Abu Dhabi, hier und am Unternehmenssitz Katar ist Ooredoo börsengelistet

„Asia Internet Holding“ setzt auf E-Commerce in Entwicklungsregionen

Mit dem ehemals als Qtel Group bekannten Mobilfunkanbieter Ooredoo haben die Samwers einen neuen Finanzier für ihre Dienste aufgetan, der zukünftig eine Partnerschaft über ein gemeinsames Joint Venture finanzieren und wichtige strategische Vorteile einbringen soll. Das im Mittleren Osten, in Nordafrika und Südostasien aktive Unternehmen wird mit Rocket Internet die „Asia Internet Holding“ gründen, mit der die Samwers planen, von Australien über Pakistan bis Vietnam insgesamt 15 Märkte zu adressieren.

Dabei setzen sie auf Geschäftsmodelle wie klassischen Onlinehandel, Marktplätze und Payment-Dienstleistungen und bündeln unter dem Dach der neuen Entität also ihre jüngeren Gründungen wie PricePanda, Lamudi, Carmudi, Kaymu oder Easy Taxi, die das Brüdergespann nach ihrer ersten internationalen Zalando-Ausrollwelle startete.

Nachdem das Schuhimperium des Samwer-Trios ein schnelles Wachstum angestoßen hat, haben sie sich die industrielle Erschließung unterschiedlicher Internet-Entwicklungsregionen mit etablierten Geschäftsmodellen zum Mantra gemacht und dafür nun einen weiteren strategischen Partner und Finanzier gefunden. Angesichts riesiger Bevölkerungsmengen bei gleichzeitig zunehmender Internet-Penetration und oft rückständiger lokaler Konkurrenz, keine uninteressante Strategie, bei der gerade dem Zugang zu mobilen Endgeräten eine wichtige Rolle zukommt.

Entsprechend zufrieden gibt sich Oliver Samwer, der sich ausnahmsweise sogar einmal in einer Pressemitteilung zitieren lässt: „Our partnership will accelerate the development of Asia Internet Holding in the region and help our businesses succeed. We feel that by bringing ecommerce models that have worked well elsewhere in the World to Asia, and that by partnering with an operator like Ooredoo, we can jointly bring better services to customers.”

Und Ooredoo ist nicht der einzige strategische Partner mit einer entsprechenden Stoßrichtung. Schon mit der Kinnevik-Beteiligung Millicom haben die Samwers ein ähnliches Konstrukt etabliert: Für Rockets Dachgesellschaften in Lateinamerika und Afrika ließ der Mobilfunkanbieter im August 2012 insgesamt 340 Millionen Euro springen und erhielt dafür 50 Prozent der Anteile (allerdings ohne Management-Rechte) sowie eine Option bis 2016 sogar komplett zu übernehmen.

Nun schlägt mit Ooredoo also wieder ein Mobilfunkanbieter zu, der für seinen 50-Prozent-Anteil wohl ähnlich tief in die Tasche greifen darf. Wie hoch genau die Summe, die Ooredoo dafür nach Berlin überweisen musste, ausfällt, ist allerdings nicht bekannt. Da das Unternehmen in Katar und Abu Dhabi börsengelistet ist, werden die nächsten Investorenunterlagen aber wohl Aufschluss über den Kaufpreis geben.

So passen Rocket Internet und Ooredoo strategisch zusammen

Aus Sicht von Rocket Internet verbindet sich mit der Zusammenarbeit derweil gleich ein ganzes Bündel möglicher Hintergrundgedanken: Zunächst verfügt Ooredoo mit 9,3 Milliarden US-Dollar Umsatz in 2013 über denkbar tiefe Taschen und vermag es so, die zahlreichen Gründungsvorhaben der Samwers mit Kapital zu versorgen. Angesichts der stets hohen Anlaufverluste bei gleichzeitig vielen parallelen Gründungen unterschiedlicher Reife können die Samwers so ihr Risiko verteilen und blicken auf eine gesicherte Kapitalbasis.

Oliver Samwer und seine Brüder agieren tendenziell sehr risikoavers und lassen in der Regel andere die Kosten für ihre waghalsigen Gründungsvorhaben tragen. Es ist bei gut und gerne 60 Millionen Euro, die Rocket Internet monatlich akquirieren muss, also nur logisch und naheliegend, dass die Samwers ihre Unterfangen finanziell absichern. Schließlich sind sie ja bekanntlich auch sehr gut darin, ihre Projekte mit sehr hohen Preisschildern zu versehen.

Ganz zu schweigen davon, dass die wirklichen Perlen im Portfolio von Rocket Internet – die Zalando-Ableger dieser Regionen, die unterschiedlichen Amazon-Klone oder Möbelprojekte wie Westwing und Home24 – aus diesem Konstrukt ja offensichtlich ausgenommen sind. Diese schlummern in verschachtelten Holding-Konstrukten wie Bigfoot I und II oder Big Commerce, sodass Rocket sich letztlich seine eher experimentierlastigen Projekte wie Kleinanzeigenportale oder Taxi-Apps nun durch Ooredoo finanzieren lässt.

Daneben bietet Ooredoo aber auch einen strategisch wichtigen Faktor. Das Unternehmen verfügt als Mobilfunkanbieter über einen direkten Kundenzugang in den von Rocket anvisierten exotischen Märkten. Mehr als 96 Millionen Personen zählte die Nutzerbasis von Ooredoo bis Ende 2013 und liefert damit ein wichtiges strategisches Asset in Regionen, die aufgrund der schlechten Versorgung mit Internetleitungen das stationäre Internet an vielen Stellen übersprungen haben und stattdessen auf internetfähige Mobilgeräte zurückgreifen.

Alleine in Indonesien verfügt Ooredoo durch Indosat über 60 Millionen Kunden und wie wichtig dieser strategische Zugang sein kann, dürfte den Samwers spätestens seit Jamba bekannt sein. Nach Lateinamerika und Afrika haben die Samwers in Ergänzung zu ihren zahlreichen Finanziers also daher auch einen Strategen für Asien aufgetan und können weiter an der von Oliver Samwer als „Full-scale attack“, bezeichneten Rocket-Expansion feilen.

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