Robert Gentz

Zalando-Gründer Robert Gentz gehörte bislang nicht zu den deutschen Gründern, die gerne im Licht der Öffentlichkeit stehen. Zwar nahm er an der Heureka-Konferenz im Mai vergangenen Jahres teil. Aber solche Auftritte waren eher eine Seltenheit. Das hat sich geändert. Seit dem Börsengang beantwortet Gentz etwas freizügiger Fragen zu seinem Konzern. Gerade gab er nun dem Berliner Tagesspiegel ein Interview.

Nicht nur Gentz, auch das Unternehmen scheint sich seit der Gründung 2008 verändert zu haben: Mittlerweile erfolgt mehr als die Hälfte aller Zugriffe über mobile Geräten. Ist das eine Herausforderung für Zalando? Erst mal sei das positiv, erzählt der Gründer. „In unserem Shop haben wir jetzt eine Hochnutzungsphase zwischen acht und neun Uhr, wenn die Leute in der U-Bahn auf dem Weg zur Arbeit sind. Tatsächlich haben Menschen in Europa aber die Dimension der Veränderung, die Mobile bewirkt, noch gar nicht verstanden.“

Nach so vielen Jahren am Markt kennt das Berliner Startup seine Kunden gut: „Südländer mögen Blumenprints in knalligen Farben, in Nordeuropa ist die Farbe Schwarz sehr beliebt,“ erzählt Gentz. Auch bei den Zahlungsgewohnheiten gebe es regionale Unterschiede: Deutsche zahlten lieber per Rechnung, Franzosen beglichen die Kosten per Scheck und die Italiener vertrauen auf Bares. Hinzu kommen noch andere kleine, aber feine Unterschiede: „Schweden haben dagegen gar keinen Zusteller, da werden größere Sendungen bei Poststationen abgeholt. Aus unserem Schrei-vor-Glück-Werbespot mussten wir deshalb den Paketboten rausschneiden. Die Menschen haben gesagt: Wie beängstigend ist das denn, wenn da plötzlich ein Fremder mit einem Paket an der Tür klingelt?!“

Die deutschen Kunden seien auch am retourfreudigsten, erzählt der Gründer. Aber obwohl viele Unternehmen anfangen, für den Rückversand Geld zu verlangen, bietet Zalando noch immer einen kostenlosen Service. Dafür hat Gentz gute Gründe: „Die Wahrheit ist: Kunden, die viel zurückschicken, sind die rentableren. Wir haben das untersucht: Wer viel retourniert, ist loyaler, kauft wieder. Wenn man einen Blazer bestellt, ist die Chance, dass er genau passt, recht gering.“ Ihm sei es lieber, dass der Kunde die Ware zurückschickt, wenn er nicht zufrieden ist, als dass er das nächste Mal im Laden einkaufe. Auch der Versand ist bei Zalando kostenlos.

Bereits vor einer Weile hieß es, Zalando arbeite an Paketlieferungen innerhalb von 30 Minuten. Aber: „Das ist noch Zukunftsmusik,“ so Gentz. „Von unserem Lager in Brieselang in manche Berliner Bezirke zu liefern, wäre kein Problem, andernorts wird das schwieriger. Die komplexere Variante ist aber die Zusammenarbeit mit Läden. Die Idee ist: Wenn wir ein Produkt nicht auf Lager haben, finden wir heraus, welcher Shop im Umfeld es hat, und bringen es von dort zum Kunden. In den USA werden herkömmliche Geschäfte bereits zu zusätzlichen Verteilzentren ausgestaltet.“

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In der Vergangenheit standen die Lager des Unternehmens wegen der dort herrschenden Arbeitsbedingungen in der Kritik. Im April deckte eine Reporterin vom Günter-Wallraff-Team Missstände im Logistik-Zentrum in Erfurt auf. Unter dem Hashtag Sklavando begann für das 2008 gegründete Unternehmen ein Shitstorm. Hat sich seitdem etwas geändert? „Jobs in der Logistik sind harte Arbeit,“ gibt Gentz zu Bedenken. „Aber alle verdienen über dem Mindestlohn. An vielen Standorten haben wir sehr viel Gutes geschaffen: In unserem Zentrum in Erfurt wurden etwa 1000 Menschen eingestellt, die vorher langzeitarbeitslos waren. In Brandenburg 500. Es hat sich aber einiges verbessert. Heute verantworten wir die Logistik selbst und wir kontrollieren unsere Partner stärker, das war etwas, das wir erst lernen mussten.“

Nicht nur in Sachen Logistik mussten Gentz und sein Team dazulernen: „Wir haben eine ganze Reihe von Dingen unterschätzt: die Komplexität der Logistik, die des Einkaufs,“ erzählt er. Es habe gedauert, bis das Team realisiert habe, dass es im E-Commerce-Geschäft vor allem um Technik gehe. Würde Zalando heutzutage aufgebaut werden, würde man das Unternehmen als Plattform aufziehen, erzählt er. Denn: „Unser größter Konkurrent ist Facebook.“

Vor Kurzem deckten Wirtschaftswoche und Frontal 21 auf, dass Zalando seit 2010 mehr als 10 Millionen Euro an Subventionen einsammelte. „Man kann jetzt die Diskussion führen, ob solche Fördergelder richtig sind oder falsch,“ meint Gentz. „Fakt ist: Uns standen Fördergelder zur Verfügung und die haben wir legal genutzt. Deswegen kann man uns keinen Vorwurf machen.“ Schaue man sich die vielen Arbeitsplätze an, die Zalando geschaffen habe, könne das Geld nicht so falsch investiert worden sein.

Hier geht’s zum kompletten Interview. 


Bildergalerie: So sieht es in den Berliner Zalando-Büros aus:

So sieht es in den vier Berliner Zalando-Büros aus

Bild: Zalando