kudlich-samwer-kimpel-hv-16
kudlich-samwer-kimpel-hv-16 Die Rocket-Spitze bei der Hauptversammlung in diesem Sommer: Alexander Kudlich, Oliver Samwer und Peter Kimpel (v.l.)

Es gab schon schlechtere Zahlen von Rocket Internet. Am Donnerstagmorgen präsentierte Finanzchef Peter Kimpel ausgewählte Ergebnisse der Rocket-Ventures aus dem ersten Halbjahr 2016.

Durch die Bank weg zeigt sich dabei, dass die größeren Startups wie HelloFresh, Foodpanda oder die Global Fashion Group ihre Ebitda-Margen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verbessern konnten – insgesamt um 15 Prozentpunkte von minus 32 Prozent auf minus 17 Prozent. Der Aktienkurs stieg daraufhin auf mehr als 20 Euro an (Stand 10.15 Uhr). Am Vortag lag die Aktie noch bei 19,17 Euro.

Absolut sind die Verluste der wichtigsten sechs Unternehmen allerdings weiter hoch und betragen im ersten Halbjahr 212 Millionen Euro. Gleichzeitig wuchs der Nettoumsatz der größten Beteiligungen im Vergleich zum ersten Halbjahr 2015 um 32 Prozent. Laut CFO Kimpel lägen die Umsätze nun bei über einer Milliarde Euro – die sogenannte Run Rate, also die Umsatzerwartungen für dieses Jahr, lägen bei etwa zwei Milliarden Euro. Er spricht von „attraktivem Wachstum“ aller größeren Beteiligungen, mit dem Ergebnis sei man sehr zufrieden.

Die wertvollste Beteiligung HelloFresh schreibt weiterhin ein signifikant negatives Ebitda von minus 45,7 Millionen Euro bei einem Umsatz von rund 290 Millionen Euro. Im Vergleich zu den ersten sechs Monaten 2015 ist das eine Umsatzsteigerung von knapp 160 Prozent, die Ebitda-Marge verbesserte sich leicht um drei Prozentpunkte auf minus 15,7 Prozent. Laut Peter Kimpel liege das an der starken Expansion in den vergangenen Monaten innerhalb den USA, nach Kanada und in die Schweiz. Ohne diese Investitionen in das Wachstum stünde das Venture seiner Einschätzung nach mit einem deutlich geringeren Verlust da, sei aber wahrscheinlich dennoch nicht profitabel.

Das Ergebnis der Holding wurde, wie bereits vor einigen Tagen angekündigt, negativ von großen Abschreibungen auf die Global Fashion Group beeinflusst. Insgesamt schreibt die Holding damit Verluste von 617 Millionen Euro. Bemerkbar haben sich weitere Abschreibungen gemacht: So reduzierte Rocket Internet zum Beispiel den Wert seines Anteils an der Hamburger Spieleschmiede Goodgame Studios gleich um etwa 71 Millionen Euro. Das Unternehmen befindet sich gerade in einer Restrukturierung. Auch auf sein Investment in das gebeutelte Berliner Umzugsstartup Movinga schrieb Rocket sieben Millionen ab. Von Kimpel heißt es, durch die aktuelle Abwertung von Home24 um etwa eine halbe Milliarde Euro erwarte man keine buchhalterische Auswirkung auf das Ergebnis des Konzerns. Wieso das so ist, erklärte der Rocket-Finanzchef damit, dass Home24 bereits zuvor mit einem anderen Buchwert geführt worden sei.

Seine Ausgaben hat Rocket durch einen Abbau der Holding-Belegschaft verringert. Zu den aktuellen Mitarbeiterzahlen möchte man sich derzeit nicht äußern. Es waren einmal mehr als 400 Angestellte. Erträge konnte die Holding durch die Verkäufe der Startups wie Pizzabo, Lazada oder La Nevera Roja verbuchen.

Cash könnte zum Problem werden

Eine potentielle Schwierigkeit kann die Cash-Position werden. Auf Nachfrage zu dem Trend dieser Position sagt Kimpel, sie habe sich im Vergleich zum vergangenen Jahr verringert und liege nun bei 1,7 Milliarden Euro. Darin inklusive sind die Erträge aus den Verkäufen im ersten Halbjahr. Der Finanzchef erklärt dies mit getätigten Investments und betont aber, die Position sei weiter „stark“. Er sagt, dass Rocket den Weg zur Profitabilität beibehalten wolle. Die Herausforderung bleibt, gleichzeitig zu wachsen.

Deutlich wird dennoch, dass hier bald ein großer Exit hermuss, um für Returns zu sorgen. Eine Hoffnung wird hier sicherlich ein möglicher Börsengang von Delivery Hero sein. Das Unternehmen ist mit Milliarden bewertet – und Rocket Internet hält 37 Prozent an dem Berliner Lieferdienst-Vermittler. Zum Thema IPO der größeren Ventures hüllt sich die Rocket-Spitze allerdings weiter in Stillschweigen. Man informiere die Öffentlichkeit, sobald es soweit sei – und warte eine geeignete Lage am Kapitalmarkt ab.

Möglicherweise lässt sich bereits eine Zurückhaltung bei jüngsten Investments ausmachen: Heute hat der lateinamerikanische Amazon-Klon Linio eine Finanzierungsrunde über 50 Millionen Euro verkündet. Rocket habe sich daran nicht beteiligt, so Kimpel, da man das Unternehmen nicht zum Kern zähle. Allerdings gab Rocket bei der aktuellen 20-Millionen-Runde von Home24 auch nicht viel mehr als eine Million Euro. Kimpel betont auf Nachfrage, man habe weiterhin den größten Anteil an dem Berliner Möbel-Startup und seinen Anteil auch in der Runde erhalten.

Weiterhin bleibt unklar, wann das Unternehmen plant, in den Prime-Standard der Frankfurter Börse aufzusteigen. Eigentlich hatte Rocket vor etwa einem Jahr angekündigt, in zwölf Monaten könne es soweit sein. Zum genauen Zeitpunkt wollte sich die Rocket-Führung heute auch auf Nachfrage nicht äußern. Auf detaillierte Zahlen aller Beteiligungen muss die Öffentlichkeit also wohl noch weiter warten.

Bild: Gründerszene; Hinweis: Peter Kimpel hat nicht gesagt, dass die Cash-Position Schwierigkeiten bringen könnte. In der ersten Version des Artikels war dies missverständlich formuliert.