Wie viel könnten wir verändern, wenn wir zehn Prozent unserer Kapazität für die Verbesserung sozialer oder ökologischer Missstände einsetzten? Diese Frage habe ich im ersten Teil dieser Kolumne ausführlicher beleuchtet, und ich kann es nicht oft genug wiederholen: Es gibt so vieles, das wir positiv verändern können und über das es Spaß macht nachzudenken. Im Folgenden nun sechs weitere beispielhafte Social-Business-Ideen, die mit einem kleinen Einsatz des Einzelnen große Wirkung erzielen. Versteht sie als Inspiration, als Beteiligungsoption oder als Anstoß, selbst etwas auf die Beine zu stellen. Zehn Prozent Eurer Kapazität können aus Sicht der Welt Berge verrücken!

EVOKE Social Business

Hacken für die gute Sache – Random Hack of Kindness

Der Random Hack of Kindness ist ein weltweit an vielen Orten gleichzeitig stattfindender Programmierwettbewerb, der ein ganzes Wochenende dauert. Er verbindet öffentliche Verwaltung, Krisenmanagement-Institutionen, Privatwirtschaft und die Programmierer-Community, um an einem Programmiermarathon (Hackathon) Lösungen für vorher von den Experten aufgestellte Probleme zu entwickeln, die in Krisensituationen anfallen. Die Idee zum Random Hack of Kindness entsprang einer Panel-Diskussion des ersten Crisis Bar Camps in Washington 2009, an der Vertreter von Microsoft, Google und Yahoo teilnahmen.

Die Ergebnisse der letzten fünf Hacks zeigen, dass man mit ein paar klugen Köpfen an einem Wochenende Programme entwickeln kann, die die Welt nachhaltig verändern und Tausende von Menschen existenziell unterstützen. Das Deutsche RHoK Team erreicht man hier: www.rhok.org.

Satellite Sentinel Project – die Welt schaut zu

Wenn George Clooney ein paar Prozent seiner Zeit und Kapazität für ein Projekt einsetzt, hat das natürlich große Wirkung. So hat er nach einer Reise durch den Sudan mit dem Satellite Sentinel Project (www.satsentinel.org) dafür gesorgt, dass die täglichen Verbrechen sichtbar gemacht werden und an die Weltöffentlichkeit kommen. Satelliten wurden zu Paparazzi, ihre Bilder wurden im Internet veröffentlicht. Das Kalkül: Wer unter offensichtlicher Beobachtung steht, verhält sich zurückhaltender.

Es hat gewirkt, zumindest hat sich angeblich 2011 die Lage beruhigt, weshalb auch keine aktuellen Bilder mehr veröffentlicht werden. Die Initiative hat aber mittlerweile weitere Betätigungsfelder gefunden, an denen man sich beteiligen kann.

Repay for good – Kleine Schulden einfach spenden

Eine einfache Idee, die viel Gutes tut. Mit der Unicef-App Repay for Good kann man Freunde und Kollegen einfach und schnell auffordern, die geliehenen Kleinbeträge an Unicef zu spenden. Das Kommt weniger kleinlich sondern durchaus großzügig an und ist für alle Beteiligten mit drei Klick erledigt.

Ideen dieser Art kann die Welt noch viele gebrauchen. Hier gibt es Inspiration.

EVOKE – Spielerisch Probleme lösen

EVOKE ist ein Spiel des Weltbank-Instituts, das die Spieler vor reale soziale Fragen und Herausforderungen stellt. Jeden Mittwoch wird ein Problem in Form einer Comic-Story herausgegeben. Die Geschickten sind konkrete Probleme, mit denen sich die UN beschäftigt.

Als Teilnehmer muss man zunächst ein Helden-Profil anlegen und ein paar Sätze zu seinem Lebenslauf und Fähigkeiten schreiben. Dann gilt es, Lösungsansätze zu entwickeln und sie in der realen Welt im Kleinen anzuwenden und zu testen. Zum Schluss beschreibt man sein Szenario für das Jahr 2020. Alle Beiträge, Fotos, Videos etcetera werden mit Punkten und Superheldenfähigkeiten belohnt. Die Besten bekommen irgendwann den Status des „Weltbank EVOKE Social Innovators“ und können sich für das Funding eigener Projekte bewerben.

Zum Spielen und Inspirieren: www.urgentevoke.com. Auch spannend zu diesem Thema: www.gamesforchange.com (verschiedene Spiele mit einem ähnlichen Ansatz) sowie www.freerice.com (Fragen beantworten und Reis spenden).

Samasource – Arbeit für Benachteiligte

Sama bedeutet auf Sanskrit „Gleichheit“ und die Idee dieses Social-Business ist es zu zeigen, dass benachteiligte Menschen durchaus die gleiche Leistung bringen können wie wir. Bei Samasource werden Jobs, die am Computer durchgeführt werden können, von Benachteiligten in der ganzen Welt erledigt. Das Team von Samasource verteilt die Aufgaben und macht die Qualitätskontrolle. Beispielhafte Aufgaben sind: Recherchen, Dateneingaben, Applikationstest.

Die Bedeutung für benachteiligte Menschen, ihr Geld selbst zu verdienen, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Wer entsprechende Job zu vergeben hat: www.samasource.org.

Der Straßenchor – ein bisschen Friede und Gemeinschaft

Ein Chor, bestehend aus Berliner Obdachlosen, der nicht nur auf der Straße, sondern auch in der Berliner Philharmonie unter großem Applaus auftritt – das kommt heraus, wenn ein engagierter Musiker wie Stefan Schmidt (Konzertpianist) zehn Prozent seiner Kapazität für ein soziales Thema einsetzt. 2009 wurde die Idee zum ersten Mal umgesetzt. Der große Erfolg lässt das Projekt bis heute weiterbestehen, der Straßenchor (www.derstrassenchor.com) trifft sich kontinuierlich und hat regelmäßig Auftritte in Berlin und Umgebung.

Ein ähnlich Projekt ist die Education-Initiative der Berliner Philharmoniker, die mit Schülern aus Problembezirken Musik- und Tanzprojekte einstudiert und zur Aufführung bringt. Der mehrfach ausgezeichnete Film „Rhythm is it!“ dokumentiert eines dieser Projekte sehr schön.

Informationen zum aktuellen Education-Projekt der Berliner Philharmoniker gibt es hier.

Nachtrag

Ich habe natürlich das Rauchen nicht wegen des Spareffekts aufgegeben, sondern wegen der gesundheitlichen Einsicht.

Die meisten von uns verspüren den Wunsch, sich für die Gesellschaft und die Natur zu engagieren ebenfalls eher aus Einsicht oder einem menschlichen Gefühl heraus und nicht aus rationalen oder monetären Gründen. Aber es ist gut, sich ab und zu mal vor Augen zu führen, welche Wirkung die kleinen Entscheidungen und Maßnahmen in der Summe haben. Wir unterschätzen das allzu oft und resignieren allzu früh.

Zehn Prozent unserer Kapazität sind ein paar Stunden pro Woche oder ein Tag im Monat. Nichts, das wirklich zu Buche schlägt. Aber es ist Zeit, in der wir den Kopf frei bekommen, neue Einblicke gewinnen, inspiriert werden, kreativ sein können, etwas für unsere Welt und unsere Gesellschaft tun. Und das macht uns, ebenso wie die Welt, um ein Vielfaches reicher.

Bild: EVOKE

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