„Vielleicht sind wir mit Sension zu früh. Aber das Risiko tragen ja alle Startups“, sagte Catalin Voss noch vor eineinhalb Jahren gegenüber dem Spiegel. Unter dem Titel „Ein seltsamer Deutscher“ schilderte das Magazin den Aufstieg des damals 18-Jährigen, der in der Nähe von Heidelberg aufwuchs, als hochintelligent galt, aber mit einer Aufmerksamkeitsstörung seinen Eltern und Lehrern Sorgen bereitete.

Seine Schulnoten waren teilweise unterirdisch, doch bereits mit 12 Jahren programmierte Voss seine ersten Apps. Mit 15 Jahren absolvierte er schließlich ein Praktikum im Silicon Valley, traf dort auch Steve Jobs. Begeistert vom Startup-Spirit in Kalifornien, nahm er sich während seines Aufenthalts fest vor, an der renommierten Stanford-Universität zu studieren. Zurück in Deutschland lernte er fleißig für die Schule und schaffte es mit einem Abiturschnitt von 1,1 schließlich zurück nach Stanford.

Parallel zum Studium zog er 2013 sein Startup namens Sension auf. Seine Mitgründer und Kommilitonen Jonathan Yan, Nick Haber und Tom Sayer halfen ihm dabei. Unterstützt wurde Sension auch vom Stanford StartX-Accelerator. Die Software von Sension erkennt anhand von Gesichtszügen und -bewegungen die Gefühle einer Person. Beispielsweise bemerkt Sension gelangweilte oder skeptische Gesichtszüge  – Programme können so auf ihre Nutzer eingehen. „Sension’s Kunden sind in erster Linie größere amerikanische Bildungs-Technologieunternehmen, die unsere Technologie verwenden, um zu verstehen wie sie ihren Content verbessern können und Verifizierungen automatisieren können“, erklärt Voss gegenüber Gründerszene. 

Nun zeigt sich, dass Catalin Voss und seine drei Mitgründer einen Nerv der Zeit getroffen haben – zumindest sieht GAIA System Solutions aus Japan das so. Das in Tokio ansässige Technologie-Unternehmen hat die Mehrheit der Anteile an Sension übernommen. Der Deal wurde vergangene Woche geschlossen. Auch auf seiner japanischen Webseite wirbt GAIA bereits mit Sension. Auf Nachfrage von Gründerszene wollte Voss den Kaufpreis nicht kommentieren.

Er und seine Mitgründer würden allerdings Anteile und einen Sitz im Board behalten, sagt Voss. „Wir werden eng mit GAIAs Entwicklern zusammenarbeiten, um neben unseren aktuellen Kunden mit GAIAs Produkten in neue Märkte einzusteigen.“ Welche neuen Märkte das genau sind, wollen wir wissen. „GAIAs Haupt-Shareholder ist Toyota und GAIAs Kunden sind in erster Linie japanische Automobil- und Consumer-Electronics-Unternehmen wie zum Beispiel Nikon“, erklärt Voss. „GAIA entwickelt mit diesen Giganten Produkte, die viele von uns täglich benutzen ohne es zu wissen. Sensions Face-Tracking-Technologie wird in mehreren dieser Produkte zu einem Kernbaustein werden. Die ersten zwei Produkte sind für den Healthcare- und Automobil-Aftermarket.“

Seit 2013 bastelt Sension außerdem an einem zweiten Projekt: Eine App, die über Google Glass 76 Punkte auf dem Gesicht des Gegenübers erfasst und so seinen emotionalen Zustand ermittelt. So soll Kindern mit Autismus beigebracht werden, die Emotionen ihres Gegenübers zu erkennen. Die neue App wird allerdings nicht an GAIA verkauft, sondern an der medizinischen Fakultät der Stanford Universität weiterentwickelt. „Nick Haber und ich fokussieren uns jetzt hauptsächlich auf das Autism-Glass-Projekt in Stanford“, schildert Voss. „Wir sind damit jetzt in den klinischen Studien.“

Wir vermuten, dass auch diese App bald die großen Technologie-Konzerne dieser Welt begeistern wird. Der „seltsame Deutsche“ Catalin Voss ist nicht zu stoppen.

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