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travis kalanick uber Uber-Chef Travis Kalanick hat keinen guten Ruf

Ein heimlich gefilmtes Video machte vergangene Woche schnell die Runde: Darauf ist Uber-Chef Travis Kalanick zu sehen, wie er mit einem seiner Fahrer diskutiert. Dieser beschwert sich über seinen gesunkenen Lohn und die Arbeitsbedingungen von Uber. Nach einem hitzigen Wortwechsel verabschiedet sich Kalanick mit den Worten: „Einige Leute wollen einfach keine Verantwortung für ihren eigenen Mist übernehmen. Sie beschuldigen für alles, was in ihrem Leben schiefgeht, jemand anderen.“ Anschließend kassierte der Fahrer eine miese Bewertung.

Ok, jeder hat mal einen schlechten Tag. Aber darf man von dem Chef eines mit mehr als 60 Milliarden Dollar bewerteten Unternehmens mit rund 7.000 Mitarbeitern und Millionen selbständigen Fahrern nicht mehr Professionalität erwarten? Immerhin folgte von Kalanick eine schnelle Entschuldigung, er will nun an seinen Führungsqualitäten arbeiten. Doch Kalanick ist nicht der einzige, der mal ausflippt. Auch Amazon-Chef Jeff Bezos soll seine Mitarbeiter nicht nett behandeln. Auch Steve Jobs war für sein ruppiges Verhalten bekannt.

Lars Förster ist Gründer der Berliner Beratung Förster und Netzwerk. Er coacht und berät Führungskräfte, auch in vielen erfolgreichen Startups und Tech-Unternehmen war er schon im Einsatz. Wir haben ihn gefragt, warum erfolgreiche Gründer sich unprofessionell verhalten und warum sie damit ihrem Unternehmen schaden.

Lars, das Video, in dem Travis Kalanick einen seiner Fahrer anfährt, kursiert gerade weltweit. Viele sind über das Verhalten des Uber-Chefs empört. Sind erfolgreiche Unternehmer häufig Arschlöcher?

Das glaube ich nicht. Das wirkt möglicherweise so, weil natürlich auch die Medien lieber über Arschlöcher berichten. Das befriedigt unsere Sensationsgier. Tatsächlich gibt es einige negative Beispiele wie Travis Kalanick oder Jeff Bezos. Bei diesen wahnsinnig erfolgreichen Gründern lässt sich dieses Verhalten beobachten. Es gibt aber auch bekannte Gegenbeispiele wie Bill Gates oder Tony Hsieh von Zappos.

Wieso lässt sich dieses Verhalten gerade bei sehr erfolgreichen Gründern beobachten?

Erfolgreiche Gründer generell mussten sich häufig von Anfang gegen Kritiker und Skeptiker behaupten. Besonders im Fundraising mit Investoren mussten sie ihre Idee gegen alle Widerstände durchsetzen. In diesen Phasen benötigt man viel Selbstbewusstsein und muss Kritik einfach ignorieren. Sonst wird man sich nicht durchsetzen. Ein Problem ist es dann, wenn Gründer wie Travis Kalanick in diesen Phasen dauerhaft lernen, auf Feedback und Kritik nicht einzugehen – der gigantische Erfolg, den sie heute haben, gibt ihnen ja schließlich Recht, denken sie. Das Verhalten stabilisiert sich und wird zum festen Muster.

Wieso halten sich diese Gründer dennoch so lange an der Spitze?

Diese Art kann auch etwas sehr Positives und Faszinierendes ausstrahlen. Denn genau diese Gründer sind eben auch die Meinungsführer, die Visionäre, die Ideen vorantreiben und ein junges Unternehmen zum Erfolg führen – das inspiriert viele Menschen. Ein gutes Beispiel dafür ist Steve Jobs, der ja ebenfalls ein sehr ambivalenter und gleichzeitig bewunderter Gründer war. Diese Typen sind für viele deutlich faszinierender als „angepasste, konventionelle Manager“ von großen Konzernen.

Travis Kalanick hat angekündigt, an seinem Führungsstil zu arbeiten und sich professionelle Hilfe zu suchen. Was würdest du mit ihm machen?

Ich würde mit ihm vermutlich an der Stärkung seiner Selbstreflexionsfähigkeit arbeiten. Die Frage, die er für sich beantworten muss, ist: Was löse ich mit diesem Verhalten aus? Er muss begreifen, dass er genau durch solches Verhalten die Kultur in seinem Unternehmen und damit schlussendlich auch das Geschäft riskiert. Und das Geschäft ist sein Baby, das wird er nicht aufs Spiel setzen. Diese Verknüpfung muss ihm dauerhaft gelingen. Denn wenn die Nutzer erst mal davon mitbekommen und solche Vorfälle in den Medien diskutiert werden, wenden sie sich ab, das sieht man auch an dem Hashtag #deleteuber.

Du arbeitest als Führungscoach in vielen erfolgreichen Digitalunternehmen und Startups. Sind dir schon viele Idioten über den Weg gelaufen?

Nein, bisher kaum. Ich habe mit hunderten Führungskräften gearbeitet und habe in 15 Jahren vielleicht zwei bis drei getroffen, die ein ähnlich extremes, persönlich verletzendes Verhalten an den Tag gelegt haben. Allerdings arbeite ich auch viel mit dem Senior Management und dem mittleren Management zusammen, das sind meistens nicht die Personen, die das Unternehmen von Anfang an aufgezogen haben. Die sind als Charaktere weniger extrem. Aber ich kenne auch Gründer, die genau das Gegenteil von Travis Kalanick sind. Kürzlich habe ich mit einem sehr erfolgreichen Gründer eines Grown Ups zusammengesessen, der total zurückhaltend war, dem seine Mitarbeiter wichtig waren, und der sich auch sozial engagiert hat. Eher wie Bill Gates, ein Philantroph. Insgesamt lerne ich viele feine Leute in Führungsebenen kennen.

Lars Foerster
Lars Foerster Führungscoach Lars Förster

Du siehst also nicht, dass die Gründer junger Digital-Unternehmen generell ein Problem hat?

Ich kann diese These nicht komplett bestätigen. Was ich schon häufiger in jungen Organisationen erlebe ist, dass Gründer wirtschaftliche Erfolge zunächst über die Unternehmenskultur stellen. Das heißt, der Gründer misst sich und auch seine Führungskräfte auf unteren Ebenen an Ergebnissen und nicht an einem besonders wertschätzenden Verhalten den eigenen Mitarbeitern gegenüber.

Aber ist es nicht logisch, dass Gründer zuerst an den Erfolg ihrer Firma denken?

Doch, das ist naheliegend und völlig nachvollziehbar, schließlich wollen und müssen alle Gründer möglichst schnell in die schwarzen Zahlen kommen. Dabei übersehen sie bei der operativen Belastung und Geschwindigkeit häufig, wie wichtig die Unternehmenskultur für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens ist. Dies gilt heute nicht mehr nur intern, sondern auch nach extern: Denn spätestens wenn die Community über die sozialen Medien von der schlechten Kultur erfährt, kann das Auswirkungen auf die Zahlen haben, wie man bei Uber sieht.

Was müssen Gründer also tun?

Sie müssen sich bewusst machen, dass eine Organisation von oben strahlt. Ihr Verhalten beeinflusst auch die unteren Managementebenen. Sie selbst bestimmen die Kultur ihres Unternehmens.

Danke für das Interview, Lars.

Bild: TechCrunch