Psychologio-Mitgründerin Anabel Ternès

Auf den Beginn einer Psychotherapie müssen deutsche Kassenpatienten ab der ersten Terminanfrage im Schnitt sechs Monate warten. Eine möglicherweise gefährlich lange Zeit für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Psychologio will Patienten innerhalb von nur wenigen Wochen auf die Therapiecouch bringen. Betroffene können auf der Plattform nach Psychotherapeuten in ihrer Umgebung suchen und – ebenfalls online – Termine anfragen. Etwa drei Wochen haben die Praxen Zeit, auf die Anfragen zu reagieren.

Wer keinen Termin bei einem Therapeuten in seiner Nähe bekommt, kann sich alternativ an Fachleute ohne Kassenzulassung wenden. Denn: Laut Sozialgesetzbuch dürfen Betroffene, die in überlaufenen Kassenpraxen nicht rechtzeitig Hilfe bekommen, Privattherapeuten aufsuchen. „Rechtzeitig“ bedeutet innerhalb von drei Monaten. Die jeweilige Krankenkasse muss die Behandlungskosten dann erstatten. In den Accounts der Psychologio-Nutzer wird automatisch ein Protokoll über die vergeblichen Kontaktaufnahmen erstellt. Dieser Nachweis muss bei der Krankenkasse eingereicht werden, um die Kostenerstattung zu beantragen. Stimmt die zu, kann sich der Betroffene dann zur Behandlung in eine Privatpraxis begeben. Auch sie sind bei Psychologio gelistet.

Anabel Ternès, Diplom-Pädagogin mit einer Promotion in Psycholinguistik, gründete Psychologio 2016 gemeinsam mit Julian Maar. Beide leiten nicht nur die dahinterstehende HealthMedo GmbH, sondern auch das Crowd-Logistik-Startup CoCarrier.

Sowohl für Patienten als auch für Therapeuten ist die Nutzung der Plattform in einer Basisversion kostenlos. Geld verdient Psychologio durch den Verkauf kostenpflichtiger Zusatzpakete an Privattherapeuten, wie beispielsweise eine größere Profilseite. Dies wirke sich zwar positiv auf die Sichtbarkeit in Suchmaschinen aus, so Gründerin Ternès gegenüber Gründerszene, nicht aber auf das Ranking innerhalb von Psychologio, wo die Praxen unabhängig aufträten und nach Distanz aufgelistet würden. 25.000 Psychotherapeuten seien angemeldet, sagt Ternès, seit dem Start von Psychologio im Oktober 2016 habe man 3.000 Termine vermittelt.

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Unter dem Namen Kursis bietet Psychologio außerdem einen Online-Therapie-Kurs gegen Depressionen an. Online-Kurse für psychisch Erkrankte gibt es zum Beispiel auch von Selfapy, das im vergangenen Sommer eine Millionenfinanzierung erhielt. Moodpath will die Symptome von Depressionen erkennen, die Arya-App versucht, ihre Nutzer zu positiven Alltagserlebnissen zu bewegen. Nicht immer sind Psychologie-Firmen mit ihren Konzepten erfolgreich. So meldete das Anti-Depressions-Startup Humly im Herbst 2016 Insolvenz an. Kurz darauf wurde das Projekt eingestellt.

Bild: Psychologio