Alex Stamos

Facebook gerät durch eine neue Datenaffäre in Europa und den USA immer stärker unter Druck. Ein Sprecher der britischen Premierministerin Theresa May sagte am Montag, die Regierungschefin sei sehr beunruhigt, weil die britische Firma Cambridge Analytica mutmaßlich Daten von Millionen Facebook-Nutzern unerlaubt für Wahlwerbung genutzt habe. Die Daten von Bürgern müssten geschützt werden.

In den USA forderten zwei Senatoren, dass Facebook-Chef Mark Zuckerberg wegen der Enthüllungen vor einem Gremium der Kongresskammer aussagt. Auch die EU-Abgeordneten wollen das Internetnetzwerk unter die Lupe nehmen.

Zudem soll der Sicherheitschef von Facebook den Konzern nach Informationen der „New York Times“ verlassen. Grund sei ein interner Streit über den Umgang mit einer mutmaßlichen russischen Desinformationskampagne.

Furcht davor, schlechten Eindruck zu machen

So habe sich Alex Stamos innerhalb des weltgrößten sozialen Netzwerks dafür starkgemacht, diese Vorgänge zu untersuchen und öffentlich zu machen, berichtete die „New York Times“ am Montag unter Berufung auf frühere und gegenwärtige Mitarbeiter.

Damit sei er jedoch oft bei der Konzernspitze angeeckt, etwa bei Sheryl Sandberg, zuständig für das operative Geschäft. Nachdem im Dezember seine Aufgaben anderen zugeteilt worden seien, habe Stamos beschlossen, Facebook zu verlassen. Das Management habe jedoch befürchtet, dass dies einen schlechten Eindruck machen könnte, und ihn dazu bewegt, bis August zu bleiben.

Die Zeitung wertet den Disput als Zeichen dafür, dass es innerhalb der Unternehmensspitze unterschiedliche Vorstellung von Transparenz gebe. Demnach soll Stamos unter anderem auf weitreichendere Untersuchungen und eine Offenlegung russischer Aktivitäten gepocht haben.

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Eine Facebook-Sprecherin ging nicht auf die Frage nach einem Abschied Samos’ ein. Stattdessen verwies sie auf einen Tweet des Managers, laut dem er bei Facebook voll im Dienst stehe. Seine Aufgabe habe sich nicht geändert, schrieb er.

Firmenchef Zuckerberg gerät ins Visier

Die „New York Times“ und der britische „Observer“ hatten am Wochenende von der Datenaffäre im Zusammenhang mit dem US-Wahlkampf 2016 berichtet. Demnach soll die Firma Cambridge Analytica die privaten Daten von mehr als 50 Millionen Facebook-Mitgliedern angezapft haben, um 2016 den US-Wahlkampf von Donald Trump zu unterstützen. Cambridge wies die Medienberichte unterdessen zurück.

Facebook selbst hatte bereits am Freitag erklärt, man habe 2015 erfahren, dass ein Professor der Universität Cambridge den Konzern belogen habe. Demnach nutzte er eine Psychologietestsoftware, um Daten an Cambridge Analytica weiterzuleiten.

Am Montag gab Facebook bekannt, es wolle Cambridge Analytica überprüfen. Die Firma habe eingewilligt, den Privatermittlern Zugang zu sämtlichen Servern und Systemen zu gewähren.

In Großbritannien gerät auch Firmenchef Alexander Nix ins Visier. Der Vorsitzende des Digitalausschusses im Parlament, Damian Collins, warf Nix vor, das Gremium bewusst getäuscht zu haben. Der Manager hatte im Februar gesagt, seine Firma nutze Facebook lediglich als Werbeplattform. „Wir nutzen Facebook-Daten nicht und wir besitzen keine Facebook-Daten“, hieß es damals.

„Komplexe und weitreichende Untersuchung“

Die britische Datenschutzbeauftragte Elizabeth Denham sagte dem Sender Channel 4 News, ihre Behörde wolle einen Durchsuchungsbeschluss für Cambridge Analytica erwirken, denn Cambridge Analytica habe sich bei Ermittlungen „unkooperativ“ gezeigt.

Denham prüft, ob die Facebook-Daten „illegal erlangt und verwendet“ wurden. Sie sprach von einer „komplexen und weitreichenden Untersuchung“ für ihr Team.

Auch EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani kündigte eine Untersuchung an. Es werde geprüft, ob Daten missbraucht worden seien. Zugleich rief er Facebook zu mehr Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit Daten auf.

EU-Justizkommissarin Věra Jourová will in dieser Woche bei ihrem US-Besuch mit dem Konzern und der Regierung in Washington über die Affäre sprechen.

Aktie fällt um sieben Prozent

In den USA forderten der republikanische Senator John Kennedy und seine demokratische Kollegin Amy Klobuchar Facebook-Chef Zuckerberg auf, sich zu erklären. In einem gemeinsamen Brief an den Vorsitzenden des Justizausschusses, Chuck Grassley, sprachen sie sich zudem dafür aus, auch die Chefs der Google-Mutter Alphabet und des Kurznachrichtendienstes Twitter vorzuladen. Die drei Unternehmen sammelten so viele Nutzerdaten wie nie zuvor.

Die Abgeordneten beklagten zudem eine mangelnde Kontrolle darüber, wie Daten gespeichert werden und politische Werbung verkauft wird. Dies gebe im Hinblick auf Wahlen und Datenschutz Anlass zur Sorge.

Auch Facebook-Investoren zeigten sich alarmiert: Die Aktie fiel im New Yorker Mittagshandel um 6,8 Prozent. Der Analyst Brian Wieser vom Brokerhaus Pivotal Research zeigte sich überzeugt, dass Facebook mehr Druck von der Politik bekommen wird. „Das ist nach unserer Ansicht ein weiterer Hinweis auf systembedingte Probleme bei Facebook.“

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt.de. Mit Material von Reuters.

Bild: Getty Images / Win McNamee