Auf der Suche nach dem Stein der Weisen

Was digitalisiert werden kann, wird auch digitalisiert. Das sagen jedenfalls die Gelehrten. In dieser Woche sind zwei Angebote dazugekommen, die den digitalen Buchmarkt aufmischen wollen. Kindle unlimited vom Internetgiganten Amazon und Sobooks von den beiden deutschen Webhelden Christoph Kappes und Sascha Lobo mit ihrem kleinen Team. Wir haben uns beide Dienste angeschaut.

Kindle Unlimited fühlt sich an wie ein Streamingdienst. Einmal zahlen, alles lesen. Dieses „alles“ ist zur Zeit allerdings noch etwas übersichtlich. Unbegrenzten Zugriff auf 650.000 Bücher verspricht der Dienst zum Start. Flagschiff unter den Empfehlungen ist „Harry Potter und der Stein der Weisen“, ansonsten findet sich eine Menge federleichter Unterhaltung. Nun ja. Aktuelle Bestseller oder Romane sind noch nicht dabei. Fast 500.000 der derzeit zugänglichen Bücher sind in englischer Sprache erschienen. Hier ist das Angebot deutlich vielfältiger. Aber Amazon wird in Sachen Sortiment sicher ganz schnell nachlegen.

Die Ebooks liest man in einer der Kindle-App oder direkt auf dem Kindle-Lesegerät. Das sieht alles sehr anständig aus und macht Spaß. Die Synchronisation über alle Geräte funktioniert sehr gut. Man lädt sich die App auf das Smartphone oder Tablet und kann in der U-Bahn die auf dem Sofa begonnene Lektüre fortsetzen. Für 9,99 Euro im Monat ist das verlockend, wenn das Angebot an interessanten Bücher schnell größer wird. Das sollte bei der geballten Marktmacht von Amazon eigentlich kein Problem sein. Die ersten 30 Tage zum Testen sind gratis.

Einen etwas anderen Weg gehen Christoph Kappes und Sascha Lobo mit ihrer Firma Sobooks, die heute auf der Frankfurter Buchmesse ihre Website startete. Hier steht ein der Gedanke des „Social Readings“ im Vordergrund. Man kauft, liest und kommentiert seine Sobooks im Browser. Egal auf welchem Gerät. Das stößt nicht überall auf Gegenliebe. Und es sieht auch nicht besonders elegant aus. Allerdings hat man so die Möglichkeit, Ausschnitte daraus direkt auf Twitter und Facebook zu posten. Das funktioniert schon sehr gut. Freunde in den sozialen Netzwerken können dann mit einem Klick sehen, was man gerade gelesen oder im Buch kommentiert hat.

Das Angebot zum Start geht deutlich in Richtung Internet, Politik und Gesellschaft und ist ebenfalls noch sehr übersichtlich. Dazu gibt es die komplette Jerry-Cotton-Krimireihe. Schräg. Aber warum nicht? Exklusiv auf Sobooks erscheint das Buch von Christopher Lauer und Sascha Lobo: „Aufstieg und Niedergang der Pirtanepartei“. Sobooks versteht sich also nicht nur als reine Verkaufsplattform, sondern auch als Verlag mit eigenen Autoren und exklusiven Angeboten. In einer Kooperation mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung entsteht ein ein virtueller Lesesaal, in dem sich Leser mit Redakteuren und Kritikern über aktuelle Bücher und Klassiker unterhalten sollen.

Ein Jerry Cotton kostet 1,49 Euro. Für „Wir nennen es Politik“ von Marina Weisband zahlt man 13,99 Euro. Die Preise sollen sich aber noch unter 10 Euro für ein Buch einpendeln.

Es bleibt die Frage: Will man das persönliche Leseerlebnis mit seinen Freunden in den Netzwerken teilen? Kann dieser Aspekt ein starkes Argument für die Nutzung des Sobooks-Angebots sein? Oder will man beim Lesen auch einfach mal für ein paar Stunden alleine sein? Mit einem Buch – mit sich selbst und dem Stream der eigenen Gedanken.

Bild: Screenshot der Homepage von Sobooks