Rocket Internet Börse Gerüchte

Sollte Rocket Internet wirklich an die Börse gehen?

Es mag nicht viel mehr sein als die ausufernde Fantasie eines Bloggers in Brasilien. Und doch hat der Tropical Considerations-Post von Tom Baldwin zum möglichen Börsengang des Berliner Company Builders Rocket Internet (www.rocket-internet.de) hierzulande ein beachtliches Echo gefunden. Zunächst mag ein solcher IPO auch tatsächlich einen gewissen Charme haben. Zum einen würde er Geld in die Kassen spülen, und davon dürfte man bei Rocket Internet sicherlich nie genug haben können. Zwar wurden bislang in beachtlichem Maße Investoren überzeugt, allein 2012 hat das Unternehmen eine hohe dreistellige Millionensumme an Land gezogen. Allerdings dürften diese Kanäle nicht unerschöpflich sein. Zum anderen wäre so eine solide Grundlage für eine Unternehmensbewertung geschaffen, was insbesondere aus Sicht der frühen Investoren wie etwa dem mit 25 Prozent beteiligten Investment AB Kinnevik (www.kinnevik.se) mitunter interessant sein könnte. Und es wäre der große deutsche Tech-IPO, der von vielen in der Branche und auch der Politik so gerne herbei gesehnt wird – selbst wenn der Börsengang nicht in Deutschland stattfinden sollte.

Letztendlich fällt es beim bisherigen Modus operandi des Inkubators aber schwer sich vorzustellen, wie Rocket Internet bei allen Transparenzanforderungen an börsengelistete Unternehmen „funktionieren“ sollte – geschweige denn die Samwer-Brüder selbst. Denn der Inkubator müsste in nicht unwesentlichem Maße Geschäftszahlen und weitere unternehmerische Details offen legen, und das in Quartalsabständen. Zwar sind der Inkubator selbst und seine Portfoliogesellschaften in den vergangenen Monaten etwas offener in der Kommunikation geworden. Von der Veröffentlichung einer detaillierten Gewinn- und Verlustrechnung ist man aus gutem Grund allerdings weit entfernt – diese ist gerade im Hinblick auf stark wachsende (Jung-)Unternehmen für gewöhnlich nicht sehr „leserfreundlich“. Der Aufwand für ein regelmäßiges Reporting wäre obendrein immens.

Angesichts des durchwachsenen Konstrukts, das Rocket Internet derzeit darstellt, könnte der Inkubator nur schwerlich an der Börse überzeugen. Dazu müssten das Geflecht zuerst gehörig aufgeräumt werden, was sicherlich kaum ohne Negativschlagzeilen einhergehen würde. Außerdem müsste sich der Company Builder von seiner „Trial & Error“-Strategie verabschieden, mit der er groß geworden ist. Die Börse verlangt zudem kurzfristige Gewinnziele, die sicherlich nicht von allen Rocket-Unternehmungen verlässlich realisiert werden können – was den Börsenkurs auf eine Achterbahnfahrt schicken und dem Renommee schaden würde. Nicht zuletzt müsste man sich bei all dem Kapital, das bereits in das Unternehmen geflossen ist, mitunter schwer zu beantwortenden Fragen nach der Werthaltigkeit vieler Ableger stellen. Ohnehin wäre der Ausgang eines IPO ungewiss, wie Facebook oder Groupon im letzten Jahr eindrucksvoll demonstriert haben.

IPO einzelner Portfoliogesellschaften wahrscheinlicher

Deutlich wahrscheinlicher dürften daher Börsengänge einzelner Portfoliogesellschaften sein. Im Falle des Schuh- und Modeshops Zalando (www.zalando.de) etwa wird ein solcher schon seit geraumer Zeit gemutmaßt, auch für das Lateinamerikageschäft des Pendants Dafiti könnte sich so ein probater Weg zu mehr Kapital eröffnen. Mit mehreren größeren Finanzierungen hatte das aus Brasilien stammende Unternehmen in den vergangenen Monaten auf sich aufmerksam gemacht. Dass mit J.P. Morgan dabei eine große Wall-Street-Bank in Zalando, Dafiti und einige andere Portfoliogesellschaften etwa in Asien investiert hat, wurde längst als Buhlen um ein IPO-Mandat verstanden.

Mit Lazada ist die US-Bank zudem an einem Amazon-Klon in Fernost beteiligt und auch für den Möbelshop Home24 als jüngste Beteiligung ließe sich ein Börsengang nicht kategorisch ausschließen – wann auch immer dieser letztendlich stattfinden mag. Denkbar wären dabei auch Gruppen von korrespondierenden Unternehmen, etwa verschiedene regionale Amazon- oder Zappos-Klone.

Die Idee, dass aus Rocket Internet (immer mehr) ein Konzern wird, dürfte schon in so manchen Gedankenspielen umhergegeistert sein. Und um mehr als Letzteres dürfte es sich bei den derzeit kursierenden Gerüchten auch nicht handeln. Dass man selbst bei Rocket Internet die Fantasie mitunter in eine solche Richtung schweifen lässt, sei dabei gar nicht ausgeschlossen. Ein bevorstehender IPO des Berliner Company Builders als Ganzes erscheint allerdings mehr als unwahrscheinlich. Und selbst bis einzelne Portfoliogesellschaften tatsächlich Aktien ausgeben, dürfte noch einige Zeit ins Land gehen. Die lauffeuerartige Geschwindigkeit, in der sich dieses jüngste Gerücht zum Samwer-Inkubator verbreitet, und das auffällig starke Medienecho an einem simplen Blog-Post zeigen derweil vor allem eines: dass Rocket Internet – bei allen Vorbehalten, die in der Szene mitunter geäußert werden – weiterhin im regen Interesse der Internet- und Tech-Branche steht.

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