Simfy war in Deutschland der Marktpionier für Musikstreaming – nun gibt das ursprünglich in Köln gestartete Unternehmen auf. Bereits in den vergangenen Monaten schrumpfte das Musikangebot deutlich, seit dem 1. Mai sei „aus lizenzrechtlichen Gründen nur noch eine stark eingeschränkte Anzahl an Songs“ verfügbar, schreibt das Unternehmen auf seiner Website. Dem Handelsregister ist zu entnehmen, dass die Simfy AG bereits am 26. März aufgelöst wurde – weil darüber nicht informiert worden sei, sind viele Kunden sauer und hinterlassen wütende Kommentare auf der Facebook-Seite des Unternehmens.

Update, 7. Mai 2015:
Michael Krause, Managing Director Deezer DACH, meldete sich nun auf unsere Fragen zur Kooperation mit Simfy:

Hat Deezer Assets von Simfy übernommen?
Die genaue Struktur des Deals obliegt der vertraglichen Geheimhaltungspflicht. Deezer ist in dem Konstrukt allerdings nicht der Rechtsnachfolger der Simfy AG, sondern bietet den Kunden von Simfy vor allem eine höherwertige Produktalternative. Zudem werden Simfy-Accounts automatisch gekündigt, wenn die Kunden zu Deezer migrieren, sodass kein Kündigungsaufwand entsteht. Darüber hinaus bieten wir den Kunden noch in dieser Woche ein Tool an, um die Playlisten und den Content von Simfy zu Deezer importieren zu können.

Wie wurde die Kooperation finanziell geregelt?
Dies obliegt leider ebenfalls der vertraglichen Geheimhaltungspflicht.

Wie geht Deezer zudem mit den sehr verärgerten Simfy-Kunden um?
Wir haben bislang bei Deezer zum Großteil sehr positive Rückmeldung von Usern erhalten, die sich über den größeren Katalog und die erweiterten Nutzungsmöglichkeiten der App freuen, zum Beispiel hier:

Uns ist bewusst, dass es wenige Kunden mit Laufzeitverträgen gibt, die sich vor allem im Social-Media-Bereich unmütig äußern. Wir empfehlen allen diesen Nutzern, sich beim Simfy Customer Support zu melden, wo individuell Lösungen erarbeitet werden können.
Dieser Artikel erschien zuerst am 04. Mai 2015.

So schreiben viele User, sie seien erst kurz vor dem 1. Mai oder sehr früh morgens an dem Tag per Mail informiert worden, dass der Dienst nur noch eingeschränkt nutzbar sei. Einer gibt an, bei ihm sei bis vor kurzem „fleißig abgebucht“ worden, andere Nutzer schreiben, Guthaben für mehrere Monate bei Simfy eingezahlt zu haben. Ein Kommentator sammelt Hinweise, da er „Insolvenzverschleppung und/oder zumindest ein betrügerisches Verhalten gegenüber den Kunden“ vermutet. Simfy äußerte sich dazu gegenüber Gründerszene bislang nicht.

Hintergrund für das geschrumpfte Musikangebot bei Simfy: Offenbar hatten wichtige Musiklabels dem Dienst die Lizenzen entzogen. Warner Music hatte das bereits im Februar getan. Nun könnten Sony Music und Universal gefolgt sein – was das eingeschränkte Angebot erklären würde. Ursprünglich warb Simfy damit, seinen Nutzers 25 Millionen Songs zugänglich zu machen.

Simfy, seit 2013 in Berlin ansässig, bewirbt nun eine Kooperation mit dem französischen Konkurrenten Deezer. Demnach werden Simfy-Neukunden direkt zu Deezer weitergeleitet, Bestandskunden könnten nahtlos wechseln. Alexander Herbst, CEO von Simfy, lässt sich wie folgt zitieren: „Der Musikstreaming-Markt in Deutschland ist hart umkämpft. Wir haben daher entschieden, uns mit Deezer zusammenzuschließen, da wir so unseren Kunden das in unseren Augen beste Produkt mit dem größten Katalog zur Verfügung stellen können.“ Der französische Anbieter nennt das eine „strategische Kooperation“ und gibt bekannt, im deutschen Markt wachsen zu wollen.

Ob das bedeutet, dass Deezer Simfy-Assets übernommen hat, ist nicht bekannt. Weder Deezer noch Simfy antworteten bisher auf Nachfragen von Gründerszene.

Sechs Jahre lang Klagen, nun das Ende für Grooveshark

Nicht nur Simfy, auch der US-amerikanische Streamingdienst Grooveshark muss den Betrieb einstellen. Nach Niederlagen vor Gericht hat die 2006 gestartete Firma nun einen Vergleich mit den Klägern geschlossen, wie der New Yorker Rechtsanwalt Ray Beckerman auf seinem Blog berichtet. Demnach steht den klagenden Labels Schadenersatz in Höhe von 50 Millionen US-Dollar zu. Grooveshark schreibt auf seiner Website, es habe sehr große Fehler begangen, da es die Lizenzen für große Teile seines Musikangebots nichts gesichert habe.

2009 wurde Grooveshark das erste Mal verklagt, in den Folgejahren befanden Richter Mitarbeiter der US-Firma wegen Urheberrechtsverletzung für schuldig. Aus Deutschland hatte sich das Unternehmen 2012 wegen zu hoher Betriebskosten durch die Musikrechtegesellschaft Gema zurückgezogen – und Simfy als Alternative beworben.

Spotify, Marktführer im Musikstreaming, kann sich so weiter behaupten: Das mit acht Milliarden US-Dollar bewertete Unternehmen hat mittlerweile 60 Millionen Kunden, von denen ein Viertel für den Dienst zahlt. Erst am Freitag gab Spotify seine jüngste Finanzierungsrunde bekannt, bei der es 350 Millionen US-Dollar einsammelte.

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