coins-compressorBesonders rosig war das Jahr 2016 in Sachen Risikokapital für Deutschland nicht. Schon so mancher Bericht listete Downrounds und recht moderate Bewertungen auf. Eine Analyse der Unternehmensberatung Ernst & Young zeigt nun starke Einbrüche bei den Investitionen in Startups. Auch im europäischen Vergleich schwächelt Deutschland im Startup-Barometer. Sorgen müsse man sich um den Standort Deutschland trotzdem nicht, heißt es in der Studie.

Wie viele Finanzierungen gab es?

Bei der Anzahl der Finanzierungen bekam Deutschland 2016 ein durchwachsenes Zeugnis. Die Zahl der Risikokapitalinvestitionen stieg 2016 zwar um 17 Prozent auf 486 Runden. Allerdings erhöhte sich die Anzahl der Finanzierungen europaweit um beachtliche 41 Prozent auf 2.340 – ein mehr als doppelt so hohes Wachstum wie in Deutschland. Besonders Großbritannien und Schweden legten 2016 eine gute Performance hin: Beide Länder verdoppelten die Anzahl ihrer Investitionen. Während auf der Insel im vergangenen Jahr 535 mal Risikokapital den Besitzer wechselte, schaffte es das kleine Schweden auf 134.

Auch beim Städteranking musste sich Berlin den französischen und britischen Konkurrenzen geschlagen geben. Paris wuchs leicht auf 300, London erheblich auf 291 Finanzierungen. Berlin kam mit 220 auf Platz Drei. Auch München mit 56 und Hamburg mit 40 Investitionsrunden schafften es unter die europäischen Top 10.

Wie hoch waren die Summen?

Betrachtet man jedoch nicht die Anzahl, sondern die Summen, zeigt sich hierzulande ein starker Abwärtstrend. In Deutschland sank der Gesamtwert aller VC-Investitionen um 30 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro. Zwar ging auch europaweit das Kapitalvolumen zurück – allerdings nur um elf Prozent auf 11,8 Milliarden Euro.

In Deutschland machte sich vor allem bemerkbar, dass es kaum große Deals gab. Die Anzahl der Investitionen über 100 Millionen Euro sank von sieben im Jahr 2015 auf null im vergangenen Jahr. Anders als Deutschland schafften Großbritannien und Frankreich 2016 weiterhin leichte Steigerungen. Deutschlands Vorsprung als zweitgrößter Markt von VC-Investitionen ist nur noch hauchfein vor Frankreich. Gerade einmal 21 Millionen liegt Deutschland in Sachen Finanzierungsvolumen noch vor dem westlichen Nachbarn.

Beim Städteranking zeigt sich der Vorsprung der europäischen Konkurrenz noch stärker: Berlin musste seine Spitzenposition von 2015 räumen und schaffte es im vergangenen Jahr nur noch auf Platz Vier. London, Paris und sogar Stockholm überflügelten die deutsche Hauptstadt beim Investmentvolumen deutlich. Demnach kam London auf 2,2 Milliarden Euro, Paris auf 1,3 Milliarden Euro und Stockholm auf 1,2 Milliarden Euro. Berlin verbuchte lediglich eine Milliarde Euro an Investitionen. Ein Rückgang von mehr als 50 Prozent.

Welche Branchen haben am meisten profitiert?

Die wichtigsten Branchen für Investorengelder waren 2016 auch weiterhin E-Commerce und Fintechs. Allerdings sank das Investoreninteresse in beiden Bereichen teils erheblich. Im E-Commerce reduzierten sich die Investitionen auf ein Viertel. Große Gewinner waren 2016 die Bereiche Mobility, Health und Energie.

Startupbarometer

Die größten Deals für Deutschland sicherten sich HelloFresh (85 Millionen Euro), Heliatek (80 Millionen Euro), Sonnen (76 Millionen Euro), Flixbus (72 Millionen Euro) und GoEuro (63 Millionen Euro).

Welche Regionen in Deutschland schneiden am besten ab?

Sowohl bei der Anzahl als auch der Summe liegt Berlin im Bundesvergleich noch immer weit vorne. Besonders E-Commerce, Mobility und Fintechs gehören nach wie vor zu den Stärken der Hauptstadt. Zweitplatzierter Bayern pirscht sich jedoch näher an den Spitzenreiter heran. Während sich in Berlin der Betrag des investierten Kapitals mehr als halbierte, verdoppelte Bayern sein Engagement fast auf 527 Millionen Euro. Besonders stark dabei: der Bereich Health.

Das Fazit: Rückgang ist nicht bedenklich

Nach Ansicht der Unternehmensberatung ist Berlins starker Einbruch beim Investitionsvolumen aber kein Problem. „2015 sorgten Einmaleffekte für Rekordzahlen“, so Peter Lennartz von Ernst & Young. Insbesondere hohe Investitionen von Rocket Internet hätten zuvor zu guten Zahlen geführt. 2016 würden dafür jedoch mehr Unternehmen von Risikokapital profitieren.

Aussagekräftig für die Stärke des deutschen Startup-Standorts sei die Zahl der mittelgroßen Deals, so Lennartz. Die aber sei 2016 stark angestiegen. Der Rückgang des deutschlandweiten Investitionsvolumens gehe allein auf das Ausbleiben großer Transaktionen über 100 Millionen zurück.

Bild: Pexels; Infografiken: Ernst & Young