Shoreditch Office

In seinem Buch „Auf dem Weg zum Solopreneur. Steckt die Unternehmer-DNA in dir?“ beschreibt Autor Stefan Hoffmeister, was ein Gründer oder Selbstständiger wissen muss, um allein ein Geschäft zu starten. In diesem Auszug geht es darum, wie man seinen persönlichen Finanzbedarf berechnet und den eigenen Studensatz festlegt.

Um deinen persönlichen Bedarf zu ermitteln, möchte ich dir ein Denkmodell vorstellen, das ich durch das Buch „Mäuse, Motten & Mercedes42“ von Craig Hill und Earl Pitts, 2002, kennengelernt habe. Ursprünglich für eine christliche Zielgruppe geschrieben, bietet es meines Erachtens für jedermann eine gute Basis, seine alltäglichen Finanzen besser in den Griff zu bekommen.

Das Ziel dieser Methode zur Finanzplanung soll es sein, einen geschlossenen Kreis zu definieren. Das Gegenteil wäre ein Fass ohne Boden, in das du permanent Ressourcen, Geld, hineingibst, aber das nie gefüllt zu sein scheint und dir somit einen permanenten Mangel suggeriert.

Ein geschlossener Kreis gibt Schutz, Sicherheit und soll im Endeffekt für dich und deinen Geldbeutel eine Budgetierung erlauben, die deinen persönlichen Lebensbedarf deckt. So hast du genügend für dein Auskommen und lebst nicht im Gefühl ständig mehr zu brauchen und zu wenig zu haben.

Wie gehst du nun also vor?

1. Liste auf, für welche Dinge du dein Geld ausgibst

In der heutigen Zeit gibt es dafür praktisch unbegrenzte Möglichkeiten: auf einem Notizblock, in einem Kassenbuch, per App oder Onlinebanking Software. Du solltest dir für diese Erfassung zwei, besser drei Monate Zeit nehmen.

Aus den vielen Einzelposten bildest du dann sinnvolle Gruppen, die man auch als Budgets bezeichnen könnte. Diese können z.B. sein:

  • Verpflegung (alltägliche Lebensmittel und Getränke, nicht aber gemeinsam essen gehen)
  • Telefon und Internet
  • Automobil und KfZ-Versicherung
  • Bekleidung
  • Kosmetika
  • Unterhaltung (Zeitschriften, Kino, etc.)
  • Wohnung (hier kannst du auch noch fixe und variable Kosten – wie Strom und Heizung – unterscheiden)

Je nach eigenem Persönlichkeitstyp kannst du das Ganze sehr feingliedrig oder gröber angehen. Sechs bis acht Budgets haben sich aber in der Praxis als recht sinnvoll herausgestellt.

2. Ordne die Ausgaben drei Bereichen zu

  • Verpflichtungen: Das sind Ausgaben, die monatlich anfallen. Es können auch fixe jährliche Kosten wie Versicherungen sein, die du aber auch auf den Monat umrechnen kannst. In der Regel kannst du diese Ausgaben kurzfristig nicht beeinflussen wie Versicherungen, Miete, Rentenvorsorge, etc.
  • Bedarf: Hierunter fallen tägliche Ausgaben, die jedoch durchaus variabel sein könn(t)en. Essen, Getränke, Benzin, Bekleidung, etc. Natürlich gibt es auch Vorlieben, Hobbys und
  • Wünsche, die du hast und haben darfst. Hier solltest du z.B. Anschaffungen oder Ausgaben anführen, die du in den nächsten 12-24 Monaten geplant hast. Das kann etwa ein längerer Urlaub sein, neue Möbel oder ein Konzertbesuch.

3. Sortiere deine Ausgaben nach Prioritäten

Nachdem du bisher wahrscheinlich ein Brainstorming betrieben hast gilt es nun, Ordnung in deine Listen zu bringen. Sortiere die einzelnen Budgets und überlege dir, was sollte bei den Verpflichtungen, dem Bedarf und den Wünschen ganz oben stehen.

4. Jetzt geht es ums Geld

Jetzt kommt der Moment der Wahrheit. Bilde für deine einzelnen Budgets aus Punkt 1 Summen. Rechne nach Möglichkeit jährliche Ausgaben auf den Monat um. Zudem kannst du nun berücksichtigen, ob du Alleinverdiener bist oder dein/e Partner/-in auch Einnahmen erzielt. Vielleicht gibt es auch noch andere Einnahmen wie z.B. Kindergeld, Wohngeld, andere Zuschüsse.

5. Zeit, Entscheidungen zu treffen

Dieser Prozess kann sich über Monate hinziehen, sollte am besten auch einen Jahreswechsel inkludieren, um einmalige Effekte, wie Wohn-Nebenkosten oder Versicherungen ebenfalls berücksichtigen zu können. Danach solltest du Folgendes vorliegen haben:

  • Überblick über alle deine Ausgaben auf Monatsbasis
  • Einteilung deiner Ausgaben in Budgets
  • Priorisierung in Verpflichtungen, Bedarf und Wünsche
  • Übersicht aller Einnahmen in deinem Haushalt – wenn ich so alle Personen bezeichnen darf, die mit dir unter einem Dach leben und die entweder Ausgaben verursachen oder gemeinsame Einnahmen erzielen

Nach der Erhebung der Daten kannst du dir überlegen, ob du an den Budgets etwas verändern möchtest. Vielleicht mehr Geld für die Vorsorge investieren, dafür weniger für Unterhaltung?

Sinn macht das Ganze natürlich erst, wenn du es nicht als einmaliges Event betrachtest, sondern danach anfängst, dieses Denken in deinen Alltag zu übertragen. Du kannst z.B. mehrere Bankkonten eröffnen, um deine Budgets getrennt zu verwalten. Am Monatsersten dein Budget für Lebensmittel vom Konto abheben und das Bargeld in einem eigenen Geldbeutel verwahren und verwalten. Hier sind deiner Fantasie quasi keine Grenzen gesetzt.

Betonen möchte ich, dass es sich um ein Denkmodell handelt, das jeder an seine persönliche Situation und Lebenseinstellung anpassen kann. Entscheidend ist ja, genau den für sich passenden, geschlossenen Kreis zu finden und zu definieren. Und ja – ich bin zu 100 Prozent davon überzeugt, dass es für jeden den Punkt gibt, an dem man „genug“ hat.

Die persönlichen Finanzen im Griff zu haben, ermöglicht im nächsten Schritt die Kalkulation für den eigenen Stundensatz – weil du weißt, welche Einnahmen du erzielen musst, um dein Leben, deinen Lebensstandard, deine Wünsche finanzieren zu können.

Bild: Kelvin Murray

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Kalkulation für den eigenen Stundensatz

Bevor ich auf eine Einzelaufstellung der Positionen eingehe, die zu berücksichtigen sind, einige grundsätzliche Überlegungen.

  • Die Einnahmen müssen höher sein als die Ausgaben. Einzige Ausnahme: Wenn man durch Teilnahme an Wettbewerben so viel Prestige und öffentliche Anerkennung erhalten kann, dass sich später lukrative Aufträge generieren lassen.
  • Dein Einkommen als Solopreneur sollte über dem als Angestellter liegen. Natürlich gibt es das Argument des selbstbestimmten Arbeitens und der Selbstverwirklichung. Aber du musst immer bedenken: Das finanzielle Risiko trägst du vollständig alleine und langfristig musst du dich komplett finanziell selber absichern. Es gibt keinen Arbeitgeber, der Krankenversicherungsbeiträge oder Versicherungen für dich mitträgt.
  • Berücksichtige die Kosten für die Sozialversicherungen. Dieser Punkt schließt direkt an den oberen an. Krankenkasse, Rentenversicherung und Pflegeversicherung müssen gänzlich aus deinem Einkommen bezahlt werden. Selbst der niedrigste Mindestbeitrag zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung ist relativ hoch angesetzt. Eine private Krankenversicherung kann mit zunehmendem Alter und bei eventuellen Vorerkrankungen relativ teuer werden. Zudem musst du hier Arztkosten und Medikamente oft vorstrecken und dir den Ausgleich später holen, was zu Cashflow Problemen führen kann.
  • Wie viele (produktive) Arbeitstage hat dein Jahr? Klar, als Angesteller erhältst du im Grund für 365 Tage im Jahr Gehalt. Als Selbständiger musst du aber für die Kalkulation Wochenenden, Feiertage, Fortbildungen etc. abziehen, da du an diesen zumeist keine abrechenbaren Tätigkeiten leisten kannst. Auch wenn die meisten Freiberufler natürlich auch dann arbeiten. Grundsätzlich geht man meist von 21 Werktagen im Monat aus. Real sind es aber nochmals weniger. Weniger Arbeitstage bedeuten weniger produktive Stunden. Entsprechend schraubt das deinen kalkulatorischen Stundensatz nach oben.

Unternehmensberater Lambert Schuster führt hier an:

„Ermitteln Sie zunächst die Anzahl der Stunden eines Durchschnittsmonats. Von den 365 Kalendertagen eines Jahres werden alle Tage abgezogen, an denen Sie (regulär) nicht arbeiten, also Wochenenden (104 Tage), Feiertage (zwischen 9 und 16 Tage), Urlaub (25 bis 30 Tage), Krankheit (ca. fünf Tage) und Zeiten für Ihre Weiterbildung (ebenfalls fünf Tage). Ungeachtet dessen, ob Sie tatsächlich am Wochenende nicht arbeiten, wirklich Urlaub machen oder überhaupt nie krank werden – für Ihren Stundensatz sollten Sie diese Zeiten auf keinen Fall außer Acht lassen. Nach Abzug all dieser Tage bleiben pro Jahr schließlich noch 211 und pro Monat im Schnitt 17,5 reguläre Arbeitstage übrig “.

Nicht vergessen werden dürfen die Kosten. Offensichtlich wären Telefon und Internet, Raummiete, KfZ, Büromaterial, aber auch Marketing, Onlinepräsenz (Domain, Hosting) und natürlich notwendige Investitionen (Computerhardware, Smartphone, Tablet, … ).

Oben habe ich die Rechnung von Herrn Schuster erwähnt. Von den 17,5 Arbeitstagen, die dir im Monat zur Verfügung stehen, wirst du niemals eine 100-prozentige Auslastung erreichen. Realistisch dürften Werte zwischen 65 und 75 Prozent sein.

Last but not least sollte dein Geschäft auch noch einen Gewinn abwerfen. Der ist nicht gleichzusetzen mit deinen Netto-Einnahmen, sondern muss natürlich darüber hinausgehen. Du kannst diesen Posten auch als Rücklagen bezeichnen. Es werden Durststrecken kommen, in denen deine Auslastung nach unten geht. Vielleicht fällst du einige Tage wegen Krankheit aus oder du planst eine größere Anschaffung, die nur über Rücklagen finanziert werden kann. Als Rücklage solltest du am Ende des Jahres auch mögliche Kosten für die Einkommensteuer einplanen. Es kann ansonsten leicht passieren, dass du auf ein leeres Konto schaust, wenn die Steuernachforderung vom Finanzamt eintrifft.

solipreneurStefan Hoffmeister

„Auf dem Weg zum Solopreneur. Steckt die Unternehmer-DNA in dir?“

Ratgeber, 208 Seiten

ISBN-13: 9783741212437

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Titelbild: Kelvin Murray