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Das Roller-Startup Emio nannte sich in Emmy um

Ein Beitrag von Matthias Waldt, Branding-Spezialist und Grafikdesigner bei der Designagentur ACB.

Kein Unternehmen ändert leichtfertig seinen Namen, denn der zeitliche und finanzielle Aufwand sind hoch. Das gilt für etablierte Marken genauso wie für Startups, die erst seit Kurzem auf dem Markt sind. 

Eine Umbenennung kann aus vielen Gründen notwendig werden. Zum Beispiel: Der Name, der bei der Firmengründung an die angebotenen Produkte oder Services angelehnt wurde, passt nicht mehr zum erweiterten Portfolio.

Oder: Ein Unternehmen will eins mit seinem Hauptprodukt werden, so wie bei Bitstars, das sich nun Holobuilder nennt. Abgesehen von diesen eher freiwilligen Gründen können auch rechtliche Aspekte einen neuen Namen nötig machen. Dem E-Roller-Sharing-Anbieter Emio ging es so: Er heißt nun Emmy. Zuletzt hatte auch das Fintech-Startup Bezahlt.de von Seriengründer Sebastian Diemer seine Umbenennung in Finiata bekanntgegeben, um die Internationalisierung besser voranzutreiben zu können.

Wie geht Rebranding?

Je mehr die Zielgruppe an der Marke hängt, desto behutsamer sollte das Rebranding vorgenommen werden. Will man alles ändern – oder weiter auf Bewährtem aufbauen? Liegt ein grundlegender Fehler beim aktuellen Branding vor, kann ein Gründer ruhig mutiger vorgehen und den Namen und das komplette Auftreten neu konzipieren.

Zu Zeiten von „Raider ist jetzt Twix, sonst ändert sich nix“ war eine Unternehmens-Umtaufe mit ein paar Werbespots fast erledigt. Heute gibt es das Internet mit seinen Social-Media-Kanälen, Backlinks und Followern, die man unter keinen Umständen verlieren will. Das erfordert eine Strategie. 

1. Analyse des Status quo und Zieldefinition

Die genaue Analyse des Ist-Zustands und der Veränderung, die der neue Name widerspiegeln soll, sollte der erste Schritt sein. Umfragen im Team und bei den Kunden nach der Wahrnehmung der derzeitigen Marke sind hilfreich, denn auf diesem Status quo muss man aufbauen. Hierbei sollte man sich folgende Fragen stellen:

  • Was läuft momentan schief? Gibt es Hürden/Kritikpunkte, die überwunden werden sollen? Welche Herausforderungen sollen gemeistert werden?
  • Welches unternehmerische Ziel steht hinter dem Rebranding? Wie haben sich die Werte und die Kultur geändert und wo will das Unternehmen hin?
  • Soll die bestehende Zielgruppe aufgegeben oder erweitert werden? Wer ist die neue Zielgruppe?
  • Welche Geschichte erzählt die Marke derzeit und welche soll sie zukünftig erzählen?
  • Ist es zwingend notwendig, den Namen zu ändern? Oder reichen bereits andere, weniger umfangreiche Rebranding-Maßnahmen (zum Beispiel nur das Logo)?
  • Welche konkreten Ziele sollen erreicht werden und wie lassen sich die Erfolge messen?
  • In welchem Zeitrahmen soll der Rebranding-Prozess stattfinden und was sind Meilensteine? Wie soll das Rebranding umgesetzt werden, in einem Schritt oder stufenweise und begleitet von einer Story? Wie werden die Reaktion eingeschätzt? An welchen Punkten könnte es möglicherweise Probleme geben?

2. Neuen Namen finden und testen

Der Name soll nicht nur das Produkt repräsentieren, sondern auch die Unternehmenskultur. Griffig soll er sein, leicht auszusprechen und vom Hören fehlerfrei in Schrift zu übertragen. Er soll zudem keine diskriminierende Bedeutung in einer anderen Sprache haben und natürlich sollen alle Domains, Facebook-Namen und Twitter-Kürzel noch frei sein. Diese Punkte zu klären ist meist entscheidender und zeitaufwendiger, als den neuen Namen anschließend visuell in ein Logo zu übersetzen. 

Nicht nur die Mitarbeiter, auch die Zielgruppe können bei der Namensfindung einbezogen werden. Studien, Befragungen und Abstimmungen zu einer Auswahl an neuen Namen können Aufschluss geben, wie der neue Name intern und bei der Zielgruppe aufgenommen wird.

3. Einführung des neuen Namens

Eine gute Kommunikationsstrategie beginnt schon vor dem Launch, informiert die Zielgruppe von den Rebranding-Plänen und erklärt, welche Geschichte hinter der Namensänderung steht. Unter Umständen kann es sinnvoll sein, beim Rebranding Schritt für Schritt vorzugehen, und hierbei immer die User und ihre Reaktionen einzubeziehen.

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Meist geht ein neuer Name auch mit einer neuen Webadresse einher. Hierbei ist es wichtig, Suchmaschinen-Optimierung im Blick zu behalten. Besonders wichtig sind Redirects, sodass die alten URLs nicht ins Leere gehen. Auch sollte man sich rechtzeitig informieren, welche Maßnahmen für die Änderungen des Profil-Namens bei den für das Startup relevanten Social-Media-Kanälen durchgeführt werden müssen.

Ist der neue Name gelauncht, gilt es, die Änderung publik zu machen, damit der neue Name möglichst schnell von der Zielgruppe angenommen wird und die Markenbekanntheit gestärkt wird. Nun kann auch eine komplette Auswertung vorgenommen werden.

Erheblicher Aufwand, erhebliche Kosten

Sich ein Rebranding leisten zu können, hängt nicht nur von den konkreten Kosten für beispielsweise neue Materialien, Marketingmaßnahmen, Web-Agenturen und Designer ab. Die Umbenennung ist als Prozess zu verstehen, der nicht von heute auf morgen zu erledigen ist – und er frisst oft erhebliche (Personal-)Ressourcen.

Neben der Erfassung aller kostenverursachenden Punkte ist es wichtig, frühzeitig festzulegen, wer was wann macht und zu schätzen, wie lange die jeweilige Aufgabe dauert und wieviel sie kostet (also auch die Opportunitätskosten).

Ein Rebranding kann ein radikaler Prozess sein, der mit allem bricht, für das die Marke bisher stand. Ein kompletter Neustart. Wer sich hierfür entscheidet, sollte mit einer fundamental neuen Marken-DNA starten. Das heißt unter Umständen auch, dass das Businessmodell hinterfragt und eine komplette neue Firmen- und Markenkultur aufgebaut wird. Wer diesen Schritt geht, sollte sich sicher sein, dass das Rebranding ganz konkret formulierte und messbare Ziele verfolgt, die alte Markengeschichte nicht mehr glaubwürdig ist und das Rebranding das Unternehmen in eine signifikant bessere Position als zuvor transportiert.

Die richtige Kommunikationsstrategie für ein Rebranding hängt von vielen Faktoren ab – wie der Größe des Unternehmens, Branche und Stabilität des Marktes. Wichtig ist in jedem Fall, dass man seinen Kunden möglichst offen erklärt, wieso das Rebranding überhaupt angegangen wurde, was es zu erwarten gilt und welche Vorteile es für die einzelnen Zielgruppen bietet.

Der Zeitpunkt ist wichtig

Generell ist Ehrlichkeit ist bei der Markenkommunikation von höchster Bedeutung. Die Marke muss die Unternehmenskultur widerspiegeln. Wenn die Marke diese nicht (mehr) akkurat wiedergeben kann, muss es dementsprechend ein Ziel des Rebrandings sein, zukünftig den Markenkern besser zu kommunizieren, der wahren Firmenkultur gerecht zu werden und dies auch nach Außen hin zu vertreten.

Eine aufgesetzte Marke wird auf Dauer kaum funktionieren und ist extrem riskant, da bei einer Enthüllung das Image immensen Schaden nehmen kann. Man denke nur an die „grünere“ Version von British Petrol – „Beyond Petrol“ – die nach der durch British Petrol angerichteten Umweltkatastrophe im mexikanischen Golf alle Glaubwürdigkeit verloren hat.

Wichtig ist auch, den richtigen Zeitpunkt zu finden. Wenn sich die Branche gerade in einer Ausnahmesituation befindet, große Fluktuationen zu erwarten sind oder Flaute angesagt ist, ist es kein guter Zeitpunkt für einen Neustart.

Bild: Bitstars