Rocket Internet Lieferdienst

Rocket startet Lieferdienst-Vermittler in Europa

Allem Anschein nach will der Berliner Company Builder Rocket Internet (www.rocket-internet.de) den großen internationalen Lieferdienst-Vermittlern wie Just-Eat (www.just-eat.co.uk), Delivery Hero (www.deliveryhero.com), Takeaway.com oder Lieferando (www.lieferando.de) immer weiter auf die Pelle rücken: Wie Deutsche-Startups berichtet, ist in Russland der jüngste Rocket-Sprössling unter dem Namen Foodnation (www.foodnation.ru) vor wenigen Tagen gestartet, in Polen bearbeitet das Unternehmen den Markt mit dem Angebot Foodalia (www.foodalia.pl). Damit begibt sich der Inkubator der Samwer-Brüder in dem Segment zum ersten Mal in den europäischen Markt.

Angefangen hatte bei Rocket Internet alles in Südostasien: Der zu Anfang des Jahres in der Region gestartete Lieferdienst-Vermittler Foodpanda ist mittlerweile in Singapur, Thailand, Malaysia, Indonesien, Indien, Pakistan und Taiwan präsent, mit Hungrypanda existiert auch eine Version in Vietnam. Zwischenzeitlich war man auch auf den Philippinen gestartet, so schreibt Deutsche Startups, das Vorhaben wurde allerdings wieder eingestellt. Wohl aussichtsreicher hat die Samwer-Organisation derweil ihre Restaurant-Plattformen in Südamerika aufgestellt und ist in Chile, Kolumbien, Peru und Mexiko aktiv. Hinzu kommt die Region Nordafrika, speziell die Länder Marokko, Nigeria, Gana, Elfenbeinküste, Kenia und Senegal. Auffällig dabei ist, das bisher im Wesentlichen Schwellenmärkte bearbeitet wurden.

Hierzulande sei man vom jüngsten Rocket-Vorstoß entsprechend unbeeindruckt, heißt es aus der Branche mit Verweis insbesondere auf die Eigenarten der unterschiedlichen Märkte. Nicht nur Kundenverhalten oder -präferenzen, sondern auch die erzielbaren Kommissionen dürften sich mitunter deutlich zwischen den einzelnen Ländern und Regionen unterscheiden. Sollte das Geschäft so stark lokal geprägt sein, wie zu vernehmen ist, entspräche das auch kaum dem üblichen Vorgehen des Samwer’schen Company Builders, Geschäftsmodelle ohne grundlegende Veränderungen in mehreren Ländern und Regionen auszurollen.

An einer fehlenden finanziellen Ausstattung dürften die Rocket-Vorhaben im Lieferdienste-Segment derweil eher nicht scheitern. Auch wenn die Kosten pro Markt aufgrund des notwendigen Marketings und Aufbaus langfristiger Händlerbeziehungen nicht gerade gering sein dürften – Kapital anzusammeln versteht Rocket Internet wie kaum ein anderer. Wie interessant das Lieferdienste-Segment ist, wird schon an den umfangreichen Finanzierungsrunden der Akteure deutlich.

Samwer-untypisches Geschäft

Ob das zuvor insbesondere im Gutscheinsegment gesammelte Lokalgeschäft-Know-how auch bei Lieferdiensten funktioniert, dürfte derweil auf einem anderen Blatt geschrieben stehen. Ganz ohne Erfahrungen in europäischen Märkten sind die Samwer-Brüder allerdings nicht: Mit ihrem European Founders Fund haben sie diese ab Ende 2007 beim schweizerischen Anbieter Foodarena (www.foodarena.ch) gesammelt. Ende 2011 hatte die Portfoliogesellschaft von Team Europe (www.teameurope.net, auch an Gründerszene beteiligt) den Anbieter mehrheitlich übernommen.

Bis man sich mit den etablierten Diensten „auf Augenhöhe“ begegnen wird – typischerweise ist bekanntlich eine Marktführerschaft der Anspruch der Rocket-Unternehmungen –, dürfte wohl noch einige Zeit vergehen. Bei dem Company-Builder baut man offenbar auf eine – zumindest in einigen Schlüsselmärkten – noch nicht vollständige Marktsättigung beziehungsweise eine mangelnde Kundenbindung.

Auf der Agenda des Unternehmens stehen den Angaben zufolge auch erst einmal die Slowakei, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Ungarn, Tschechien, Montenegro, Kroatien, Rumänien und Tadschikistan – also allesamt kleinere Länder, in denen der Markt noch relativ unbearbeitet ist. Die Strategie läuft demnach entgegen dem Vorgehen der bekannteren Anbieter, die in der Regel in einem großen Heimatmarkt gestartet sind und das Konzept dann in anderen, oft ebenfalls größeren Ländern entweder kopiert oder dortige Anbieter aufgekauft haben.

So übernahm Delivery Hero etwa mit Hungry House in Großbritannien die dortige Nummer zwei und stellte sich damit dem Wettbewerber Just-Eat, der derzeit die weltweite Marktführerschaft für sich beansprucht. Mitte März hatte Lieferando sein Geschäftsfeld in Polen mit der Akquisition des Mitbewerbers Pyszne.pl ausgeweitet und trieb mit Plattformen für Online-Essensbestellungen in Österreich, der Schweiz oder auch Frankreich seine europäische Expansion voran. Allerdings sind auch die großen Namen nicht in jedem Markt erfolgreich gewesen. So musste etwa Delivery Hero zuletzt sein Russland-Konzept ändern und begab sich in dem Land in eine Kooperation mit dem Marktführer. Die Bedeutung der regionalen Eigenarten ist insbesondere in den größeren Märkten wohl nicht zu unterschätzen.

Bildmaterial: Bernd Kasper / pixelio.de