schweighoefer
Schauspieler Matthias Schweighöfer

Dan Maag hat seine DVD-Sammlung aufgelöst. Hunderte Filme hat der Vorstandsvorsitzende des Münchener Medienunternehmens Pantaleon Entertainment kurz vor seinem letzten Umzug im Sozialkaufhaus abgegeben. Alles andere wäre allerdings auch inkonsequent. Denn Pantaleon, zu dessen Gründern und Aktionären auch der bekannte Schauspieler Matthias Schweighöfer gehört, schickt sich an, mit der Video-on-Demand-Plattform Pantaflix zu einem der weltweit größten Streaming-Anbieter für Filme und Serien zu werden – und damit Formate wie DVD und Blu-ray weitgehend überflüssig zu machen.

Herr Maag, Sie haben zuletzt angekündigt, mit Pantaflix die Unterhaltungsindustrie grundlegend verändern zu wollen. Wie weit ist die Revolution?

Der Anfang ist gemacht: Nach drei Jahren Entwicklungszeit ist Pantaflix seit Dezember sowohl in Europa als auch in Amerika abrufbar. Und auch der globale Rollout kommt voran. Kürzlich haben wir eine strategische Partnerschaft mit der chinesischen Sun Seven Stars Media Group von Bruno Wu geschlossen, die uns den Marktzugang auch in Asien sichert. Schon bald wird unsere Plattform weltweit verfügbar sein.

Streaming-Plattformen und Online-Videotheken gibt es viele, angefangen bei Netflix über Amazon und Apple bis hin zu Maxdome. Was genau ist es denn, was Pantaflix so revolutionär und anders macht?

Wir geben Produzenten die vollständige Souveränität für den Vertrieb ihrer Filme. Sie allein stellen ihre Werke auf die Plattform und bestimmen dabei, wann und zu welchem Preis ein Film verfügbar sein wird. Den Erlös teilen wir dann, wobei der Filmemacher 75 Prozent und Pantaflix 25 Prozent der Einnahmen bekommen. Üblich ist bislang aufgrund der bestehenden althergebrachten Strukturen bei der Filmvermarktung ein System mit verschiedenen regionalen Vertriebspartnern und Zwischenhändlern, bei dem Produzenten ihre Rechte abtreten und am Ende vielleicht noch zehn Prozent der Einnahmen erhalten. Wir machen all diese Zwischeninstanzen überflüssig und stärken zugleich diejenigen, die das Risiko einer Produktion tragen. Wir etablieren damit eine völlig neue Art der Filmvermarktung. Das kommt am Ende auch dem Endverbraucher zugute.

Wie denn?

Durch die bislang gängige Vermarktungspraxis sind nur zehn Prozent der Filme und Serien, die weltweit produziert werden, auch global für Konsumenten verfügbar. Im digitalen Zeitalter ist das aber nicht mehr erklärbar. Wir nutzen jetzt die neuen technischen Möglichkeiten und schaffen eine globale Filmdatenbank. Unser Anspruch ist es, nahezu alle Filme, die es gibt, an einem Platz zu vereinen – mit Zugriff für alle Menschen rund um den Globus.

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Besteht bei einem Konsumenten in China oder Kanada überhaupt Interesse an einem Film aus Deutschland?

Das ist die Denk- und Herangehensweise, die manch andere Streaming-Plattform hat. Also kauft sie zeitlich und regional begrenzte Rechte ein. Ein deutscher Film findet daher zum Beispiel in Amerika vielfach gar nicht statt. Es gibt aber eine Million deutschsprachige Menschen in den USA. Und viele dieser Menschen haben großes Interesse an deutschen Filmen. Genau das können wir in Zukunft bedienen, denn alle Filme können sofort überall verfügbar gemacht werden, wo der Produzent Zuschauer erreichen kann. Davon profitieren beispielsweise auch die türkischen Menschen in Deutschland: Wir haben zahlreiche Filme im Angebot, die in der Türkei sehr gefragt, hierzulande aber bislang nicht auffindbar waren. Zudem können Cineasten auf Originalversionen zugreifen, die sie in ihrer Weltregion sonst nicht zu sehen bekommen. Selbst wenn dann nur 6.000 Leute einen bestimmten Film abrufen, haben wir genau diese 6.000 Leute glücklich gemacht.

Aber von lediglich 6.000 Abrufen werden Sie nicht leben können.

Natürlich nicht, aber das ist auch nur das Beispiel für einen Film. Wir zielen auf eine Million Filme, die für unsere Plattform infrage kommen. Wir wachsen sehr schnell. Dafür ist zum einen Infrastruktur nötig und zum anderen Reichweite. Denn Pantaflix soll systemrelevant sein und nicht nur irgendeine App, die man durch Zufall findet. Technisch sind wir schon sehr weit, unsere Marketingkampagnen laufen bereits erfolgreich, sodass wir noch im Jahresverlauf viele Millionen Kunden erreichen können. Und auch bei den Filmen kommen wir voran. Bis Jahresende sollen rund 40.000 Titel verfügbar sein. Zum Vergleich: Der US-Katalog von Netflix umfasst nicht mal 5.000 Filme. Das wird uns aus Konsumentensicht zu einer Top-Anlaufstelle für Filme weltweit machen.

Warum ist dann bislang niemand anderes auf dieses Konzept gekommen?

Der Markt für Video-on-Demand wird bislang von amerikanischen IT-Konzernen beherrscht. Die haben durch ihre „IT-Brille“ eine völlig andere Sicht auf die Dinge als ein Unternehmen aus der Unterhaltungsbranche, wie wir es sind. Als Filmproduzent wissen wir sehr genau, was sich bei der Vermarktung ändern muss – und dieses Wissen haben wir genutzt. International gibt es viele, die sich nun verwundert die Augen reiben, weil eine kleine deutsche Firma namhaften US-Milliardenkonzernen noch etwas beibringen kann – was sich übrigens ziemlich gut anfühlt. Es gibt daher auch schon etliche Kaufinteressenten. Die Schmerzgrenze ist für jeden der Gründer und unsere Aktionäre aber exorbitant hoch. Denn wir lieben, was wir tun, und wollen das Unternehmen jetzt so richtig erleben. Wir sind kein Start-up und daher nicht auf Geldgeber angewiesen.

24 Prozent der Anteile sind im Streubesitz. Wann dürfen denn die Aktionäre mit der ersten Dividende rechnen?

Das hat in unserer jetzigen dynamischen Wachstumsphase ehrlich gesagt keine Priorität. Sämtliche Gewinne werden wieder ins Unternehmen gesteckt. Wir haben noch reichlich Ziele und Projekte, die angeschoben werden müssen.

Welche?

Pantaflix wird ohne Frage unser Hauptgeschäft. Damit können wir zum Milliardenunternehmen werden. Denn die Unterhaltungsindustrie befindet sich im Umbruch, weg vom linearen Fernsehen und hin zu digital abrufbaren Inhalten. Daher hat die Hauptversammlung zuletzt auch beschlossen, das Unternehmen von Pantaleon Entertainment AG in Pantaflix AG umzubenennen. Trotzdem wird es weiterhin auch andere Geschäftsfelder geben. Der Produktionsbereich zum Beispiel bleibt ein wichtiges Standbein. Hier stehen spannende TV- und Kinofilme an, darunter eine Komödie mit Matthias Schweighöfer und Til Schweiger. Für Amazon produzieren wir zudem die zweite Staffel von „You are wanted“. Darüber hinaus gehen wir in allen Bereichen völlig neue Wege: Wir haben jüngst zusammen mit Joko Winterscheidt die Kreativagentur Creative Cosmos 15 gegründet, mit der wir Werbung für große Konzerne komplett neu definieren. Wir werden weiter jede Facette der weltweiten Kreativindustrie von einer anderen Seite beleuchten und gegebenenfalls neu erfinden.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Welt am Sonntag.

Bild: Target Presse Agentur Gmbh /Getty

Triff Stefan Langefeld, COO von Pantaflix, auf der HEUREKA Founders Conference am 05. Juni in Berlin.