Ein Beitrag von Christopher Hahn, ein auf Unternehmensbeteiligungen spezialisierter Wirtschaftsanwalt.

Mitarbeiterbeteiligung = zeitgemäße Unternehmenskultur

Die finanziellen Mittel sind bei Startups meist begrenzt. Daher kommt kein junges Unternehmen mehr darum herum, seine wichtigsten Mitarbeiter besonders zu motivieren. Der Verzicht auf ein größeres Gehalt und Sicherheit im Vergleich zu einem Job in einem etablierten Unternehmen will schließlich über die Chance auf eine Beteiligung am späteren (Exit-)Erfolg kompensiert werden.

Im Sinne einer zeitgemäßen Unternehmenskultur sollte dieser daher nicht nur den Gründern zugute kommen, sondern allen Teammitgliedern, ohne die ein erfolgreicher Exit gar nicht erst möglich wäre.

Unter dem Sammelbegriff ESOP (Employee Stock Ownership Plan) haben sich in der Praxis verschiedene Modelle herausgebildet, die sich in ihrer rechtlichen Ausgestaltung und Komplexität erheblich unterscheiden und somit auch in ihrer tatsächlichen Umsetzung im Unternehmen unterschiedlich aufwendig sind.

Reale Anteile oder Optionen oft zu aufwendig

Reale Geschäftsanteile oder auch Optionen erfordern regelmäßig aufwendige gesellschaftsrechtliche Prozesse und verursachen teils erhebliche Folgekosten, da die Übertragung der Anteile (ebenso wie die Verpflichtung dazu) bei der GmbH oder UG stets den Gang zum Notar erfordert.

Auch sind reale Anteile als Anreize für Mitarbeiter, die später als die Gründer hinzustoßen, steuerlich ungeeignet. Hier wird bereits bei Erhalt der Anteile ein Vermögenszuwachs (gemessen am fiktiven Unternehmenswert etwa nach einer vorangegangen Finanzierungsrunde) vom Finanzamt zugrunde gelegt und ist entsprechend zu versteuern.

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Mitarbeiterbeteiligung funktioniert jedoch auch, ohne dabei inhaltlich vom wesentlichen Ziel der Erfolgsbeteiligung im Exit-Fall Abstriche zu machen. Über eine schuldrechtliche Vereinbarung – Phantom Share Agreement oder Virtual Share Program (VSP) – können die Begünstigten vermögensmäßig so gestellt werden, als wären diese mit einer bestimmten Zahl von Geschäftsanteilen an dem Startup beteiligt. Im Ergebnis wird somit genau das wirtschaftlich erreicht, was aufwendige Stock-Option-Programme (zum Beispiel aus sogenanntem genehmigten Kapital) ebenso zum Ziel haben.

Aufbau

Statt auf die Lieferung realer Anteile ist das VSP auf eine Barzahlung im Exit-Fall gerichtet. Hierbei unterliegt der Zahlungsanspruch meist einem üblichen Vesting. Die Berechnung der konkreten Anspruchshöhe des Begünstigten ergibt sich dann aus der Wertdifferenz zwischen dem (fiktiven) Basiswert im Zeitpunkt der Einräumung des Anspruchs und dem Wert der (fiktiven) Anteile bei Fälligkeit des Anspruchs.

Die mitgliedschaftliche Position der übrigen Gesellschafter wird dabei grundsätzlich nicht beeinträchtigt – mit der Ausnahme, dass durch den Liquiditätsabfluss im Falle eines Exits ihre Vermögensrechte wirtschaftlich verwässern.

Umsetzung

Aufgrund der grundsätzlichen Weisungsabhängigkeit eines GmbH-Geschäftsführer ist zu prüfen, ob zur Einführung eines VSP ein Beschluss der Gesellschafterversammlung (Investoren) nötig ist. Ein solcher Zustimmungsvorbehalt kann sich etwa auch aus einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführung ergeben. Auch sind die Konsequenzen für die Liquidität der Gesellschaft und der steuerlichen und bilanziellen Auswirkungen zu bedenken.

Steuerliche Behandlung

Der Anspruch auf Zahlung der Wertdifferenz zwischen dem Basispreis und dem Wert der Anteile bei Fälligkeit des Anspruchs ist aus steuerlicher Sicht wie eine Bonuszahlung/Vergütung zu behandeln. Bei Zahlung hat der Begünstigte daher Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit, bei der Gesellschaft entstehen entsprechende Betriebsausgaben.

Aubau eines VSP in der Praxis

In der Praxis kann das VSP wie folgt in drei Schritten aufgesetzt werden:

VSP Conditions

Die Virtual Share Program Conditions bilden das Rahmenwerk. Neben der wichtigen Festlegung des Basiswertes der virtuellen Anteile finden sich dort allgemeine Regelungen zum Inhalt des Anspruchs der Begünstigten sowie zum Prozedere der Ausübung.

Ein ganz besonderes Gewicht ist auf die genaue Beschreibung beziehungsweise Definition des Exits zu legen: Wann liegt genau ein Exit vor? Wie viele Anteile müssen dafür mindestens von einem Dritten übernommen werden? Denn erst dieser löst die Realisierung der virtuellen Anteile aus. Hier sollten sowohl für das Unternehmen, als auch den Mitarbeiter keine Unklarheiten bestehen. Gleiches gilt für umfassende, aber gleichwohl ausgewogene Vesting-Regelungen, um sicherzustellen, dass der Mitarbeiter dem Unternehmen auch längerfristig verbunden bleibt.

Subscription Form

Der Zeichnungsschein weist neben dem Namen des Begünstigten die Anzahl seiner virtuellen Anteile aus. Ferner enthält die Subscription Form das Einverständnis des Mitarbeiters mit den Bestimmungen der VSP Conditions und bildet den eigentlichen Vertragsschluss zwischen diesem und der Gesellschaft.

Execution Notice

Die Ausübungserklärung verweist ebenso auf die VSP Conditions und regelt die wirtschaftlich Realisierung der virtuellen Anteile im Exit-Fall.

Subscription Form und Execution Notice sollten bewusst als gesonderte Dokumente gestaltet werden, damit der Begünstigte ungeachtet seiner schuldrechtlichen Beteiligung, den Eindruck einer „zeichnungs-/ausübungsähnlichen“ Handlung hat. Er sieht sich somit noch mehr als „Teilhaber“ und weniger als Gläubiger eines schuldrechtlichen Anspruchs.

Die wichtigsten Exits 2015 könnt Ihr Euch hier anschauen:

Das sind die wichtigsten Exits 2015

Bild: Gettyimages / Erik Isakson