Zahlen sagen manchmal mehr als tausend Worte: Quantifiziert! ist die neue Kolumne bei Gründerszene, die von nun an regelmäßig in Kooperation mit dem Statistik-Portal Statista (de.statista.com) erscheint. Auf der Grundlage aktueller Marktstudien und Statistiken gibt sie einen Ausblick auf Trends und Entwicklungen. Thema zum Start: Frauen in Führungspositionen? Fehlanzeige!

Frauenquote in Chefpositionen erschreckend gering

Wie es hierzulande um die Frauenquote in Großkonzernen und Startups bestellt ist, ist nicht erst seit dem viel diskutierten Beitrag über Gründerinnnen von Janka Schmeißer auf Gründerszene bekannt. Dabei ist es seit Jahren ein erklärtes Ziel der Bundesregierung, maßgeblich mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Zuletzt kündigte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen an, noch in dieser Legislaturperiode eine Frauenquote auf den Weg bringen zu wollen.

Hält man sich die nackten Zahlen aber mal vor Augen, so zeigt sich, dass die Quote noch schlechter ist, als man vielleicht angenommen hätte: Im Jahr 2010 arbeiteten 877 Männer in den Vorstandsetagen der 200 größten deutschen Unternehmen, aber nur 29 Frauen. Das entspricht einem erschreckend geringen Frauenanteil von 3,2 Prozent an den Vorstandssitzen.

Grund genug einen Blick auf das Geschlechterverhältnis im Top-Management deutscher Unternehmen zu werfen und sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob das, was für große Unternehmen gilt, auch auf kleine Unternehmen und Startups zutrifft.

Je größer desto männlicher = je kleiner desto weiblicher?

Je größer das Unternehmen, desto geringer ist der Anteil weiblichen Spitzenpersonals. In den 100 größten deutschen Unternehmen sinkt die Quote sogar um einen weiteren Prozentpunkt auf 2,2 Prozent. Eine klare Sache: Männerdominanz pur.

Abhängig von dem jeweiligen Untersuchungsdesign und der Grundgesamtheit gehen die Zahlen etwas auseinander. Aber auch die Untersuchungen des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW) zum Top-Management deutscher Unternehmen sehen nur wenig besser aus: Laut dem DIW sind in Großunternehmen lediglich 6,6 Prozent der Positionen weiblich besetzt, in mittelständischen Unternehmen sind es 11,1 Prozent. Den höchsten Frauenanteil beim Spitzenpersonal haben kleine Unternehmen mit einem Anteil von 12,9 Prozent.

Nach der weiter gefassten Definition des Statistischen Bundesamts waren 2010 rund 28 Prozent der Führungskräfte weiblichen Geschlechts. In Betrieben mit weniger als 50 Mitarbeitern steigt die Quote auf geschlagene 35 Prozent. Sowohl die Daten vom DIW als auch die Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen, dass kleine Unternehmen mehr weibliches Führungspersonal beschäftigen. Entsprechend scheint es plausibel, einen höheren Frauenanteil bei Neugründungen und Startups zu vermuten, als bei großen Unternehmen oder in der Gesamtwirtschaft.

Frauen gründen weniger als Männer

Da der Chefsessel in einem Startup oft mit dem Gründer beziehungsweise der Gründerin selbst besetzt ist, ist in diesem Zusammenhang auch die Gründungsfrequenz von Frauen interessant. Gründen Frauen wirklich weniger? Tatsächlich lag der Gründerinnenanteil in den vergangenen Jahren laut KfW-Gründungsmonitor stabil zwischen 37 und 42 Prozent. 347.000 Frauen wagten 2010 branchenübergreifend den Schritt in die Selbstständigkeit, wobei die Mehrheit der Neugründungen von Frauen als Nebenerwerbstätigkeit deklariert wird. Unter den Gründern, die Ihre Selbstständigkeit als Vollerwerb begonnen haben, lag der Frauenanteil nur noch bei 22 Prozent.

Ursache hierfür ist eines der größten – und wahrscheinlich meist diskutierten – Karrierehemmnisse für Frauen: Kinder und Karriere lassen sich nach wie vor nur schwer vereinbaren. Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) aus dem vergangenen Jahr stellt hierzu fest: „Die Ausfallzeiten von Frauen während der Familienbildungsphase überschneiden sich zeitlich oft mit der wichtigen Phase der Karrierebildung. Dies wirkt sich nachteilig auf den Karrierestart aus, aber auch auf die spätere Karriere von Frauen.“ Frauengründungen bieten oft „persönliche Dienstleistungen“ an, die eine flexiblere Arbeitszeit erlauben. Der Bereich persönlicher Dienstleistungen ist laut KfW-Research „eher wenig kapitalintensiv und umfasst zum Beispiel die Branchen Bildung, Gesundheitswesen oder den Unterhaltungssektor.“

Männer hingegen gründen vor allem Unternehmen mit dem Schwerpunkt „wirtschaftliche Dienstleistungen“, die in der Regel höhere Investitionen verlangen. Ein weiterer Unterschied von männlichen und weiblichen Gründern ist die Lebensdauer der neuen Unternehmen. 36 Monate nach Gründung sind noch 74 Prozent der von Männern geführten Unternehmen aktiv, bei den Frauen sind es nur 64 Prozent. Ursache hierfür ist laut KfW-Research, dass Frauen häufiger kleinere Projekte gründen. Nicht nachweisbar ist jedoch, inwieweit das Geschlecht des Unternehmensgründers den zukünftigen Geschäftserfolg beeinflusst.

Ultima Ratio Frauenquote?

Die Daten der KfW deuten nicht darauf hin, dass sich in den kommenden Jahren etwas am Geschlechterverhältnis in deutschen Chefetagen ändern wird. Indizien hierfür sind unter Anderem der stagnierende Anteil der weiblichen Gründungen und die vergleichsweise geringe Zahl von voll erwerbstätigen Chefinnen. Die Entwicklung der vergangenen Jahre in Deutschland hat gezeigt, dass Appelle der Politik und freiwillige Selbstverpflichtungen kaum Ergebnisse bringen.

Eine gesetzliche Regelung der Frauenquote scheint daher unausweichlich. Noch lehnt die Bundeskanzlerin ein entsprechendes Gesetz zwar strikt ab, in Stein gemeißelt ist die Haltung Merkels indes wohl nicht. Ultimativ forderte sie die Unternehmen im Februar auf, die Situation der Frauen zu verbessern. „Seien Sie kreativ, sonst werden wir kreativ sein“, so die Kanzlerin. In diesem Sinne: Be creative, Startup-Boys and Startup-Girls.

Mehr Statistiken und Umfrageergebnisse zu Frauen in Führungspositionen und anderen spannenden Themen gibt es auf Statista.com.