Die Geschwister Lamiya, Sami und Dounia Slimani (von links)

„Sami, Sami!“

Die Halle vor dem H&M im Alexa, jenem schweinchenfarbenen Kaufhaus am Berliner Alexanderplatz, ist voller junger Mädchen. Sie halten ihre Smartphones in die Höhe, kreischen ab und zu laut los oder rufen im Takt: „Sami! Sami!“ Sie warten auf den Youtube-Star Sami Slimani (24) und seine beiden Schwestern Lamiya (27) und Dounia (30), die an diesem Tag eine hell erleuchtete Bühne betreten werden, um zwei Stunden lang Autogramme zu geben.

Wer sich jetzt wundert, wer dieser Sami Slimani überhaupt ist, ist damit vermutlich nicht alleine. Fragt man Freunde oder Kollegen, die älter als 20 sind, erfährt man: Die meisten haben den Namen noch nie gehört. Für alle, die es interessiert: Sami Slimani gehört zu den erfolgreichsten Youtubern in Deutschland, seit sechs Jahren lädt er Videos hoch. Sein Thema: alles mögliche. Er gibt Tipps gegen Akne, zum Keksebacken oder gegen Mobbing.

Seine ersten Aufnahmen machte er mit 18 Jahren. Anfangs lachten ihn seine Klassenkameraden dafür aus, heute hat er über 1,1 Millionen Follower, die meisten seiner Videos – 380 sind es insgesamt – wurden schon über 400.000 Mal geklickt. Alleine durch die Werbeeinnahmen dürfte Sami Slimani mehrere tausend Euro im Monat verdienen, genaue Zahlen sind nicht bekannt. Auch seine Schwestern Dounia und Lamiya haben mittlerweile ihre eigenen Youtube-Kanäle. Dounia hat inzwischen über 430.000 Follower, Lamiya mehr als 580.000. Zusammen sind die drei Geschwister zu einer Marke geworden, unter dem Label Maison Slimani verkaufen sie Notizbücher und Schals.

Vor wenigen Monaten veröffentlichten Sami, Dounia und Lamiya das Buch „Das Slimani-Prinzip“, das sich an ihre recht junge Fangemeinde richtet. Die Geschwister geben ihnen Tipps für mehr Selbstbewusstsein, für eine reine Haut oder das richtige Outfit. Mehrere Signierstunden für ihr Buch haben die Geschwister schon hinter sich, als sie am Freitag in Berlin auftreten.

Vorne in der wartenden Menge steht eine Clique von Schülerinnen, 13 bis 16 Jahre alt. Fast täglich gucken sie die Youtube-Videos der Slimanis, erzählen sie aufgeregt. Warum denn überhaupt? Die drei Mädchen quasseln wild durcheinander.

„Alle Slimanis sind immer so positiv, die geben einem einfach Halt!“

„Er inspiriert uns einfach. Er sagt immer, dass wir an unsere Träume glauben sollen“

„Und ich finde, dass er halt einfach voll das Vorbild für uns ist. Er hat immer an seine Träume geglaubt und jetzt ist er halt da, wo er ist. Und das zeigt einfach, dass es jeder schaffen kann, wenn er an sich glaubt.“

„Oh Gott! Ich weine gleich.“

„Er macht voll meine Persönlichkeit aus. Wenn er nicht wäre, wäre ich nie die Person, die ich heute bin. Ich wäre nicht so positiv, nicht so selbstbewusst… alles Mögliche.“

Gibt es andere Vorbilder? Die Antwort ertönt im Chor: „Justin Bieber!“. Aufgeregt halten die drei Mädchen ihre Handyhüllen mit großen Fotos des Teenie-Stars in die Höhe.

Bevor die Signierstunde beginnt, warten die Slimans in einem Hinterzimmer des Einkaufszentrums auf Journalisten. Auch Gründerszene hat ein Interview mit ihnen vereinbart. Eine Frau aus ihrem Managementteam sitzt mit im Raum, doch die drei erzählen gutgelaunt drauf los.

Es gibt etliche Youtuber da draußen – auch viele, die sehr früh angefangen haben. Wieso seid ausgerechnet Ihr so erfolgreich?

Sami: Drei Geschwister, die ein neues Medium mit Themen bedienen, die vor allem junge Leute, aber auch ältere Menschen interessieren – das hat es vorher so noch nicht gegeben. Wir kommunizieren ganz klar, wie viel wir einander bedeuten und dass wir immer zusammenhalten, das gefällt den Leuten.

Dounia: Trotzdem sind wir drei komplett unterschiedliche Persönlichkeiten. Deswegen können sich viele unserer Fans zumindest mit einem von uns sehr gut identifizieren.

Für Eure Videos oder Euer Buch müsst Ihr sehr viel Privates preisgeben – Interessen, Fotos aus der Kindheit, Alltagsrituale. Wo sind für Euch die Grenzen?

Dounia: Wir müssen das ja nicht machen! Aber wir sprechen eben offen über die Themen, die viele Menschen beschäftigen. Dazu gehört auch, dass wir viel von uns und unseren eigenen Erfahrungen erzählen.

Sami: Die Kunst liegt darin, Dinge zu zeigen, ohne wirklich viel zu zeigen. Denn nur wenn wir die Fans an unserem Leben teilhaben lassen, können wir ihr Interesse wecken.

Lamiya: Trotzdem gibt es unglaublich viel, was unsere Fans nicht wissen. Wir würden beispielsweise niemals sagen, wo wir genau wohnen. Und wir würden auch nie über unsere Freunde oder Ehepartner sprechen. Natürlich sehen unsere Fans unsere Freunde, unseren Alltag oder sogar mal unser Schlafzimmer in den Videos. Aber das, was hinter den Kulissen passiert, sehen sie nicht.

Dounia: Die Fans kennen wirklich viel von uns. Aber sie kennen beispielsweise nicht die Ehefrau Dounia, wie sie zuhause mit ihrem Mann ist. Genauso wenig kennen sie die beste Freundin Lamiya. Und sie sehen auch nicht, wie Sami zuhause mit meinen Eltern am Essenstisch sitzt.

Trotzdem seid Ihr Vorbilder für tausende Teenager. Wie geht Ihr mit dieser Verantwortung um?

Dounia: Viele unserer Fans sind noch etwas jünger und uns ist sehr bewusst, dass wir eine Vorbildfunktion haben – aber auch wir sind keine perfekte Menschen. Das sagen wir unseren Fans aber auch immer wieder.

Sami: Natürlich machen auch wir mal Fehler, aber wir haben eben diese enorme Reichweite und da muss man schon immer überlegen, was man der Welt da draußen überhaupt erzählt und zeigt.

Lamiya: Es ist uns auch total wichtig, die richtigen Werte zu vermitteln. Uns ist der Familienzusammenhalt wichtig oder der Glaube an die eigenen Träume. Ich glaube: Diese Werte, die wir vermitteln, machen uns so erfolgreich.

Viele Politiker würden sich wünschen, dass junge Menschen ihnen mal zuhören. Stattdessen aber gucken Sie Eure Videos. Habt Ihr deswegen einen Bildungsauftrag – auch bei politischen Themen?

Dounia: Wir äußern uns eigentlich nie zu politischen Themen, weil man da nichts richtig machen kann. Jeder hat seine eigene Meinung und wir wollen niemandem etwas vorschreiben.

Sami: Natürlich haben wir Einfluss, aber wir wollen niemanden in seiner politischen Meinung beeinflussen. Aber wir haben bei der Bundestagswahl unsere Fans dazu aufgefordert, ihre Stimme abzugeben. Das ist uns schon wichtig!

Wie kommt Ihr denn überhaupt auf die Themen für Eure Videos?

Sami: Ach, da fällt uns einfach immer etwas Neues ein! Natürlich fragen wir auch die Fans häufig, was sie denn gerne sehen wollen. Und die Themen müssen natürlich auch zur Jahreszeit passen.

Lamiya: Wir lassen uns von vielen Seiten inspirieren und stoßen deswegen häufig im Alltag auf Themen. Manchmal lesen wir zum Beispiel einen spannenden Artikel in einem Magazin oder wir entdecken neue Trends bei einer Shopping-Tour.

Ihr bekommt nicht nur Zuspruch, sondern werdet auch kritisiert oder beschimpft. Wie geht Ihr damit um?

Sami: Gerade Lamiya war das von Anfang an total egal!

Lamiya: Stimmt, ich habe da nie etwas draufgegeben. (lacht)

Sami: Dounia und ich hingegen mussten das erst einmal lernen. Aber wir denken uns immer, dass zu jedem Erfolg natürlich auch Kritik dazugehört. Nicht jeder kann dich so lieben, wie du bist und nicht jeder kann alles mögen, was du sagst oder tust. Deswegen machen wir einfach unser Ding!

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Sami, Du schreibst in Eurem Buch, dass Youtube, Facebook oder Instagram „Glücksoasen“ für Dich sind, wo Du mit Deinen Fans kommunizieren kannst. Stresst es Dich nicht auch mal, dass Du immer in den sozialen Netzwerken präsent sein musst?

Sami: Nein, bisher überhaupt nicht. Für mich ist es immer noch wie ein Hobby, das mir total viel Spaß macht. Das mache ich schon alles automatisch: Ich wache morgens auf und schreibe an meine Fans: „Heute wird ein großartiger Tag! Vergesst das nicht!“ Es wir also nie lästig, weil ich einfach nur meine Gedanken preisgebe.

Was wäre denn aus Euch geworden, wenn es Youtube nicht gäbe?

Lamiya: Ich wäre genau den selben Weg gegangen. Ich habe ja Musik- und Medienwissenschaften studiert und wollte schon immer Sängerin werden oder mich mit Make-up beschäftigen. Insofern würde ich wohl etwas in einer ähnlichen Richtung machen.

Dounia: Ich habe Wirtschaftswissenschaften studiert, aber wahrscheinlich wäre ich auch irgendwie in die Kosmetikindustrie gegangen.

Lamiya: Wir wollten schon immer etwas Eigenes schaffen, also wären wir sicher so oder so selbstständig geworden.

Sami: Ich habe zwar mein Abi gemacht, aber noch nicht studiert. Weil ich schon mit 19 sehr erfolgreich war und mir deswegen jeder – auch die Dozenten an den Unis – dazu geraten hat, mich erst einmal auf Youtube zu konzentrieren.

Musstet Ihr irgendwelche Coachings oder Schulungen durchlaufen, beispielsweise eine Sprecher-Ausbildung oder Stimmtraining?

Dounia: Nein! (lacht)

Lamiya: Nein, wirklich nicht! (lacht)

Gibt es ein Video, auf das Ihr besonders stolz seid?

Dounia: Ich liebe jedes Video von mir.

Sami: Wir laden ja ohnehin nichts hoch, dass wir nicht zu tausend Prozent mögen. Aber generell liebe ich die Videos, in denen wir die Fans um Hilfe bitten und so etwas Großartiges schaffen. So konnten wir beispielsweise ein Waisenhaus in Kenia in Zusammenarbeit mit Betterplace aufbauen, weil viele unserer Fans gespendet haben.

Lamiya: Wir müssen unseren Erfolg ja auch sinnvoll nutzen…

Sami: Das ist wirklich wichtig – gerade neben diesen ganzen Beauty- und Fashion-Themen.

Was sind also weitere Projekte?

Sami: Es schon noch einige Projekte auf unserer Liste. Aber noch können wir da nichts Konkretes sagen.

Lamiya: Wir haben noch viele Pläne, aber wir lassen das auf uns zukommen.

Dounia: Manchmal passieren eben auch Dinge, von denen man vorher nicht zu träumen gewagt hat.

Die Slimani-Geschwister bei ihrer Signierstunde im Einkaufszentrum.

Bild: Hannah Loeffler / Gründerszene