Will den Verkehr in den Städten neu regeln: das Startup Moovit

Mehr als 80 Millionen US-Dollar Funding, eine Bewertung von 450 Millionen und rund 100 Millionen Nutzer: Moovit behauptet von sich selbst, die „weltweit erfolgreichste App für den öffentlichen Nahverkehr” zu sein. In 1.500 Städten ist das Startup bereits aktiv. Selbst Rivale Google Maps lasse man, zumindest hinsichtlich der Nutzerbasis, dagegen alt aussehen, behauptet der CEO Nir Erez im Gespräch mit NGIN Mobility auf der IAA in Frankfurt.

Über die Moovit-App können sich Nutzer in Echtzeit anzeigen lassen, wie sie am schnellsten von A nach B kommen. Das Besondere: Fahrpläne werden mit aktuellen Daten aus der Crowd ergänzt, etwa wenn Nutzer aus der Moovit-Community beispielsweise anzeigen, dass ihr Bus oder ihre Bahn Verspätung haben.

Profitabel ist das 2012 in Tel Aviv gegründete Startup allerdings noch nicht. CEO Nir Erez will das ändern. Schon innerhalb des nächsten Jahres könne der Konzern den Break Even schaffen, kündigt er im Interview an. Gelingen soll das mit einem neuen Geschäftsmodell. Seit Kurzem arbeite Moovit mit den ersten großen Städten zusammen, verrät der CEO.

Moovit-Gründer Nir Erez

Was steckt dahinter? „Derzeit sammeln wir an 500 Millionen Punkten weltweit Daten, vollkommen anonym”, erklärt Erez. „Daraus erstellen wir Statistiken über die Verkehrsrouten innerhalb einer Stadt oder einer Region“. Richtig ausgewertet, lieferten die Daten wichtige Hinweise für Planung und Bau der Infrastruktur. Den Namen der ersten Städte, die den Service nutzen wollen, werde Moovit in Kürze bekannt geben, kündigt Erez an.

Auch die Konkurrenz bastelt an Big-Data-Lösungen

Ein einfaches Beispiel: Die Moovit-Software analysiert, zu welcher Tageszeit die meisten Fahrgäste mit der S-Bahn Linie 9 nach Berlin fahren – und woher diese kommen. Daraus lassen sich viele Dinge ableiten: Zu welcher Uhrzeit sollte das Angebot verstärkt werden? Wie viele Kilometer legt ein Fahrgast bis zum Bahnhof zurück? Lohnt sich also die Installation eines Bike-Sharing-Services am Bahnhof?

Die von Moovit erhobenen Daten seien für Stadtplaner und Verkehrsbetreiber also von enormer Bedeutung, ist Erez überzeugt. Bisher arbeiteten diese mit Umfragedaten, die sie alle drei bis vier Jahre unter ein paar Tausend Menschen ermitteln. „Wir können im Prinzip das Gleiche – aber jeden Tag, in jeder Stadt, in der wir präsent sind.“ Er sieht für sein Unternehmen einen wachsenden Markt. Mit dem Einsatz autonomer Fahrzeuge werde die Bedeutung von Datensammlungen über den Stadtverlehr noch zunehmen, so Erez.

Auch andere Unternehmen experimentieren mit Big Data, um den Verkehr zu optimieren. In Deutschland sammelt beispielsweise Télefonica Next in München die Mobilfunkdaten seiner Kunden, um daraus Bewegungsmuster in Echtzeit zu erstellen. Auch diese könnten unter anderem Verkehrsplanern als Grundlage für die Organisation des Öffentlichen Verkehrs dienen.

Fest steht: Der Wert solcher Analysen hängt an der Breite der Datenbasis. Denn je mehr Menschen ihre Daten zur Verfügung stellen, desto valider sind die daraus abgeleiteten Entscheidungen.

Moovit hat sich auch hier ehrgeizige Ziele gesetzt: Innerhalb der nächsten fünf Jahre wolle man die App in weitere Länder bringen – und die 1-Milliarde-Marke knacken, kündigt Erez an.  

Mit einer deutschen Version der App ist im Oktober 2014 in Heidelberg gestartet. Heute ist sie in elf Gebieten verfügbar: neben Berlin, Hamburg und München unter anderem in der Rhein-Neckar-Region und Titisee-Neustadt. Bis jetzt ist die Moovit-App hierzulande allerdings wenig bekannt. Im App-Store rangiert sie auf Platz 38 im Ranking der Navigations-Apps (Stand: 25. September 2017).

Ally, FromAtoB, Google Maps, Moovel und Qixxit – die Liste der Mobilitäts-Apps für die Routenplanung lang. Teilweise lassen sich darüber, wie bei der Daimler Tochter Moovel, auch die Fahrten per Bahn oder mit Carsharhing-Diensten wie Car2Go direkt buchen.

Bild: Getty Images / Blackstation