Rockets Management-Team um Oliver Samwer (mitte) beim Börsengang

Erst kürzlich sagte Oliver Samwer auf der Bühne der TechCrunch-Disrupt: Für viele Akteure an der Börse sei es schwer, das komplexe Gebilde von Rocket Internet zu verstehen. Denn der Börsenkurs der Internetschmiede dümpelt gerade bei etwa 28 Euro, weiterhin mehr als 30 Prozent unter dem Ausgabepreis. Nach der Bekanntgabe der Zahlen aus den ersten neun Monaten gab der Kurs wieder etwas nach. Die verkündeten Ergebnisse der sogenannten Proven Winners des Unternehmens zeigen dabei ein verlangsamtes Wachstum.

Nach den ersten neun Monaten betrug das Wachstum von Rockets Hoffnungsträgern 120 Prozent, wie das Unternehmen mitteilte. Bei der Bekanntgabe der Halbjahreszahlen wuchsen diese Portfoliounternehmen noch um 142 Prozent.

Beim Umsatz vermelden die Rocket-Ventures weiterhin Wachstum – und häufen Verluste an. Einer dieser Proven Winner ist das Berliner Home24: Zwar weist der Möbelshop für die ersten neun Monate einen deutlich angestiegenen Nettoumsatz aus, nach 105,5 Millionen Euro von Januar bis September 2014 standen im gleichen Zeitraum des laufenden Jahres 172,3 Millionen Euro zu Buche. Das entspricht einem Wachstum von 63,4 Prozent. Allerdings ist der operative Verlust gleichzeitig noch deutlicher angestiegen. Dieser erhöhte sich von 34,0 auf 60,5 Millionen Euro – und lag damit um rund 78 Prozent über dem Vorjahresniveau.

Wie sehr Home24 im vergangenen Jahr auf aggressives Wachstum gesetzt hat, wird auch an einer anderen Kennzahl klar. So stiegen die Investitionsausgaben – Zukäufe von Betriebsstätten und Ausstattung sowie immateriellen Vermögenswerten – in den ersten drei Quartalen auf 12,0 Millionen Euro an, was 7 Prozent des Nettoumsatzes entspricht. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum standen hier 3,1 Millionen Euro zu Buche, was 2,9 Prozent des Nettoumsatzes entsprach. Hintergrund dürfte unter anderem der Aufbau eines neuen Logistikzentrums in Niedersachsen gewesen sein. Vor Kurzem erst hatte Home24 die Übernahme des Designmöbelladens Fashion For Home angekündigt und zuvor 120 Millionen Euro an frischem Kapital aufgenommen.

Beim anderen Möbel-Startup aus der Rocket-Welt zeigt sich eine ähnliche Dynamik: Der Nettoumsatz von Westwing ist um 27,2 Prozent auf 154,1 Millionen Euro in den ersten drei Quartalen gestiegen. Gleichzeitig erhöhte sich der operative Verlust auf von 44,2 auf 51,7 Millionen Euro.

Jabong bleibt das Sorgenkind

In der Global Fashion Group verzeichnen die einzelnen Unternehmen ein gutes Wachstum – doch ein Sorgenkind ist weiter dabei: das indische Jabong. In der Vergangenheit hatte es bereits Gerüchte gegeben, dass Rocket einen Käufer für den Zalando-Klon sucht. Und das Startup kämpft mit großen Verlusten: 3,49 Milliarden Rupien (umgerechnet etwa 48 Millionen Euro) verzeichnet das Unternehmen in den ersten drei Quartalen. Schon in dem Vorjahreszeitraum war der Verlust ähnlich hoch gewesen. Dabei ist der Nettoumsatz vergleichsweise schwach gewachsen, und zwar um 19,7 Prozent auf umgerechnet 89 Millionen Euro. Jabong kämpft in Indien gegen eine starke Konkurrenz. Seit Dezember hat das Startup auch einen neuen CEO, Sanjeev Mohant – der ehemalige indische Benetton-Chef.

Zum Vergleich: Andere Unternehmen der Fashion Group vermelden weitaus bessere Wachstumszahlen: Namshi – für den arabischen Markt – hat seinen Netto-Umsatz in den ersten neun Monaten um 175,9 Prozent gesteigert. Auch Lazadas Umsatz in Südostasien stieg um 225 Prozent im Vorjahresvergleich.

Die Zahlen des deutschen Kochboxen-Lieferdienst HelloFresh zeigen ein ähnliches massives Wachstum. Demnach ist der Umsatz des Unternehmens in den ersten neun Monaten 2015 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 384 Prozent gewachsen – auf fast 200 Millionen Euro. Diese Ergebnisse hatte das Unternehmen vor dem geplanten IPO von HelloFresh bereits verkündet. Der Gang auf das Parkett war dann allerdings wieder abgesagt worden, dem Vernehmen nach wegen Streitigkeiten zwischen Rocket-Internet-Chef Oliver Samwer und dem Mitgesellschafter Kinnevik.

Der Wert des „Proven Winners“-Firmenportfolios stagnierte in den ersten neun Monaten 2015 gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum nahezu bei 6,1 Milliarden Euro, wie das Unternehmen bekannt gab. Vom Rocket-Börsengang im Oktober des vergangenen Jahres bis zum Juni war der Wert der Startups um mehr als drei Milliarden Euro in die Höhe gegangen.

Mitarbeit: Alex Hofmann; Bild: Rocket Internet