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big edited Shop.co-Gründer Jay Habib

Es waren ereignisreiche Tage für das deutsch-amerikanische Startup Shop.co. Zuerst gab das Team um Gründer Jay Habib eine Finanzierung in Millionenhöhe bekannt, dann übernahm das Unternehmen den Shopping-Assistenten Zenshopping, an dem DHDL-Investor Frank Thelen beteiligt war.

Davor war es lange still um das zweieinhalb Jahre alte Startup. Seitdem Habib Shop.co im Herbst 2014 gemeinsam mit Manuel Schoebel gründete, befindet sich das gleichnamige Shopping-Tool in einer Testphase. Immer wieder bringen die Macher Testversionen heraus, die sie nach wenigen Monaten wieder einstellen.

Shop.co wirbt damit, ein universeller Online-Einkaufswagen zu sein. Mit wenigen Klicks sollen Nutzer bei verschiedenen Onlineshops Waren bestellen können, ohne sich dort jedes Mal erneut anmelden zu müssen. Den Bestellvorgang übernimmt Shop.co mithilfe einer künstlichen Intelligenz, die Kundenwünsche automatisiert verarbeitet.

In Deutschland stellten Habib und Schoebel ihr Produkt nach etwa einem Jahr ein – und verlegten das Hauptgeschäft des Startups ins US-amerikanische San Francisco. Ein Teil des Teams arbeitet noch immer in Düsseldorf.

Wir haben mit Gründer Jay Habib über Shop.co und die Entwicklung des Produktes gesprochen.

Jay, Ihr habt gerade Zenshopping übernommen, ein Shopping-Tool, mit dem Nutzer die Preise von Produkten in verschiedenen Onlineshops vergleichen können. Wie passt das zu Shop.co?

Wir konzentrieren uns zumindest heute auf das Einkaufen via Desktop und Notebook, Zenshopping bietet seine Dienste auf mobilen Geräten an. Wir wollen unseren Service in nächster Zeit auf mobile Endgeräte zu bringen, sodass Nutzer auf dem Handy Produkte Shop-übergreifend in unserem universellen Warenkorb sammeln und mit einem Klick kaufen können.

Sind noch weitere Übernahmen geplant?

Wir schauen uns derzeit weitere deutsche und US-amerikanische Startups an. Unternehmen, die technologiebasierte Dienstleistungen anbieten, die das Einkaufserlebnis vereinfachen, sind für uns besonders spannend.

Es gibt andere Startups, die einen universellen Warenkorb anbieten, wie etwa Shoppable aus den USA. Wie unterscheidet Ihr Euch?

Startups wie Shoppable sind von einer Integration mit dem Onlineshop abhängig. Das heißt, sie müssen sich mit Hilfe eines kosten- und zeitintensiven Sales-Prozesses an jeden einzelnen Shop wenden und eine API-Schnittstelle mit diesem Shop aufbauen. Das ist nicht skalierbar und das versuchen Amazon Payments und Paypal schon seit Jahren. Das machen wir nicht. Wir haben eine Automatisierungstechnologie, brauchen weder Schnittstellen noch Verträge.

Wie funktioniert das?

Du klickst auf unseren Kauf-Button und unser System analysiert die Oberfläche des Shops, erkennt Größe, Farbe, Anzahl, Textfelder und Buttons – und füllt alles vollautomatisch für dich aus. Es ist eine Art Assistent, wir geben deine Daten für dich ein und machen die Tipp- und Klickarbeit. Die Verträge laufen aber alle über dich.

Wie reagieren Shops darauf, dass Ihr Euch in den Bestellprozess einschaltet?

Bisher reagieren die Shops positiv, da unsere Nutzer durch den einfachen Kauf eine extrem hohe Conversion Rate haben. Wir schauen uns die Resonanz der Onlineshops derzeit ganz genau an. Ein offizielles Okay haben wir aber nicht und brauchen es auch nicht. Was haben dies rechtlich intensiv prüfen lassen.

Warum seid Ihr vor einem Jahr von Düsseldorf nach San Francisco gegangen?

Es gibt dort mehr Kapital, höhere Bewertungen. Der Markt ist natürlich extrem groß. Wer dort anfängt, kann einfach schnell wachsen. Aber der primäre Grund, um in die USA zu gehen, war die Innovationsfreude der Nutzer. Hier in Deutschland braucht der Nutzer Vertrauen, besonders wenn es um ein Produkt wie Shop.co geht, das Prozesse beschleunigt. Man muss eine Lösung, die so innovativ ist, erstmal von einer Freundin gehört oder im Fernsehen gesehen haben, bevor man ihr vertraut. Es gibt „Early Adopter“, aber diese Gruppe ist in Deutschland recht klein.

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big edited Shop.co-Gründer Jay Habib

Ihr habt in der vergangenen Finanzierungsrunde Geld von Investoren wie Youporn-Gründer Fabian Thylmann und MeinFernbus-Gründer Panya Putsathit bekommen. Wieso habt Ihr keine amerikanischen Investoren mit an Bord geholt? Das war doch einer der Gründe für Euren Umzug.

Wir haben eine deutsche Muttergesellschaft und eine amerikanische Tochtergesellschaft. Die meisten amerikanischen Investoren investieren aber nicht in deutsche GmbHs. Was wir jetzt machen müssen, ist ein „Company Flip“, die deutsche Mutter wird also zur Tochter. Dann sind wir auch für Investments amerikanischer Investoren qualifiziert.

Wenn es Angebote von Investoren gegeben hätte, hättet Ihr diese Umstrukturierung nicht schon machen können?

Wenn du einen „Flip“ machst, fallen Steuern an, es kostet Geld. Wir wollen sicher sein, dass wir wirklich das richtige Produkt haben und amerikanische Investoren bekommen können, bevor wir den „Flip“ machen. Wir kannten den VC-Markt in Deutschland und wollten erst mal hier Geld einsammeln, bis der Product-Market-Fit da ist.

Shop.co schaffte es in Deutschland nie über die Testphase heraus und auch in den USA testet Ihr bisher nur. Wie liefen die ersten Tests dort?

Das lief nicht so gut. Zum ersten Mal gab es für uns einen Misserfolg. Wir haben Shop.co im Dezember 2015 auf den Markt gebracht, aber nicht wirklich viel Geld fürs Marketing ausgegeben. Aus den 3.000 Dollar fürs Marketing wurden 200 Nutzer. Und von diesen 200 Nutzern blieben auch nicht viele übrig, sie wurden schnell inaktiv. Wir haben schon im Januar gemerkt, dass unser Service weniger genutzt wird, im Februar war dann fast gar nichts mehr los.

Dass Ihr das Produkt in Deutschland eingestellt habt, klingt für mich aber wie ein erster Misserfolg.

Es lief bis dahin sehr gut. Wir haben viele Tests am Markt durchgeführt und hatten viele Nutzer, gute Conversions, gutes Engagement, Viralität und die Resonanz von Businesspartnern und Presse war auch sehr stark. Aber die Zukunft sah so aus, als ob es nicht lange so glatt laufen würde.

Weil die deutschen Nutzer Innovationen gegenüber nicht so offen sind. Was war das Problem in den USA?

Unser Motto „Shopping powered by AI“ kam in Deutschland gut an. In den USA war das Thema bereits gehypt und flachte schon wieder ab. Wir haben festgestellt, dass die USA ein völlig anderer Markt sind. „Delivery“ ist ein Riesenthema hier. Das Land ist einfach sehr groß. Während man in Deutschland immer zwei bis drei Tage auf seine Lieferung wartet und sechs bis zwölf Euro Lieferkosten zahlt, kann die Lieferung aus dem falschen Shop in den USA zwei Wochen dauern und 40 Dollar kosten.

Was genau bedeutete das für Euch?

Jeder Bundesstaat hat eine andere Mehrwertsteuer, jede Stadt andere Lieferoptionen, jeder Produkttyp andere Lieferzeiten und Lieferkosten. Da unsere Technologie diese Informationen nicht präzise erfassen konnte, konnten unsere Nutzer damals mit Shop.co keine Kaufentscheidung treffen. Wir konnten unseren Nutzern schlichtweg keine kompromisslos bessere Alternative zum manuellen Shoppen bieten.

Gab es noch andere Probleme?

Die Amerikaner sind auch einfach produktverliebt. Die Konsumenten sind zwar Innovationen gegenüber offener, aber sie haben auch deutlich höhere Ansprüche an die User Experience und das User Interface einer Lösung. Airbnb, Uber, SnapChat – das sind einfach makellose Produkte mit intuitiver Navigation und klarer Kommunikation. Selbst die noch ganz jungen Startups präsentieren auf dortigen Events wunderschöne, makellose Produkte. Wir waren sehr technisch und wir haben uns nur auf die Funktionalität konzentriert. Das haben wir bitter zu spüren bekommen.

Nun wollt Ihr im März in den USA starten. Was ist anders?

Vorher war es ein „one click buy“. Es ging darum, ein Produkt in einem Shop zu kaufen. Heute ist es ein universeller Warenkorb und ein „two click buy“. Nutzer können Shop-übergreifend Produkte in den universellen Warenkorb legen und sehen immer direkt den Endpreis samt Mehrwertsteuer und Lieferkosten. Sie können auch die Lieferoptionen genau wie im Onlineshop auswählen und sehen wie lange es dauert. Die Informationen werden live angezeigt und das gesamte Internet wird zu einem einfachen Shop. Man kann dann vergleichen, Produkte wieder rausschmeißen und den universellen Warenkorb dann in allen Shops gleichzeitig mit einem Klick auschecken.

Wie wollt Ihr dann Geld verdienen?

Dazu kann ich noch nichts sagen. Wir werden im April damit anfangen, verschiedene Monetarisierungskanäle ausfindig zu machen. Für Nutzer bleibt der Service aber kostenlos.

Jay, danke für das Gespräch!

Bild: Shop.co