Auf den Tag genau ein Jahr ist es her, dass Gründerszene einen Blick auf die bisherigen Pleiten der drei Brüder Alexander, Marc und Oliver geworfen hat – Zeit um die Liste auf einen aktuellen Stand zu bringen. Die gute Nachricht dabei gleich vorweg: Zu den zuvor acht eingestampften Startups haben sich lediglich eineinhalb neue Pleiten hinzu gesellt: der Shoppingclub Bamarang, der in Westwing aufgehen soll, und der Pinterest-Klon Pinspire, dessen Ende dem Vernehmen nach so gut wie besiegelt ist.

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Trotz Pleiten: Positive Gründungsbilanz der Samwers

Lediglich zwei der Geschäftsmodelle der umtriebigen Samwer-Brüder Alexander, Marc und Oliver gingen im vergangenen Jahr nicht auf – das spricht für eine Menge Sachverstand. Alles in Allem können die Brüder und ihr Inkubator Rocket Internet (www.rocket-internet.de) unter der Geschäftsführung von Alexander Kudlich also mehr als zufrieden sein – auch wenn etwa bei bei Sabunta wegen Codeklaus oder auch wegen Blitzkrieg-Referenzen teilweise einige zweifelhafte Schlagzeile dazwischen gerutscht ist.

Und auch bei ihren Großprojekten können die Samwers auf beachtliches Wachstum verweisen. Gerade erst hat der Schuh- und Fashion-Versender Zalando eine halbe Milliarde Euro Umsatz vermeldet. Bei solchen Erfolgsnachrichten dürften zudem die immer wieder gestellten Fragen nach möglicherweise stark belastenden Retourenquoten und damit nach der Tragfähigkeit des Geschäftsmodells beim Rocket-Vorzeigeunternehmen deutlich weniger stören, als das in der Vergangenheit der Fall gewesen sein mag.

Bamarang (2012) – Integration in Westwing

Im Januar gestartet, hatte Bamarang von Beginn an für Aufruhr gesorgt: Mit dem Design-Shoppingclub schickten die Samwers erneut einen Klon ins Rennen, der sich optisch und funktional sehr dicht an seinem US-Vorbild anlehnte, in diesem Falle Fab (www.fab.com). Praktisch zeitgleich startete ein weiterer Design-Shoppingclub aus der Schmiede von Christophe Maire: Monoqi (www.monoqi.de) will seither seinen eigenen Teil am Mart für Designprodukte verteidigen – und das mit einem ganz ähnlichen Aufbau. Vervollständigt wird die Liste der Anbieter auf dem deutschen Markt durch Flavs (www.flavs.de), während Casacanda (www.casacanda.com) im Februar durch das US-Vorbild Fab für kolportierte zehn Millionen Euro überommen wurde.

Auf Anfrage von Gründerszene bestätigte Westwing-Geschäftsführer Stefan Smalla Mitte Juni dieses Jahres, dass man sich im Zuge seiner umfangreichen Finanzierung dazu entschieden habe, die personellen und finanziellen Ressourcen auf das stärkere Geschäftsmodell – in diesem Falle Westwing (www.westwing.de) – zu fokussieren. Der Münchner Shoppingclub war im April 2011 unter der Ägide von Holtzbrinck Ventures (www.holtzbrinck-ventures.com) entstanden und orientierte sich an der US-Plattform One Kings Lane (www.onekingslane.com).

Im Zuge dieser Neuausrichtung solle Bamarang eingestellt werden. Das Westwing-Segment sei merklich weniger kompetitiv, hieß es zur Begründung. Designerangebote zu überschaubaren Preisen (Bamarang) hatten demnach weniger Bestand als Wohnaccessoires in zeitlich begrenzten Aktionen (Westwing) – was zuvor eine durchaus sinnvolle Produktgemeinschaft zu sein schien. Mit Home24 treiben die Samwers darüber hinaus noch eine andere Anlaufstelle im Möbel-Segment voran – wie Oliver Samwer in seiner legendären Blitzkrieg-Mail prophezeite, scheint sich der “Furnitza-Markt” tatsächlich zu einem der lukrativsten E-Commerce-Bereiche zu entwickeln..

Pinspire (2012) – bald kein virtuelles Korkboard mehr?

Gefühlt bis auf den letzten Pixel entspricht das virtuelle Pinboard  Pinspire (www.pinspire.de) seinem US-amerikanischen Vorbild Pinterest (www.pinterest.com) – und sorgte damit für viel Aufruhr in der Copycat-sensiblen Internetszene. Richtig Fuß fassen konnten die Samwer-Brüder mit dem Projekt auch nicht, obgleich sie schon in der Anfangsphase der US-Plattform mit von der Partie waren.

Dass Pinspire kein Erfolg wurde, mag vielen Ursachen geschuldet sein. Etwa dürfte in einer vernetzten Welt ein regionaler Klon einer rein digitalen Plattform nur dann wirklich Chancen haben, wenn er einen greifbaren Mehrwert über das Original bietet. Hinzu kommen Komplexität der Monetarisierung, dem teuren Nutzeraufbau – der sich in der Regel nicht direkt refinanzieren lässt – und nicht zuletzt die mitunter problematische Bildrechtefrage: Autoren- und Urheberrechte könnten aus rechtlicher Sicht zu einem Problem werden, teilen Nutzer auf Pinterest & Co. doch meist zahlreiche Bilder ohne Nennung und Autorisierung der Urheber. Vielleicht hatten sich die Samwers auch aus diesem Grund für eine anfängliche Firmengründung in Italien entschieden.

Ohnehin hatte sich die Frage gestellt, wie das Online-Pinnbrett Pinspire überhaupt in die Strategie der Brüder passt, die sich zumeist auf das Ausrollen von E-Commerce-Modellen wie Zalando (www.zalando.de) oder diverse Amazon-Klone spezialisiert zu haben scheinen? Vor allem als Traffic-Lieferant dürfte Pinspire für die Samwers Bedeutung haben. Über aggregierte Landingpages lassen sich mit dem Dienst SEO-relevante Effekte erzeugen, sodass Traffic verkauft und gesteuert werden kann. Gleichzeitig stehen Werbemodelle und Affiliate-Marketing als denkbare Monetarisierungswege für die gefragten Online-Pinnbretter im Raum.

Erfolgreiche Exits und Pleiten der Samwer-Brüder

Im vergangenen Jahr hatte Gründerszene bereits einen Überblick der bisherigen Samwer-Exits veröffentlicht, der den imposanten Erfolg von Alexander, Marc und Oliver Samwer dokumentierte. Auf die Hits folgten mit einem Überblick der Pleitegänge dann auch die Misserfolge Brüder bis zu diesem Zeitpunkt – eine Aufbereitung, die merklich kürzer ausfiel, als die Erfolgsgeschichte der Samwers.

Das Zitat im Artikelbild stammt aus dem Spiegel, Mai 2012; Bildmaterial: European Founders Fund