Christian Grobe und Matthias Knecht (r.) Billie Zencap
Christian Grobe und Matthias Knecht (r.)

Die Welle schwappte Ende 2016 über die deutsche Szene: Gleich mehrere neue Finanz-Startups stiegen in das sogenannte Factoring ein, darunter der ehemalige Kreditech-Gründer Sebastian Diemer. Die Startups wollen kleineren Unternehmen dabei helfen, liquide zu bleiben. Sie kaufen ihnen Forderungen ab und zahlen den Betrag aus den offenen Rechnungen sofort aus. Ihre Unternehmenskunden müssen also nicht wochenlang auf ihr Geld warten, während die Startups für den Service eine Gebühr behalten, an der sie verdienen.

Seit dem Marktstart war es einige Zeit ruhig um die Anbieter. Jetzt verkündet Billie, das Factoring-Startup der ehemaligen Rocket-Gründer Matthias Knecht und Christian Grobe, eine hohe Finanzierung über zehn Millionen Euro. Die Serie-A-Runde wird von dem internationalen VC Creandum angeführt, der unter anderem an Spotify und den Fintechs iZettle und Klarna beteiligt ist.

„Auch die Altgesellschafter sind mitgegangen und haben ihre Anteile erhöht“, sagt Matthias Knecht gegenüber Gründerszene. „Wir werten das als sehr positives Zeichen.“ Dazu gehören Speedinvest aus Wien, Rocket Internet und Picus Capital von Alexander Samwer. „Mit diesem Betrag können wir nun für lange Zeit konzentriert unser Produkt weiterentwickeln.“ Anfang dieses Jahres hatte Billie bereits 3,5 Millionen Euro erhalten.

Noch gibt es viel Konkurrenz

Damit ist Billie auf dem deutschen Markt im Moment am besten finanziert. Der Wettbewerber von Sebastian Diemer, der unter dem Namen Bezahlt.de gegründet wurde und heute Finiata heißt, erhielt vor knapp einem Jahr 5,5 Millionen Euro. Das Berliner Startup Fundflow bekam zuletzt im Sommer 2016 einen sechsstelligen Betrag vom HTGF. Schließlich gibt es noch Innolend, das den gleichen Markt mit einem anderen Geschäftsmodell verfolgt. Soweit öffentlich bekannt, erhielten die Hamburger im Oktober 2016 das letzte Mal Kapital. Investor war der Rocket-Fonds Global Founders Capital, der kurz darauf auch bei Billie eingestiegen ist.

Gegenüber der Konkurrenz erhoffen sich die Billie-Gründer durch ihre BaFin-Lizenz einen Vorteil. Während die Wettbewerber auf Partnerbanken mit Lizenz angewiesen sind und diese für die Kooperation bezahlen müssen, ist Billie in der Hinsicht unabhängig.

Das könnte in dem Geschäft mit den niedrigen Margen ein wichtiger Unterschied sein. Die Gebühren, die Billie von seinen Kunden nimmt, liegen laut Knecht im Skonto-Bereich. Um profitabel zu werden, müsse man mehrere Hundert Millionen Euro Volumen abwickeln, so der Gründer weiter. Für sein Unternehmen peilt er Profitabilität in fünf bis sieben Jahren an. Das Factoringvolumen soll momentan im knapp zweistelligen Millionenbereich liegen, mit etwa 100 Kunden.

Im Fintech-Geschäft sind Knecht und Christian Grobe nicht neu. Für Rocket Internet hatten sie den Kreditvermittler Zencap aufgebaut, der im Herbst 2015 an den größeren britischen Konkurrenten Funding Circle verkauft wurde. Etwas später verließen die Gründer Funding Circle und begannen mit ihrem neuen Projekt. „Im Vergleich zu anderen Fintech-Geschäftsmodellen wie der automatischen Anlageberatung sind unsere Margen nicht niedrig“, erklärt Matthias Knecht, „sondern teilweise um mehr als den Faktor zehn höher.“ Auch sei die Kundengewinnung im Factoring deutlich leichter als im klassischen Kreditgeschäft. „Es gibt nur wenige Angebote und kaum traditionelle Anbieter in unserem Bereich.“

Partnerschaften sollen Billie helfen

Für ihr neues Venture haben die Gründer mehrere Partner an Bord geholt. Eine deutsche Bank, deren Namen Knecht nicht nennt, stellt jetzt beispielsweise 65 Millionen Euro zur Refinanzierung von Forderungen zur Verfügung. Weiterhin ist vor Kurzem ein Pilotprojekt mit der Postbank angelaufen: Das Institut ist im Factoringmarkt aktiv und bedient große Unternehmen ab 75 Millionen Euro Jahresumsatz, Billie soll ein Angebot für kleinere Unternehmen schaffen.

Das neue Kapital wollen die Gründer nun nutzen, um weitere Produkte an den Markt zu bringen. „Zu viel möchte ich da noch nicht verraten“, sagt Knecht. „Was ich aber sagen kann, ist, dass wir wichtige Prozesse wie die Antragstellung, Bonitätsbewertung und Betrugsprävention erstmalig vollständig automatisiert haben. Die meisten Banken stehen hier weiterhin vor hohem manuellen Aufwand, der die Kosten in die Höhe treibt und die Prozesse verlangsamt. Diese Automatisierung wollen wir für unsere nächsten Produkte nutzen.“ Auch für größere Unternehmen wolle man künftig relevant werden und mittelfristig weitere europäische Märkte anvisieren.

Bild: Billie