Extra-Services on Demand: Porsche und andere Autokonzerne denken über neue Geschäftsmodelle nach.

Schöne neue Autowelt: Im Winter die Nebelscheinwerfer dazu buchen, für die Autoreise im Sommer ein paar PS extra und im Stau für eine halbe Stunde die Massagefunktion der Rückenlehne aktivieren. Je schneller Autos zu Smartphones auf Rädern werden, umso einfacher können softwarebasierte Extras per Mausklick freigeschaltet werden. Seit Automanager laut über „Services on Demand“ nachdenken, gärt es im Netz. Wie schon vor Jahren in der Gamer-Szene stößt auch hier der Zukauf von Funktionen auf Kritik. Manche sprechen gar von der „Gamification“ der Mobilität.

Audi-Chef schwärmt von Laserlicht auf Abruf

Audi-Chef Rupert Stadler hatte vor mehr als einem Jahr den Stein ins Rollen gebracht, als er in einem Interview mit „Auto, Motor und Sport“ in die Kristallkugel schaute: „Stellen Sie sich vor“, schwärmte der Manager, „es gäbe für jedes unserer Modelle einen Sitz, der über alle heute bestellbaren Funktionen verfügt, also Kühlung, Heizung, Massage und beliebige Verstellmöglichkeiten. Unser Kunde könnte dann einzelne Features nach Wunsch und auch nur zeitweilig freischalten und bezahlt dafür nach Bedarf.“ Stadler geht noch weiter und bringt Sicherheits-Features ins Gespräch: „Wenn der Kunde eine lange Nachtfahrt vor sich hat, kann er sich temporär Laserlicht freischalten lassen“, sagte er in dem Interview. „An genau solche Dienste denken wir.“

Auch bei BMW macht man sich über das Thema Gedanken. Im Interview mit Gründerszene sprach Dieter May, der bei dem Automobilkonzern digitale Produkte und Dienstleistungen verantwortet, über neue Geschäftsmodelle. Der Autobauer träumt davon, „über den Lebenszyklus des Fahrzeugs hinweg“ neue Geschäfte zu generieren. Mai denkt dabei an „Services on Demand“ – mit denen Kunden ihr Fahrzeug personalisieren. Als Beispiele nannte Mai auf der Bühne des DLD-Kongresses in Berlin die Freischaltung einer Sitzheizung gegen Gebühr in der kalten Jahreszeit oder zusätzlicher Motorenleistung für den Urlaub.

Batterieleistung bei Tesla per Update

Man weiß, dass das in der Praxis bereits funktioniert, seit der US-Autohersteller Tesla Test-Abos für seinen Autopiloten anbietet. Und während der Hurrikan Irma über Florida hinwegfegte, schaltete Tesla Kunden in der Katastrophenregion eine Akku-Leistung von 75 Kilowattstunden frei. Damit stieg die Reichweite der Fahrzeuge um 65 Kilometer und Tesla-Fahrer konnten ohne Ladestopp schneller fliehen.

Auch für Startups ist dieses Modell zum Geschäftsmodell geworden: So hat etwa Carly aus München eine App entwickelt, mit der gegen eine Gebühr gesperrte Fahrzeugfunktionen, die nicht unmittelbar sicherheitsrelevant sind, aktiviert werden können. Veränderungen an Bremsen, Motor, Lenkung und Airbags sind freilich ausgeschlossen.

Netz empört über Service on Demand  

Jetzt hat auch Porsche Öl ins Feuer gekippt, als Finanzvorstand Lutz Meschke in einem Interview mit dem Internetportal Golem.de über bestellbare Zusatzfunktionen sprach: dynamisches Fahrzeuglicht für die Nachtfahrt, buchbare Fahrwerkabstimmungen und autonomes Fahren auf Zeit. Porsche testet das Prinzip jetzt schon mal mit buchbaren Zusatzversicherungen für besondere Situationen und bietet zudem Sportwagen auf Flatrate-Basis an.

Die teil empörte Reaktion der Netzgemeinde ließ nicht lange auf sich warten. Kunden würden zwei Mal zur Kasse gebeten, heißt es da: einmal beim Kauf der Hardware, dann beim Buchen des Funktion. Was auch stimmt: Denn der Käufer der Basisversion erwirbt die vorinstallierte Zusatzfunktion – zumindest solange es die Hardware betrifft.

Autopilot zum Schnellrestaurant

Doch das Auto wird zunehmend zu einer Plattform, also zu einer Hardware mit Betriebssystem und Applikationen – wie ein Smartphone. Das gibt nur dann werbefrei Musik wieder, wenn die Premiumversion eine Streaming-App gekauft wurde.

Dieses Konzept mag man für das vernetzte Auto gar nicht zu Ende denken. Die kostenfreie Testversion des Autopiloten wäre da nur die Spitze eines Eisbergs. Man könnte über den werbefinanzierten Autopiloten des selbstfahrenden Autos nachdenken, der so navigiert, dass das Schnellrestaurant der Wahl auf der Strecke liegt, und einen Zwischenstopp anbietet. Den direkten Weg nach Hause gäbe es – als Service On-Demand – nur gegen Aufpreis. Das will ich nicht. 

Bild: Gettyimages / Sean Gallup