Die Drohne nähert sich dem Dach des Mercedes-Transporters. Wenig später wird sich die Dachluke öffnen.
Die Drohne nähert sich dem Dach des Transporters. Wenig später wird sich die Dachluke öffnen und die Fracht an den Kurier übergeben.

Mercedes Benz geht einen neuen Weg in der Drohnenlogistik: Das unbemannte Fluggerät überbrückt nicht die letzte, sondern die vorletzte Meile. Das macht die Lieferung eiliger Produkte einfacher und schneller. Der Autobauer zeigt das Konzept in der „New Mobility World“ der Internationalen Automobilausstellung (IAA) für Nutzfahrzeuge in Hannover.

Die Drohne startet mit der bestellten Ware vom Logistikzentrum in Richtung eines Lieferwagens, der an einem „Rendezvous-Punkt“ wartet. Bei ihrer Ankunft öffnen sich die am Dach des Autos angebrachten Klappen, dann landet die Drohne im Fahrzeug. Der Bote übernimmt das Paket und wechselt die leeren Batterien der Drohne. Diese startet daraufhin zu ihrem nächsten Auftrag. Der Fahrer liefert dann in herkömmlicher Weise das Paket auf der letzten Meile zum Endkunden aus.

Die Drohne startet und landet in einer Dachluke des „Sprinter“.
Die Drohne startet und landet in einer Dachluke des „Sprinter“.

„Wir sind der Auffassung, dass es in naher Zukunft schwierig sein wird, mit Drohnen direkt zum Endkunden auszuliefern, weil es dort keine Infrastruktur gibt. Deshalb ist es zielführender, die Drohne zum Fahrzeug ausliefern zu lassen“, erläutert ein Mitarbeiter des Drone-and-Van-Projekts. Der Endkunde habe den Vorteil, dass er sein Paket schnell erhält und keine Infrastruktur aufbringen muss, was er in einem Mehrfamilienhaus auch gar nicht kann.

Mercedes Benz zeigte bereits auf der IAA im Jahr 2016 den Vision Van. Die Transporter-Studie öffnete einen Blick in die fernere Zukunft der Warenlogistik: vollautomatisierter Laderaum, Start- und Landeplätze für Drohnen, emissionsfreies Fahren und ein ergonomisches Cockpit.

Ein Jahr später hatte sich ein Pilotprojekt aus dieser Studie heraus kristallisiert, das Mercedes in Zürich 2017 gemeinsam mit dem  Drohnenentwickler Matternet und dem Onlinehändler siroop erprobte. Matternet gehört zu den führenden Drohnenentwicklern und wurde von Boeing mit 16 Millionen US-Dollar finanziert. „Die in Zürich gewonnenen Erkenntnisse sind in die Entwicklung des neuen Fahrzeugs eingeflossen“, heißt es am Messestand.

Lieferdrohne fliegt 20 Kilometer weit

Die Transportbox fasst Waren mit einem Gewicht bis zu zwei Kilogramm und einem Volumen von vier Litern. Die Reichweite der Drohne beträgt 20 Kilometer. Sie liefert nach Herstellerangaben fünf Mal schneller aus als ein Auto. Idealerweise transportiert die Drohne zeitkritische Produkte wie Medikamente, Laborproben und Blutprodukte oder eilige Waren wie Smartphones.

Die Marktreife des Projekts ist schwierig abzuschätzen. „Wir wollen früh mit potenziellen Kunden sprechen und mit dem Produkt fertig sein, sobald es die Gesetzgebung zulassen würde, mit Drohnen kommerziell zu operieren.“ In diesem Dilemma stecken auch andere Anbieter: Der Paketdienst DHL etwa mottete sein Drohnenprojekt unter anderem wegen der offenen Rechtslage nach einem Feldversuch ein.

BildER: Mercedes