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myRight-compressor Die MyRight-Gründer Jens Hopfer, Sven Bode und Jan-Eike Andresen (von links)

Ein Hamburger Startup legt sich mit Volkswagen an. Das Legaltech-Unternehmen MyRight hat am Montagmorgen beim Landesgericht München Klage gegen den deutschen Autobauer eingereicht und fordert vom Konzern die Erstattung des gesamten Kauf­preises der betroffenen Diesel-Fahrzeuge in Deutschland. 20.000 VW-Kunden vertrete MyRight bereits, heißt es vom Unternehmen.

Der Hintergrund der Klage: Hierzulande weigert sich VW bislang, seine Kunden zusätzlich zu entschädigen. Insgesamt 2,6 Millionen deutsche VW-Kunden sind von dem Diesel-Skandal betroffen. Einzelne Kläger hätten es dabei schwer, gegen Volkswagen vorzugehen. Denn der Prozess sei teuer und der Kläger müsse in Deutschland nachweisen, dass ihm ein Schaden entstanden sei. Beide Probleme will das Startup seinen Mandaten abnehmen.

Außerdem fordert das Startup in seiner Klage die erneute Vernehmung des in den USA inhaftierten VW-Managers Oliver Schmidt. Sollte sich dadurch der Verdacht bestätigen, dass der Vorstand schon vor dem August 2015 von dem Abgasbetrug wusste, „dürfte das nicht nur die Klagen von MyRight stützen, sondern auch die Aktionärsklagen gegen Volkswagen in Milliardenhöhe stärken“, sagt Jurist und MyRight-Mitgründer Jan-Eike Andresen.

Das Prinzip Sammelklage

Sammelklagen wie in den USA sind in Deutschland nicht zulässig. Durch Abtretung der Forderungen an einen Kläger könnten die Rechte vieler Opfer jedoch auch in Deutschland gesammelt geltend gemacht werden, erklärte Christopher Rother, Leiter der Berlin-Niederlassung von Hausfelds Partner, gegenüber Stiftung Warentest.

Und das macht sich das 2016 gegründete MyRight zunutze: Das Geschäftsmodell des Startups funktioniert so, dass es den einzelnen Klägern die Kostenrisiken für die Verhandlungen abnimmt. Bei der Klage in München handelt es sich also um die Forderung eines einzelnen MyRight-Mandanten, die exemplarisch für alle gleich gelagerten Fälle vor Gericht ausgefochten werden soll. Sollte die Klage erfolgreich sein, könne das Unternehmen es für alle Fälle durchsetzen, heißt es – und erhält 35 Prozent der Entschädigungssumme. Für seine Klage hat sich das deutsche Startup prominente Unterstützung geholt. Die US-Anwaltskanzlei von Michael Haus­feld arbeitet mit MyRight zusammen – und stellt die Anwälte vor Gericht. Die Kanzlei führt in den USA die Klage gegen VW an.

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Schon im Januar dieses Jahres hatte das Startup in Braunschweig Klage eingereicht – dort allerdings den Wertverlust der Autos als Ausgleich gefordert. Der Strategiewechsel in München sei nun beabsichtigt, sagt Mitgründer Andresen. In München habe es zuvor Rechtsprechungen gegeben, die ebenfalls ein Software-Update betraf und die Erstattung des Kaufpreises zur Folge hatte, so Andresen. „Ein Software-Update ist nicht zumutbar, wenn das Herzstück eines Verbrennungsmotors verändert wird“, so der Jurist. Weil es bereits vergleichbare Rechtsprechungen in München gegeben habe, sei die Anklage und Forderung für das Landgericht München angepasst worden.

Weitere Klagen sollen folgen. Nächste Station: Berlin. „Wir klagen auch noch in anderen Städten“, so der Gründer. Betroffene Autobesitzer können sich über die Webseite an der Sammelklage weiterhin beteiligen. „Die Klagen werden aber einen etwas anderen Dreh bekommen.“ Damit wolle sich der Rechtsdienstleister den Rechtsprechungen der jeweiligen Gerichte sinnvoll anpassen, sagt Andresen. Typischerweise müsse ein Zeithorizont von einem halben Jahr eingeplant werden, bis das Gericht die Verhandlung eröffnet.

Seinen Betrieb finanziert das deutsche Startup aus eigener Tasche. „Wir bootstrappen“, so Andresen. „Das war zunächst eine bewusste Entscheidung, um die Unabhängigkeit zu wahren.“ Trotzdem könne er sich vorstellen, in Zukunft eine Finanzierungsrunde anzugehen. Trotz der Zusammenarbeit mit Hausfeld agiere das Startup unabhängig, sagt der MyRight-Gründer Andresen auf Nachfrage.

Bild: MyRight