Das SisterMag ist die Idee der Schwestern Antonia Sutter und Theresa Neubauer.

Frauen haben am Kiosk die Wahl zwischen Hochglanz-Magazinen wie Vogue, Elle, Madame, Brigitte, Maxi – und vielen weiteren Titeln, die gerne nach einem weiblichen Vornamen benannt sind. Sie alle bieten Modestrecken, Beziehungstipps, Rezepte und Möbeltrends. Da weiß Frau, was sie bekommt.

Der gebürtigen Leipzigerin Theresa Neubauer, genannt Thea, erschien das eingestaubt. Für ihre Diplomarbeit im Studiengang Verlagswesen entwickelte sie deswegen ein modernes und rein digitales Frauenmagazin. Gemeinsam mit ihrer Schwester Antonia bastelte sie an einem Konzept für ein kostenloses Magazin für Tablets und Smartphones. Befreundete Blogger, Fotografen und Journalisten halfen den beiden dann bei der ersten Ausgabe von „SisterMag“, die im Februar 2012 erschien.

Das Magazin kam sofort gut an: Antonia kündigte ihren langfristigen Job bei dem Mobile-Marketing-Anbieter Yoc in London. Auch ihr Mann Alex Sutter, der vorher im Vorstand für Yoc tätig war, stieß als Gründer dazu. Gemeinsam entwickelten die drei ein lukratives Geschäftsmodell für das Magazin und gründeten im Januar 2013 die Carry-on Publishing GmbH, die bis heute 23 Ausgaben von SisterMag herausgegeben hat.

Knapp 180.000 Leser hat das SisterMag mittlerweile, große Firmen und Marken kooperieren mit dem Berliner Magazin. Ihr Beitrag pro Anzeige? Mindestens 20.000 Euro. Jede Ausgabe ist somit profitabel, auf Investoren sind die Gründer nicht angewiesen. Trotz all dem wurde bisher nicht viel Wirbel um SisterMag gemacht. Das Startup mit Sitz in Berlin Wedding gilt als Hidden Champion. Wir trafen Gründerin Antonia Sutter in Berlin zum Interview, um mit ihr über das Magazin zu sprechen.

Antonia, SisterMag ist ein „Journal für die digitale Dame“. Wieso eigentlich Journal?

Meine Mutter hat über 20 Jahre hinweg Modezeitschriften aus den 30er- und 40er-Jahren gesammelt. Die nannten sich immer Journal – das fanden wir irgendwie liebenswert. Aber natürlich ist das auch mit dem Augenzwinkern gemeint.

Wie unterscheidet sich SisterMag inhaltlich von anderen Frauenzeitschriften?

Als wir SisterMag gegründet haben, haben wir die Frauenmagazine in Deutschland analysiert. Wir haben beobachtet, welche Themen, die Frauen eigentlich interessieren, besonders wenig vorkommen. Dazu zählt insbesondere die Digitalwirtschaft, also digitale Produkte oder spannende Startups. Diese Themen sind für unser Magazin sehr wichtig, weil erfolgreiche Frauen sich stärker dafür interessieren.

Gibt es auch einen Unterschied bei dem Aufbau des Magazins?

Definitiv. Wir haben keine klare Struktur, sondern immer ein Oberthema. Bei der aktuellen Ausgabe ist das „Kristalle & Diamanten“. Zu diesem Oberthema haben wir verschiedene Artikel verfasst, beispielsweise über die Geschichte von Diamanten oder über junge Schmuck-Startups aus Deutschland. Dazu gibt es Eis-Rezepte, weil Eis ja auch aus Kristallen besteht.

Das machen allerdings auch mehrere Print-Magazine so.

Das stimmt. Um uns als digitales Magazin zu positionieren, bauen wir sogenannte Digital-Goodies in unsere Ausgaben. Das können Download-Links, Audiodateien, Links zu den ausgewählten Produkten oder Videodateien zu dem Thema sein. Mit einem Klick bekommen die Nutzer also zusätzliche Informationen.

Wie verändert das die Arbeit von euch als Magazinmacher?

Wenn wir eine Ausgabe planen, denken wir immer gleich auf allen Kanälen. Während eines Shootings schießen wir beispielsweise immer Behind-The-Scene-Fotos, drehen live ein Video für Periscope und posten Fotos auf Instagram oder Snapchat. So bekommen unsere Leser einen guten Eindruck davon, was bei uns hinter den Kulissen passiert und wir haben zusätzliches Material, das wir verwenden können.

Cover Shooting for #sisterMAG22! The very wonderful @cbirdtutu is our model today. The dress made by @neu1bauer and the team today: @csantosphoto @noanow @me.helena @thneu // Photo by @me.helena

Ein von sisterMAG (@sister_mag) gepostetes Foto am

Wie verdient SisterMag Geld?

In jede Ausgabe integrieren wir sechs, höchstens sieben Partner mit Content-Marketing. Das bedeutet, dass Unternehmen uns ihre Marketing-Ziele nennen und wir dann eine Strategie entwickeln und die Anzeigen im Anschluss selbst gestalten, also Fotos, Layout und Texte selbst produzieren. Für ein solches Content-Marketing-Projekt sollte ein Budget von mindestens 20.000 Euro vorhanden sein.

In der aktuellen Ausgabe geht eine Anzeige von Ikea über 16 Seiten. Ist das nicht zu viel Werbung?

Grundsätzlich achten wir sehr darauf, dass der Mix aus rein redaktionellen und Partnerinhalten im richtigen Verhältnis steht. Das heißt für uns, dass wir circa zwei Drittel rein redaktionell produzieren und circa ein Drittel gemeinsam mit Partnern wie Ikea. Dabei ist es uns besonders wichtig, dass auch die Partnerstrecken eben keine klassische Werbung sind, sondern für unsere Leserinnen einen Mehrwert bieten. Solche Mehrwerte können zum Beispiel Rezepte sein, aber auch Festivalkalender, Video-Tutorials oder ganz generell spannende Infos und Eventberichte, die wir gemeinsam mit dem Partner aufbereiten. Alle Partnerinhalte werden grundsätzlich als Anzeige gekennzeichnet.

Wie habt ihr große Marken wie Twingo von Renault, Ikea oder Essie davon überzeugt, mit euch als Partner für Content Marketing zusammenzuarbeiten?

Ich glaube, wir haben von Anfang an gezeigt, dass wir gutes und kreatives Content-Marketing können. Als wir 2013 damit anfingen, gab es in diesem Bereich auch noch nicht so viel Konkurrenz. Ein großer Vorteil für unsere Kunden ist es, dass sie jedes Foto, dass wir im Rahmen der Kampagne schießen, weiterverwenden dürfen. Beispielsweise für den eigenen Instagram- oder Facebook-Kanal.

Die aktuelle Ausgabe hat deutlich mehr als 300 Seiten, ihr arbeitet aber mit einem sehr kleinen Team. Wie funktioniert das?

Zu dem festen Team gehören neun Personen. Dazu zählen wir Gründer, Designer und Content-Manager, eine Mischung aus Redakteur und Projektmanager. Dann gibt es fünf freie Fotografen, mit denen wir aber immer wieder zusammenarbeiten, weil sie den Stil unseres Magazins sehr stark prägen. Die treffen wir regelmäßig. Darüber hinaus haben wir ein riesiges Netzwerk mit insgesamt 1.500 Autoren, Illustratoren, Layoutern oder Bloggern.

Ist es nicht problematisch, wenn Mitarbeiter sowohl für redaktionelle Inhalte als auch für Content-Marketing zuständig sind?

Es stimmt, dass wir sowohl unsere redaktionellen Inhalte, als auch die Partnerstrecken mit unseren Kontributoren produzieren. Allerdings werden wirklich alle Partnerinhalte, für die wir Geld bekommen, sehr streng als Anzeige gekennzeichnet. Das ist aus unserer Sicht ehrlicher als die in Magazinen nicht unübliche Praxis, bei der scheinbar redaktionell ausgewählte Produkte auf Seite 18 erscheinen und die Anzeige des gleichen Herstellers auf Seite 28… So etwas machen wir gar nicht.

Wie viel Aufwand ist es, ausschließlich mit freien Mitarbeitern zusammenzuarbeiten?

Der Nachteil ist natürlich, dass die Zusammenarbeit mit einem Netzwerk aus Freien viel Organisation erfordert. Der Vorteil wiederum ist, dass wir jederzeit sehr zügig ein Magazin produzieren können und die besten Leute für alles zur Hand haben, die auch Lust haben, bei dem Thema mitzuwirken.

Ihr seid ein kleiner Familienbetrieb. Würdest du wieder mit deinem Mann und deiner Schwester gründen?

Auf jeden Fall. Wenn man sich gut versteht, ist da einfach ein großes Vertrauen und viel Verlässlichkeit. Andererseits müssen wir uns disziplinieren, nicht ständig nur über den Job zu sprechen (lacht).

Vielen Dank für das Interview, Antonia.

 

 

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