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Die Qualifiction-Gründer Ralf Winkler und Gesa Schöning auf der Frankfurter Buchmesse

Drei Millionen Manuskripte gehen laut dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels jährlich bei deutschen Verlagen ein. Viel zu viele, als dass Lektoren sie ernsthaft alle sichten könnten, unzählige Texte werden ungelesen zurückgeschickt. Auch solche, die es vielleicht zum Bestseller gebracht hätten.

Das Hamburger Startup Qualifiction will dieses Problem lösen – mit einer Software namens „Bestseller-DNA“. Die von Gesa Schöning und Ralf Winkler entwickelten Algorithmen sollen Texte analysieren und herausfinden können, mit welcher Wahrscheinlichkeit diese auf der Liste der meistverkauften Bücher landen könnten. „So wollen wir den Verlagen ein Tool an die Hand geben, um all die Texte, die unaufgefordert eingereicht werden, besser zu filtern, die sonst vermutlich ungelesen bleiben würden“, sagt Schöning.

Noch befindet sich das Produkt in der Entwicklung, am Ende soll es aber die Thematik, Personenkonstellationen, Spannungsbögen und den Stil eines Werks analysieren und mit bereits erfolgreichen Büchern vergleichen können. Qualifiction setzt dabei auf maschinelles Lernen: Die Software wird mit Tausenden bereits erschienenen Bestsellern und Nichtbestsellern gefüttert, um in ihnen Muster zu erkennen, die einen Bucherfolg ausmachen sollen. „Es geht um Dinge, die man als menschlicher Leser nicht unbedingt bemerkt“, erklärt Schöning. „Man hat ein Gefühl dafür: Gefällt mir der Stil? Interessiert mich das Thema grundsätzlich? Aber wie viele kleine Bausteine dabei im Hintergrund eine Rolle spielen, das erfährt man nicht.“

„Wir wollen den Verlagen die Angst nehmen“

Eine Maschine, die Literatur beurteilt – bleibt da nicht die Kreativität auf der Strecke? Nein, sagt Schöning, im Gegenteil: „Lektoren sollten sich auf Werke konzentrieren können, die ihre Aufmerksamkeit tatsächlich verdienen.“ Dabei könnten neue Talente entdeckt werden, die den überforderten Verlagsmitarbeitern sonst durchrutschen würden, ohne die Chancen auf hohe Verkaufszahlen außer Acht zu lassen. „Wir wollen den Verlagen die Angst nehmen, auch mal etwas Ungewöhnliches herauszubringen, indem wir ihnen verdeutlichen, dass die Komponenten für den wirtschaftlichen Erfolg trotzdem passen“, fasst die Gründerin zusammen.

Schöning ist studierte Kultur- und Medienwissenschaftlerin und war Geschäftsführerin des Hamburger Startups Embella. Winkler hat unter anderem in der Datenanalyse für Zalando gearbeitet. Ihr Startup haben die beiden im Sommer 2017 gegründet und sind die einzigen Mitarbeiter, finanziell werden sie bislang vom Exist-Gründerfonds des Bundeswirtschaftsministerium unterstützt.

Die Reaktionen aus der Verlagsbranche auf Qualifiction, etwa zuletzt auf der Frankfurter Buchmesse, seien überwiegend positiv, sagt Schöning. Solange man das Produkt ausreichend erkläre: „Wenn man bisher nichts mit Data Science zu tun hatte, kann das erst einmal gruselig sein – ist es aber gar nicht.“

Bild: Qualifiction