Eine lange Schlange vor dem Babylon in Berlin. Das sieht man selten bei Demodays.

Es fehlt an Tech-Innovationen. Und an Tech-Knowhow. Das hört man häufig, wenn es um das Berliner Startup-Ökosystem geht. Beim Besuch des Demodays von SAP.iO konnte man durchaus den Eindruck gewinnen, dass sich da gerade etwas bewegt. Denn bei den Startups, die ihre Geschäftsmodelle vorstellten, drehte sich alles um Machine Learning und künstliche Intelligenz. Der Managing Director des Accelerators, Ram Jambunathan erklärte, warum das so ist: „Wir sehen Machine Learning als einen essentiellen Bestandteil der Software der Zukunft.“ Na dann. 

Im legendären Babylon-Kino in Berlin-Mitte fanden sich Friends und Family der Startups und von SAP sowie dem Partner Techstars ein, um den Pitches des ersten Batches zu lauschen und gute Stimmung zu verbreiten. Viel Zeit hatten die Startups nicht, um an ihren Ideen zu arbeiten. Denn das Labor von SAP wurde erst im September eröffnet. SAP möchte vor allem mit Startups arbeiten, die einen Mehrwert für die Software des Weltmarktführers schaffen können und sich im besten Fall integrieren lassen. Das ist bei einigen der vorgestellten Geschäftsmodelle und Ideen durchaus denkbar.

Geld sparen, automatisieren, selbst lernende Software

Es ging los mit Ultimate.ai, die den Kundenservice von Unternehmen durch Automation verbessern und kostengünstiger gestalten wollen. Viele Anfragen gleichen sich. Eine Software, die lernt, kann hier durchaus helfen, Geld für den Support einzusparen. Dem Personal, das Anfragen beantwortet, werden fertige Antworten angeboten. Der Callcenter-Agent muss nur noch passend auswählen. 22 zahlende Kunden sollen bereits vorhanden sein, weitere 87 Kunden seien in der Pipeline, hieß es.

Das Startup praktice.ai möchte die Kommunikation von Krankenhäusern mit ihren Patienten verbessern und automatisieren. Für diesen Service wird im Gesundheitssystem sehr viel Geld ausgegeben. Die künstliche Intelligenz mit dem schönen Namen Sarah ist ein Call-Agent, der über medizinisches Knowhow und die relevanten Daten der Patienten verfügt. So kann Sarah viele Anfragen nach Terminen, Dosierungen, Nebenwirkungen automatisch beantworten. In der gesparten Zeit kann der Arzt zwei weitere Patienten behandeln, hieß es. Zwei Krankenhäuser in Asien setzen Sarah bereits ein. Anfragen aus Indien, Singapur und den USA liegen laut Auskunft des Startups bereits vor.

Arbeitsteams perfekt zusammen setzen, Videos analysieren

Auch die Zusammenstellung von Arbeitsteams soll in Zukunft von künstlicher Intelligenz vorgenommen werden. Teamscope arbeitet an einem Algorithmus, der das bestehende Team analysiert und dann passende Kandidaten vorschlägt. Studien sagen, dass derzeit 20 Prozent falsche Kandidaten beim Recruiting ausgewählt werden. Diesen Prozentsatz will Teamscope auf fünf drücken.

Einleuchtend klingt auch die Idee von Bewgle. Das Startup will mit seiner lernenden Software Customer Reviews analysieren. Kunden bekommen die Ergebnisse mundgerecht präsentiert. Die künstliche Intelligenz analysiert die Kundenrezensionen nach Schlagwörtern und Formulierungen. So entstehen aus dem Durcheinander von 20 Millionen Kundenrezensionen täglich sinnvolle Daten. Neuester Pilotkunde ist übrigens Beiersdorf, das quasi während der Präsentation zusagte. 

Auffällig viele indische Namen

Das Startup sensifai bezeichnet sich als Zukunft der Internetsuche. Große Worte. Doch die Argumentation war durchaus schlüssig. Man möchte die Inhalte von Videos sichtbar und findbar machen. Per intelligenter Videoanalyse. Bereits jetzt besteht das Internet zu 70 bis 80 Prozent aus Video-Content.

Der aufmerksame Zuschauer bemerkte an diesem Vormittag, dass alle Startups offenbar bei dem gleichen Pitch-Lehrer Unterricht hatten. Die Dramaturgie der Präsentation glich sich sehr. Doch dieser Coach muss gut gewesen sein, denn es ist nicht ganz einfach, die zum Teil komplexen Geschäftsmodelle eingängig zu erklären. Beim Einblenden der jeweiligen Gründerteams fiel außerdem auf, dass sehr viele indische Namen eine Rolle spielen, wenn es in Berlin um künstliche Intelligenz oder Machine Learning geht. Ok. Wenn man die Experten nicht hier vor Ort hat, dann holt man sie sich eben. Berlin schien den Gründern aus Asien jedenfalls ziemlich gut zu gefallen.

Bild: SAP

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