apps auf ihren Smartphones oder Zustellgeräten. Beim Online-Bestellen gibt der Paketkunde eine einmalig gültige Transaktionsnummer als Empfängeradresse ein. Allerdings muss sein Fahrzeug für die Paketzustellung auch in der Nähe der Heimatadresse geparkt sein.

Der Zusteller erhält den Wunschort per App und kann in einem festgelegten Zeitraum mit einem ebenalls zeitlich begrenzten Zugangscode den Kofferraum des Fahrzeugs öffnen. Auch das Mitnehmen von Retouren ist möglich. Ist die Kofferraumklappe wieder geschlossen, erlischt das Zugangsrecht.

Jetzt wird nur noch der Smart-Fahrer per SMS oder E-Mail informiert, dass sein Online-Paket im Wagen wartet. Zu den Kosten gibt es keine klaren Aussagen: DHL werde keine zusätzlichen Gebühren für den Service verlangen, sagte eine Sprecherin des Unternehmens. Somit werden die Zustellkosten davon abhängen, was der jeweilige Online-Versender dafür berechnet.

Für die Post ist die Zusammenarbeit mit einem Autohersteller nichts Neues. So testet die Pakettochter DHL in München zusammen mit dem Autobauer Audi die Auslieferung von Bestellungen in den Kofferraum hinein. Ob und wann dieses Modell gemeinsam mit Audi auf andere Städte oder gar bundesweit ausgeweitet werden soll, ist noch das Geheimnis der Postmanager.

Online-Händler setzen Paketdienste unter Druck

Hintergrund solcher Neuheiten ist der Druck, unter dem alle Paketdienste von DHL über Hermes bis zu DPD in Deutschland stehen. Ausgelöst wird er zum einen vom Boom der Online-Bestellungen, der jedes Jahr in zweistelligen Prozentzahlen mehr Pakete auf den Weg schickt.

Zum anderen sorgt Amazon als größtes Online-Kaufhaus der Welt dafür, dass sich die klassischen Paketzusteller etwas einfallen lassen müssen. Denn Amazon verspricht seinen Kunden eine immer raschere Belieferung – und übernimmt sie in vielen Städten selbst.

In Berlin etwa organisiert der Online-Händler für einen Teil der Online-Angebote eine eigene Zustellung binnen 120 Minuten nach der Bestellung. Amazon macht zudem fast monatlich neue Sortieranlagen in den Städten auf und übernimmt die Organisation der Paketzustellung selbst.

In Großbritannien hat der US-Konzern bereits der früheren Staatspost Royal Mail massiv Paketgeschäft weggenommen und bringt zwei Drittel der Bestellungen selbst an die britischen Haustüren. Der Trend ist klar: Nationale Postgesellschaften oder große Paketdienste werden von Amazon möglicherweise irgendwann nur noch für die flächendeckende Zustellung in kleinen Städten und auf dem Land genutzt.

All das setzt etablierte Paketdienste unter Zugzwang, sich selbst neue Wege auszudenken, wie ihre Kunden möglichst komfortabel an die Waren kommen können. Der Kofferraum dürfte nicht die letzte Idee bleiben.

Dieser Artikel ist zuerst auf Welt.de erschienen.

Bild: Deutsche Post