Siemens-Chef Joe Kaeser
Siemens-Chef Joe Kaeser

Wehe, wenn die Digitalisierung kommt! Dann wird alles noch viel schlimmer. Siemens-Chef Joe Kaeser hat auf der Münchner Sicherheitskonferenz den Teufel an die Wand gemalt. Sein geplanter Stellenabbau bei Siemens sei noch gar nichts, orakelte er am Rande der Konferenz bedrohlich, die Digitalisierung werde noch viel mehr Arbeitsplätze kosten: „Das, was wir bei uns heute an Strukturveränderungen im fossilen Energieerzeugungsumfeld bewältigen, das wird in fünf bis zehn Jahren im Vergleich zu den Auswirkungen der industriellen Digitalisierung eher als Randnotiz gewertet werden müssen.“

Auf offener Bühne wurde Kaeser noch düsterer: „Wir müssen die Leute mitnehmen. Sie müssen von der Digitalisierung profitieren. Was ist mit denen, die ihren Job verlieren? Sie haben ein Problem zu überleben. Wir müssen den Leuten erklären, was für sie drin ist. Dazu braucht es eine Menge Führungsqualität. Da reicht es nicht, Ihnen zu erklären, dass sie ihren Job verlieren. Es braucht Wahrhaftigkeit und Führungsqualität.“

Für ihn selber scheint das aber alles nicht zu gelten. In Kaesers Weltkonzern steht die Kraftwerksparte zur Disposition. Deshalb plant Siemens den Abbau von 6.900 Arbeitsplätzen. Rund die Hälfte davon sollen in Deutschland abgebaut werden. Angekündigt sind Schließung im sächsischen Görlitz mit 720 Beschäftigten, eines Standorts in Leipzig mit rund 200 Jobs und weitere Einschnitte in Berlin, Offenbach und Erfurt. Da ist bis jetzt sehr wenig Fantasie zu erkennen, wie die Menschen mitgenommen werden sollen. 

Lieber Angst und Schrecken verbreiten statt guter Ideen

Es macht die Stellenabbau-Pläne von Siemens nicht viel besser, wenn uns Dinge wie Digitalisierung passieren, die noch viel schlimmer sein könnten. Im Gegenteil. Denn es sind doch gerade Manager wie Kaeser aufgerufen, unsere digitale Zukunft zu gestalten. Der Siemens-Chef fühlt sich nicht dazu aufgerufen, hat seinen eigenen Aufruf offenbar überhört und verbreitet lieber Angst und Schrecken statt guter Ideen. 

Kaeser hatte bislang damit argumentiert, dass sich ein Konzern unrentable Geschäftszweige eben nicht auf Dauer leisten könne. Das ist hart, aber am Ende verständlich. Schmerzhafte Einschnitte sorgen dafür, dass der gesamte Organismus der Firma überlebensfähig bleibt. Doch nun spricht Kaeser plötzlich über die Digitalisierung, mit der noch tiefere Einschnitte auf uns zukommen würden. 

Wo ist denn die Führungsqualität und Wahrhaftigkeit eines Joe Kaesers geblieben, dem in seiner Kraftwerksparte bis jetzt nichts anderes einfällt, als ganz schlicht Leute zu entlassen? Wie wäre es denn damit, wenn er einfach selber damit anfinge und vormacht, wie man einen Konzern und seine Mitarbeiter innovativ, agil und erfolgreich in die digitale Zukunft führt? Kaeser erklärte übrigens auch, dass man die Menschen in Görlitz nicht allein lassen werde. Das klingt inzwischen wie eine Drohung. 

 

Foto: Siemens